"Werden demokratischen Kampf fortsetzen"

Politisches Manifest der honduranischen Widerstandsfront FNRP zum ersten Jahrestag des Putsches

arton1293_1.jpg

Logo der FNRP
Logo der FNRP

Compañeras und compañeros:

Als die honduranische Oligarchie am 28. Juni des vergangenen Jahres den Staatstreich verübte, hatte sie keinerlei Vorstellung davon, dass sie auf eines der wichtigsten Beispiele von Zivilcourage und Würde in der Geschichte unseres großen lateinamerikanischen Vaterlandes stoßen würde. Das honduranische Volk mobilisierte von dem Moment an, in dem es von dem verräterischen Akt, der vom Imperialismus und der honduranischen Oligarchie geplant und ausgeführt wurde, Kenntnis erhielt und hat von da an nicht einen Augenblick lang darin nachgelassen, sich zu organisieren und zu mobilisieren, um sein Recht darauf einzufordern, seine Gegenwart zu verändern und Herr seiner Zukunft zu sein.

Honduras ist heute Schauplatz dieses Kampfes zwischen dem Alten und dem Neuen; zwischen Beherrschung und Freiheit. Hier stehen die kriminellen Heerscharen des internationalen Faschismus, die Parteien der Rechten, die Kirchen im Dienste der Oligarchen und die dem Imperium unterwürfigen Regierungen gegen die populären Basisorganisationen, die fortschrittlichen und demokratischen Kräfte, die historisch unterdrückten sozialen Sektoren und die selbstlose Solidarität der übrigen Brudervölker.

Der Widerstand hat als authentischer Ausdruck dieser Verbindung revolutionärer Kräfte die Pläne des nordamerikanischen Imperiums, der internationalen Rechten und der lokalen Oligarchien zum Scheitern gebracht und ist zu einem sozialen und politischen Subjekt geworden, das die Geheimdienste verwirrt und für eine Oligarchie unbegreiflich geworden ist, die von ihren moralischen Schemata und ihrer neoliberalen Logik aus nicht dazu in der Lage ist, die Kombination aus Aufopferung und Hoffnung zu verstehen, mit der das Volk der Repression, dem Totalitarismus und der Täuschung mit einer Zukunftsvision von Fortschritt und Wohlstand für alle entgegen tritt.

Der militärische Staatsstreich war ein verzweifeltes Mittel der Oligarchie angesichts des Beginns eines Transformationsprozesses unter Führung der Regierung von Präsident Manuel Zelaya Rosales, der es, obwohl er innerhalb eines Systems an die Macht gelangte, das durch die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Wohlhabenden definiert war, verstanden hat, der ökonomischen und sozialen Politik eine Wendung zu geben und in legitimer Ausübung der nationalen und internationalen Souveränität den Staat zu Gunsten von Veränderungen an die Seite der Armen zu stellen.

Mel Zelaya übernahm die Führung der Regierung in Mitten einer schweren sozialen Krise, eines im Absterben begriffenen Zweiparteiensystems, einer im Aufstieg befindlichen Volksbewegung und eines neuen internationalen Szenariums, das von einem Lateinamerika gekennzeichnet ist, das sich in tiefen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Wechselprozessen befindet. Sogar unter diesen Umständen übernahm Präsident Zelaya eine soziale Verpflichtung und zeigte große Tapferkeit und Wagemut indem er sich einer parasitären, korrupten und kriminellen Oligarchie entgegen stellte, die seit den Zeiten von Francisco Morazán1 ihr System von Privilegien nicht mehr in Frage gestellt sah. Was als Versuch kleiner Reformen zur Stärkung des nationalen Produktionsapparates und zum Stoppen der Privatisierungen der letzten öffentlichen Dienstleistungen und Mittel begonnen hatte, die dem Staat noch zur Verfügung standen, entwickelte sich zu einem Projekt für die strukturelle Umgestaltung von Staat und Gesellschaft mittels einer verfassunggebenden Nationalversammlung.

Die aktuelle Situation der Oligarchie ist verzweifelt und die von ihr kontrollierten Staatsgewalten stehen angesichts einer zugespitzten Haushalts- und Finanzkrise, die sich zu einem vollkommenen Bankrott auswachsen kann, kurz vor dem Zusammenbruch. Dabei ist man auch nicht dazu in der Lage, die internationale Anerkennung zu erlangen, mit der es möglich wäre, die Kredite zu erhalten, um sich angesichts der schweren Wirtschaftskrise Luft zu verschaffen, einer Krise, die durch den Staatsstreich und die haltlose Ausplünderung durch die Funktionäre verursacht wurde, die unter dem De-facto-Regime Ämter bekleidet haben, die von der Welt als Menschrechtsverletzer geächtet und beim Internationalen Strafgerichtshof angezeigt wurden. Diese Machthaber sind zum Scheitern verurteilt.

Der Widerstand wird stärker, erhöht seine Organisations- und Artikulationsfähigkeiten auf landesweiter Ebene, kümmert sich darum, Mechanismen innerer Demokratie zu garantieren, die es ermöglichen innerhalb der ideologischen Vielfalt die Einheit zu bewahren und wagt es, von einer neuen gerechten, gleichen und einbeziehenden Gesellschaft zu träumen. Um dies zu erreichen, ist die Strategie der Nationalen Widerstandsfront (FNRP) klar definiert: Wir Honduranerinnen und Honduraner werden eine vom Volk bestimmte und demokratische verfassunggebende Nationalversammlung einberufen, mit der wir den Staat und die Gesellschaft neu begründen werden.

Besonders zu beachten ist das Andenken und die Ehrung unserer vom Terror des repressiven Staatsapparates im Dienst der Oligarchie und des nordamerikanischen Verteidigungsministeriums ermordeten und gefolterten Compañeras und Compañeros. Im Namen derer, die sich für die Errichtung einer gerechten und gleichen Gesellschaft geopfert haben, bekräftigen wir erneut, dass hier niemand aufgibt bis die gerechten Bestrebungen des honduranischen Volkes verwirklicht sind. In ihrem Namen bringen wir auch unsere vollkommene Unterstützung für die Wahrheitskommission zum Ausdruck, die auf Ersuchen der Plattform für Menschenrechte eingerichtet worden ist. Wir vertrauen darauf, dass es uns mit ihrer Arbeit gelingen wird, die Tatsachen zu erfahren und die materiellen und geistigen Urheber der Folterungen, der Morde, der mehrfachen Vergewaltigungen, der Repression und weiterer Schikanen abzuurteilen, denen wir als Volk unterworfen waren.

Wir fordern die Rückkehr unserer Compañeras und Compañeros, die auf Grund politischer Verfolgung durch die Putscholigarchie unter Benutzung der öffentlichen Institutionen ins Exil gezwungen wurden.

In Bezug auf diese politische, ökonomische und soziale Krise, die von der Oligarchie provoziert worden ist, erklären wir mit Blick auf einen nötigen sozialen Transformationsprozess:

  1. Wir müssen den Prozess zur Erreichung der verfassunggebenden Nationalversammlung intensivieren, die aus weiblichen und männlichen Abgeordneten aus verschiedenen sozialen Sektoren, wie Arbeitern, Volksgruppen, Afrikanischstämmigen, Siedlern, Frauen, Bauern, Gewerbetreibenden und jungen Leuten eine authentische Vertretung des honduranischen Volkes darstellen soll. Dazu ist es erforderlich, in der Organisation der Basis bis hin zu landesweiten Strukturen fortzufahren sowie in offenen Versammlungen die Befähigung zur Diskussion der Inhalte voranzutreiben, die der neue Gesellschaftsvertrag im Rahmen der Neugründung eines sozialen, souveränen, laizistischen und demokratischen Staates besitzen muss. Dies führt in unvermeidlicher Weise über den Abbau der putschistischen oligarchischen Struktur und die Zerschlagung ihres repressiven und kriminellen Apparates.
  2. Es gilt unter Aufkündigung der unter dem neoliberalen Modell vergebenen illegalen Konzessionen die natürlichen Ressourcen und die strategischen Sektoren des Wirtschaftslebens des Landes zurück zu gewinnen, wie Telekommunikationseinrichtungen, Energie, Wasser, Wälder, Häfen, Bergbau, Erdölförderung und Flughäfen. Dies soll durch die Implementierung einer gemischten Wirtschaft erfolgen, die mit einer gerechten Verteilung des Reichtums die Beteiligung des Volkes ermöglicht, um die gerechtfertigten Bestrebungen und Forderungen der Menschen zu befriedigen, die auf ein würdiges Leben ausgerichtet sind. Für den Fortschritt und Wohlstand für das honduranische Volk ist es erforderlich, dass die nationalen Ressourcen auch für nationale Zwecke verwendet werden. In dieser Rangfolge von Ideen lehnen wir die vom putschistischen Oligarchenregime unter Porfirio Lobo Sosa ergriffenen Maßnahmen ab, mit denen dieses das honduranische Volk mit Diebstählen und Privatisierungen angreift, ihm Steuerbelastungen auferlegt, die öffentlichen Dienstleistungen verteuert und die Kosten der durch den Militärputsch verursachten Ausplünderung und Korruption hauptsächlich auf die Mittelklasse und die Sektoren des einfachen Volkes abwälzt, die wir dazu aufrufen diesen patriotischen, friedlichen und demokratischen Kampf, der Grund für die Existenz der FNRP ist, mit verstärktem Engagement fortzusetzen.
  3. Wir rufen das honduranische Volk dazu auf, sich voller Wachsamkeit in Weilern, Dörfern, Stadtvierteln, Siedlungen, Gemeinden und Bezirken in Widerstandsfronten zu organisieren und ermuntern die sozialen Organisationen, Gewerkschaften, Verbände, bäuerlichen Betriebe und Handwerkerinnungen, ihre Arbeit zur Stärkung der Organisation zu intensivieren. Da es in Folge des Scheiterns der von der Oligarchie unternommenen Aktionen nicht gelungen ist, den Prozess der gesellschaftlichen Umgestaltung durch den militärischen Staatsstreich vom 28. Juni 2009, durch die rechtswidrigen, gewalttätigen und militarisierten Wahlen vom 29. November vergangenen Jahres und die Fortsetzung des putschistischen Oligarchenregimes in Person des Herrn Porfirio Lobo Sosa aufzuhalten, haben es diese Kräfte mit den von ihnen getroffenen Entscheidungen nicht vermocht, die wirtschaftliche, politische und soziale Krise zu lösen. Ganz im Gegenteil hat sich dieselbe noch weiter verschärft, weil die putschistische Oligarchie in ihrer Verzweiflung zur Beibehaltung ihrer Privilegien eine gewalttätige und kriminelle Offensive vorbereitet, die von der nordamerikanischen und lateinamerikanischen Ultrarechten unterstützt wird. Auf diese Weise versuchen sie erneut den sozialen Transformationsprozess aufzuhalten, den das honduranische Volk mit seiner organisatorischen Entwicklung, mit Klarheit und Festigkeit in den politischen Linien unter Führung von José Manuel Zelaya Rosales vorantreibt, dessen bedingungslose Rückkehr wir fordern, während das würdige Volk von Morazán sich den Reihen der FNRP anschließend bis zur Erreichung des endgültigen Sieges voranschreitet.

Honduras C.A. – 28. Juni 2010.

IM GEDENKEN AN UNSERE IM KAMPF GEFALLENEN MÄRTYRER!

FÜR EINE GERECHTE GESELLSCHAFT UND DIE NEUGRÜNDUNG DES STAATES HONDURAS!

FÜR DIE VERFASSUNGSGEBENDE NATIONALVERSAMMLUNG!

WIR WIDERSTEHEN UND WIR WERDEN SIEGEN!

ES LEBE DIE FNRP!

  • 1. José Francisco Morazán Quesada (geb. 3. Oktober 1792 in Tegucigalpa; gest. 15. September 1842 in San José) war der bedeutendste Präsident der Zentralamerikanischen Konföderation in der kurzen Zeit ihrer Existenz. Er kämpfte für den Erhalt der Einheit Zentralamerikas und für die Errichtung eines modernen, demokratischen und föderal strukturierten Staates auf der Grundlage der Ideen der französischen Revolution und der Verfassung der Vereinigten Staaten.