Honduras / Deutschland / Medien

rbb: "Einseitige Nachrichtenvermittlung"

Zur Berichterstattung über den Putsch in Honduras

Wir dokumentieren einen Brief des Geschäftsstellenleiters der Alexander-von-Humboldt-Gesellschaft e.V. an die Bereichsstellenleiterin Politik und aktueller Hintergrund sowie die Leiterin des Programmbereichs Nachrichten, Regionales & Online des Rundfunks Berlin-Brandenburg zur aktuellen Berichterstattung dieses gebührenfinanzierten Senders über Honduras.


Sehr geehrte Frau Fischer, sehr geehrte Frau Brandau,

erneut sehe ich mich veranlasst, mich bezüglich der Berichterstattung über Honduras an Sie zu wenden. In den Nachrichtensendungen am 23.9.09 um 07:40 Uhr und 08:20 Uhr wurde der honduranische Putschistenpräsident Roberto Micheletti zitiert, dass der gestürzte Präsident Manuel Zelaya die Verfassung achten müsse und keine Wiederwahl bei den Wahlen im November anstreben dürfe bzw. (08:20 Uhr) keine Kandidatur im November präsentieren dürfe.

Seriöser Journalismus zeichnet sich dadurch aus, sich nicht nur auf Zweitquellen zu verlassen, sondern auf die Erstquellen zurückzugreifen. Objektiver Journalismus, wie Sie ihn zu betreiben vorgeben, ist gehalten, alle Seiten zu Wort kommen zu lassen, damit sich die Hörer selber ein Bild machen können.

Sie dagegen führen nur die Behauptungen und Unterstellungen der Putschisten an, ohne irgendwie zu erwähnen, was Präsident Zelaya diesbezüglich (Wiederwahl) geäußert hat. Warum wird nicht gebracht, was der rechtmäßige Präsident gesagt hat? Bekanntlich - und da bräuchten Sie ja nur mal auf die Schilderungen der ARD-Mittelamerika-Korrespondenten zu hören - strebt Zelaya keine Wiederwahl an, sondern allenfalls die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung.

Wiederum ist festzustellen - um Ihre Worte zu gebrauchen -, dass die Berichte der ARD-Korrespondenten mit den von Inforadio rbb gebrachten Nachrichten nicht konform gehen. Indem Inforadio rbb in den Nachrichtensendungen nur die Bedingungen der Putschisten wiedergibt, nicht aber die Forderungen der Putschistengegner und -opfer, wird die vorgebliche Objektivität verletzt, zu der Sie als öffentlich-rechtliche Medienanstalt verpflichtet sind. Mit dieser Art der Nachrichten machen Sie sich praktisch zum Sprachrohr der Putschisten. Halten Sie es für gerechtfertigt, mit öffentlich eingetriebenen Gebühren eine solch einseitige Nachrichtenvermittlung zu betreiben?

Mit der Versicherung, Ihrer Aufforderung gemäß viel für meine Gebühren zu verlangen, und kritischer Hörer zu bleiben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Gerhard Mertschenk

Geschäftsstellenleiter
Alexander-von-Humboldt-Gesellschaft e.V.