Die koloniale Präsenz Frankreichs auf Martinique

Die Konsequenzen der französischen Herrschaft sind für die Mehrheit der Bevölkerung Martiniques verheerend, sowohl ökonomisch und sozial wie auch psychisch

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Demonstration in Fort-de-France gegen Frankreichs Regierung. Die Bevölkerung Martiniques leidet bis heute unter den Folgen des massiven Einsatzes von Chlordecon
Demonstration in Fort-de-France gegen Frankreichs Regierung. Die Bevölkerung Martiniques leidet bis heute unter den Folgen des massiven Einsatzes von Chlordecon

In einem weltweiten Kontext, der gekennzeichnet ist vom Risiko eines allgemeinen Krieges, in dem die politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen immer stärker alle Nationen betreffen werden, scheinen ein Land und eine Region völlig aus dem Blick geraten zu sein: Martinique und die Karibik.

Obwohl seine Oberfläche nur 1.100 Quadratkilometer misst und die Insel kaum 360.000 Einwohner hat, ist Martinique doch eine wesentliche Basis, auf die sich die Politik der europäischen Imperialisten in Lateinamerika stützt.

Als "Französisches Überseedépartement" (Département d'Outre Mer) dargestellt, wird das Land von Frankreich und der Europäischen Union als Plattform für die Verteidigung ihrer geostrategischen Interessen in der großen karibischen Region benutzt.

Martinique ist als Unterstützungsbasis von großer Bedeutung für die Geheimdienste, die Propaganda und die Militärinterventionen in der Region. Es sei daran erinnert, dass Guadeloupe und Martinique während des Malvinen-Krieges 1982 und während der Invasion auf Grenada als Brückenkopf dienten. Frankreich und die USA halten von diesen Territorien aus regelmäßig gemeinsame Militärmanöver ab.

Die kommerzielle Durchdringung mit europäischen Produkten findet über den internationalen Flughafen und den Hafen Martiniques als Drehkreuz statt. Der französische Staat und die europäischen Investoren dehnen ihre Kontrolle über den karibischen Markt unter dem Vorwand der regionalen Zusammenarbeit und über Unternehmen, die nur dem Namen nach aus Martinique stammen, immer weiter aus. Das Land ist ein wahres Trojanisches Pferd für Frankreich, das – indem es damit prahlt, ein karibisches Land zu sein – Sitze in den regionalen Institutionen besetzen kann und dort seine Interessen als imperialistische Macht verteidigen kann.

Tatsächlich sät die Metropole Zwietracht und Spaltungen zwischen den karibischen Völkern. Die aktuelle, zunehmend xenophobe europäische Politik verstärkt sich noch unter der Ägide der französischen Verwaltungsbehörden. Wer nach Frankreich auswandern will, erleidet Diskriminierung und Demütigungen. Die Bewohner Martiniques haben – auch wenn sie wirtschaftlich solvent sind und nur einen zeitlich befristeten Aufenthalt wünschen, um z.B. an kulturellen oder Sportveranstaltungen teilzunehmen – größte Schwierigkeiten ein Einreisevisum zu bekommen.

Aus diesen Gründen ist die Erlangung der vollen Souveränität des Volkes von Martinique eine der notwendigen Bedingungen für die Beseitigung der imperialistischen Vorherrschaft in der gesamten Region.

Mit der Komplizenschaft seiner Verbündeten in den internationalen Institutionen hat Frankreich es geschafft, die koloniale Vorherrschaft zu verschleiern, die es – seit unser Land glaubte, seine Dekolonisierung erreicht zu haben – durch den uns 1946 aufgezwungenen Status eines Départements immer noch über unser Land ausübt. Indem unser Land zum "Französischen Überseedépartement" erklärt wurde, negiert der Metropolenstaat das Recht des Volkes von Martinique auf Selbstbestimmung und versucht die These durchzusetzen, dass alles, was dort geschieht, zu seinen inneren Angelegenheiten gehört.

Was die Entkolonialisierung angeht, hat Frankreich immer Beispiele seiner Doppelmoral geliefert, wie es die Übernahme der illegalen Kontrolle über den Archipel Mayotte nach dem Referendum über die Selbstbestimmung auf den Komoren zeigte oder die Manöver, um das Ergebnis der Konsultationen in Kanaky-Neukaledonien zunichte zu machen. Frankreich will die Herrschaft über seine Kolonien um jeden Preis aufrechterhalten, das Land steht weltweit auf dem zweiten Platz hinsichtlich der Fläche kontrollierter Seegebiete.

Die Kontinuität der kolonialen Beziehungen zwischen Martinique und Frankreich

Diese koloniale Beziehung drückt sich in der Tatsache aus, dass Frankreich Martinique sowohl eine offene Wirtschaft im Dienste der kolonialen Metropole als auch die Kontrolle der Verwaltung durch Bürger der Metropole aufzwingt.

Martinique wird einer Handelsstruktur unter kolonialer Kontrolle unterworfen, die die Wirtschaft zwingt, sowohl massiv Produkte für den Konsum zu importieren als auch exportfähige landwirtschaftliche Produkte entsprechend dem Bedarf Frankreichs in Monokulturen zu produzieren.

Die Nachkommen der kolonialen Sklavenhalter, die einer aus dem Plantagensystem hervorgegangenen Kaste angehören, kontrollieren die lokale Wirtschaft und folgen den Monopol-Praktiken der französischen Unternehmen.

Der Saldo der Handelsbilanz zwischen Martinique und Frankreich widerspiegelt die Realität des zwischen den beiden Ländern vorherrschenden ungleichen Austausches: 2018 betrug das Defizit zu Ungunsten Martiniques 2,35 Milliarden Euro.

Entschlossen, jede eigene, autonome Entwicklung unseres Territoriums zu unterbinden, betreibt die Kolonialmacht die Strangulierung der Kooperativen und schwächt die kleinen, örtlichen Unternehmen, indem sie sie unangemessenen europäischen Normen und Gesetzen unterwirft und sie mit missbräuchlichen Steuern und Sozialabgaben belastet. Unter dem Vorwand, gegen die "Schwarzarbeit" vorzugehen, greift sie alle Aktivitäten an, aus denen ihre Institutionen keinen Vorteil ziehen, die es aber den Menschen ohne angemessenes Einkommen erlauben, mit ihren Familien zu überleben; so geschieht es überall dort, wo die Völker an die Politik der schlechten Entwicklung gefesselt sind. Auf Martinique sind die Lebenshaltungskosten extrem hoch, bedingt durch die skandalösen Gewinnspannen, die den Importeuren, den Banken, den Telefongesellschaften und anderen Wirtschaftsakteuren aus Frankreich gewährt werden.

Die französische Kolonialherrschaft hat sich immer auf ihre bewaffneten Streitkräfte gestützt; verabscheuungswürdige Verbrechen markieren den Weg der Geschichte. Die Revolution vom Mai 1848, die das barbarische Regime der Sklaverei beendete, beendete nicht den Missbrauch. Im September 1870 starben Hunderte Landsleute unter den Kugeln der französischen Streitkräfte. Die Bevölkerung erlebte, wie ihre Hütten niedergebrannt, ihre Gärten zerstört und ihr Vieh geschlachtet wurde. Jedes Mal, wenn die Arbeiter streikten, um eine Erhöhung ihrer mageren Löhne zu fordern, wurden auf Anforderung der Plantagenbesitzer die Ordnungskräfte geschickt um jedes Aufbegehren und jede Forderung zu ersticken. Auch durch Morde haben die Kolonialmacht und die Herren der Kaste der Béké (die Abkömmlinge der Sklavenhalter) versucht, den politischen und sozialen Protesten, die im Lande niemals aufhörten, ein Ende zu setzen.

Auch wenn seit 1974 keine Toten mehr in den sozialen Konflikten registriert wurden, war die Unterdrückung seitdem nicht weniger brutal. Während die französischen Medien die Weltöffentlichkeit über die mangelnde Achtung der Freiheiten in anderen Ländern der Welt informieren, verschweigen sie jegliche Information über die in Martinique häufig auftretende Gewalt von Polizei und Justiz.

Seit zwei Jahren werden Aktivisten systematisch verfolgt, die es gewagt haben, in einigen Einkaufszentren zu demonstrieren und zu fordern, dass die Verantwortlichen für die Vergiftung unseres Volkes vor Gericht gestellt werden. Dieses Thema der Vergiftung illustriert perfekt, was Kolonialpolitik in unserem Land heißt.

Tatsächlich haben die Besitzer der großen Farmen die Arbeiter von 1970 bis 1990 Jahre gezwungen, per Hand zu säen, und das oft ohne jeden Schutz, wobei in Europa verbotene Giftstoffe eingesetzt wurden. Als Folge davon sind bis heute Tausende von Arbeitern und deren Kinder von schweren Krankheiten gezeichnet. Die Plantagenbesitzer vergifteten mit aktiver Komplizenschaft des französischen Staates 92 Prozent der Bevölkerung, ruinierten einen großen Teil der Böden und Gewässer des Landes. Die Rechtswege der Opfer werden blockiert und ihr Recht auf Entschädigung wird verweigert1.

Auch das Krankenpflegepersonal, das gegen die unter dem Vorwand der Gesundheitskrise verhängten Zwangsmaßnahmen kämpfte, wurde Opfer von Polizei- und Justizgewalt.

Martinique dem Volk von Martinique

Im Laufe unserer Geschichte war der französische Justizapparat ein Instrument, um jede antikoloniale Stimme zum Schweigen zu bringen. Die Justizbehörden, die Richter und Staatsanwälte , von denen einige nicht zögern, ihren Rassismus zu zeigen, haben nicht aufgehört, eine Justiz der zwei Geschwindigkeiten zum Schaden der Bevölkerung von Martinique anzuwenden.

Viele Verfahren wurden angestrengt, um diejenigen zu vernichten, die sich der Unterdrückung widersetzten. Das bedeutendste davon war das gegen die Antikolonialistische Jugend Martiniques (Organisation de la jeunesse anticolonialiste de la Martinique, Ojam) im Jahr 1963. Achtzehn Mitglieder dieser Organisation wurden gefangen genommen, in französische Gefängnisse deportiert und wegen Gefährdung der Sicherheit des Staates verurteilt; die Opfer hatten ein Plakat aufgehängt, auf dem sie die koloniale Situation anprangerten und mit der Losung endete: "Martinique dem Volk von Martinique".

Außerdem konnte der Kolonialstaat – indem er sich auf eine am 15. Oktober 1960 erlassene Anordnung berief – die Funktionäre aus Martinique, die sich gegen seine Politik auflehnten, nach Frankreich versetzen. Fünf von den Verurteilten wurden ausgewiesen, weil sie die Versetzung nicht akzeptierten. Aus den gleichen Gründen war Bürgern Martiniques, unter ihnen Marcel Manville und Edouard Glisant, auch die Einreise in ihr Land verboten worden. Ebenso sah der französische Vize-Rektor Alain Plénel seine Karriere zerstört, weil er eine Rede gehalten hatte, in der er die Repression anprangerte, der im Dezember 1959 drei Jugendliche zum Opfer fielen.

Wie auch im Fall der vom damaligen französischen Premierministers Pierre Messmer erlassenen Direktiven hatte die Kolonialmacht in einem Rundschreiben vom 19. Juli 1972, das darauf abzielte, das Volk der Kanaken zu einer Minderheit in ihrem eigenen Land zu machen, eine Politik des "Genozids durch Austausch der Bevölkerung" geplant, wie es der angesehene Bürgermeister und Abgeordnete aus Martinique, Aimé Césaire, bezeichnete.

Die Jugendlichen, ob mit oder ohne Diplom, werden ins Exil getrieben, während die sogenannten französischen Auswanderer dazu ermuntert werden, sich auf Martinique anzusiedeln. Das tun sie auch in immer größerer Zahl, beladen mit der Kultur der "Überlegenheit" und des Paternalismus, mit der sie aufwuchsen.

Das Phänomen des "Genozids durch Austausch der Bevölkerung" droht sich durch die Rückschläge, die der französische Imperialismus heute in Afrika erlebt, auf tragische Weise zu verstärken, aber seine Auswirkungen sind bereits jetzt katastrophal.

Während im Jahr 2008 die Altersgruppe der über 75-Jährigen 26.277 Personen bei einer Gesamt- Bevölkerung von 397.693 Einwohnern zählte, waren es im Jahr 2018 35.445 bei einer Gesamtbevölkerung von 368.783 Einwohnern. In 2018 hatte die Bevölkerung – nach den Zahlen von INSEE2 – um 17.000 Personen gegenüber der letzten Erhebung abgenommen.

Um die Aufrechterhaltung seiner Herrschaft über das Land zu rechtfertigen, rühmt sich Frankreich, das Land mit einer Infrastruktur ausgestattet zu haben, die den großen entwickelten Ländern würdig sei und Sozialhilfen zu verteilen, die die karibischen Nachbarn mit Neid erfüllt hätten.

Alle diese Infrastrukturen sind Plattformen, die dafür gedacht sind, sich strategisch zu positionieren, in den Nachbarländern von der "Größe Frankreichs" zu künden , eigene Ingenieurleistungen und Technologien zu verkaufen und die logistische Basis der Eroberung des regionalen Marktes aufzubauen. Hinsichtlich des Schutzes und der Sozialhilfe, die es in Martinique gibt, ist leicht zu beweisen, dass alle diese gewährten "Großzügigkeiten", derer sich die Kolonialmacht rühmt, ihr durch Kämpfe abgerungen wurden, auf Kosten des Volkes von Martinique, das in diesen Kämpfen sein Blut vergossen hat. Heute werden sie allerdings durch die ultraliberale Politik der aufeinander folgenden französischen Regierungen systematisch in Frage gestellt.

Hinter der schönen Fassade verbergen sich tiefe Ungleichheiten

Die Konsequenzen der französischen Herrschaft sind für die Mehrheit der Bevölkerung Martiniques verheerend, sowohl ökonomisch und sozial wie auch psychisch. Einige Zahlen sind bezeichnend: 20 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. 32 Prozent der aktiven Bevölkerung sind arbeitslos (unter den unter 25-Jährigen liegt die Zahl bei 62 Prozent). Die Hilfsorganisation SOS Kriz hat enthüllt, dass es pro Tag auf Martinique zwei bis drei Selbstmordversuche gibt.

Um die Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft zu rechtfertigen, ist das andere von den französischen Kolonialisten benutzte Argument "der von der Mehrheit der Bevölkerung demokratisch zum Ausdruck gebrachte Willen, französisch zu bleiben". Dieses Argument ist auch insofern inakzeptabel, als dass die Bevölkerung einer vernichtenden kulturellen Unterdrückung unterworfen ist. Das Bildungssystem schließt das Wissen über die Geschichte des eigenen Volkes aus. In den Kommunikationsmedien gibt es eine massive Desinformation. Bei allen Wahlen steht die Erpressung mit der Rücknahme der sozialen Errungenschaften im Mittelpunkt der Propaganda. Zudem ist ein Drittel der Bevölkerung von Martinique von den allgemeinen Konsultationen ausgeschlossen ‒ und zwar jene, die sich gezwungen sahen, nach Frankreich auszuwandern, während die Franzosen die übergangsweise auf Martinique leben, einschließlich der Angehörigen der Streitkräfte und anderer Ordnungskräfte, sehr wohl daran teilnehmen können.

Es ist jedenfalls belegbar, dass seit Mitte der 1960er Jahre, als die antikolonialen Bewegungen in Erscheinung traten, der Wille der Bevölkerung von Martinique, dass ihre Identität respektiert wird und sie über die politischen Mittel verfügt, um ihre eigenen Interessen zu verteidigen, niemals nachgelassen hat und immer wieder bekräftigt wurde. So zeigen es die Wahlergebnisse der Unabhängigkeitsparteien, die 2006 und 2010 in den Regionalräten breite Mehrheiten erlangten.

Es ist diese Dynamik, die die französische Regierung dazu gezwungen hat, zu institutionellen Anpassungen überzugehen, die dazu führten, den Regionalrat zur Territorialen Einheit von Martinique (CTM) umzuwandeln. Die Mehrheit dort ist aktuell für eine Autonomie; jedoch hat dieses Gremium, das zwingend nur "im Rahmen der Französischen Republik" existiert, keinerlei politische Macht.

Heute bringt das Volk von Martinique immer deutlicher seinen Willen zum Ausdruck, dass seine Identitätsansprüche berücksichtigt werden. In den letzten Jahren hat man Jugendliche gesehen, viele von ihnen mit einem Bildungsabschluss, die sich mobilisierten, um die illegal privatisierten Strände zu befreien; um zu fordern, dass die Verantwortlichen für das Verbrechen der Vergiftung verurteilt werden und dass deren Opfer entschädigt werden; und um Statuen, die die französische Kolonialvergangenheit glorifizieren, niederzureißen.

Im Jahr 2009 legte eine große Mobilisierung gegen die hohen Lebenshaltungskosten das Land für 38 Tage lahm. Im November 2021 wurden während eines sozialen Aufstands in fast allen Bezirken der Insel Barrikaden errichtet, um gegen die von der französischen Regierung verhängten restriktiven Maßnahmen zu protestieren.

Der französische Kolonialstaat ist sich des Umschwungs bewusst, der sich gerade vollzieht, und hat entschieden, sich brutal jeder emanzipatorischen "Laune" entgegenzustellen. Zu der Intensivierung der Repression, auf die wir zuvor hingewiesen hatten, kommt noch eine wahrhafte Offensive, um die lokale Wirtschaft zu demontieren, das soziale Netz zu zerstören und den "Genozid durch Austausch der Bevölkerung" zu beschleunigen. Der Vorwand des Kampfes gegen die Corona-Pandemie gab ihm dazu die Gelegenheit.

Während es der Bevölkerung gestattet war, die großen Supermärkte, die Telefongesellschaften, die Autohäuser sowie die Schalter der Française des Jeux (staatliches Unternehmen für Lotterie, Sportwetten und Glücksspiel) zu frequentieren, verhängte der französische Präfekt drastische Beschränkungen für alle kleinen lokalen Unternehmen. Während die ortsansässige Bevölkerung strikten Ausgangsbeschränkungen unterworfen war und die familiären Beziehungen stark behindert wurden, tolerierte der französische Präfekt die Einreise von Tausenden Touristen in das Land.

Gravierend ist auch die Tatsache, dass 70 Prozent der Bevölkerung es ablehnten, sich der von der französischen Regierung angeordneten Impfpflicht zu unterwerfen, denn seit Beginn der Pandemie war das Krisenmanagement chaotisch, die widersprüchlichen Maßnahmen vervielfachten sich und der Repression wurde gegenüber der unverzichtbaren Pädagogik und Aufklärung der Vorrang eingeräumt.

Es ist vor allem festzustellen, dass angesichts der Verantwortung des französischen Staates für die vorsätzliche Vergiftung der Bevölkerung Martiniques mit Pestiziden, die überwältigende Mehrheit unseres Volkes sich weigert, als Versuchskaninchen herzuhalten und die Verabreichung von Produkten zu akzeptieren, die sich noch im Versuchsstadium befinden und deren schädliche Auswirkungen bereits viele unserer Bürger getroffen haben.

Trotz aller Manöver der Kolonialmacht kommt der Wille zur Emanzipation im Land immer mehr zum Ausdruck. Es gibt Gründe zu der Annahme, dass die französischen Imperialisten, die in die kriegstreiberischen Aktivitäten der Nato eingebunden sind und die auf dem afrikanischen Kontinent in Schwierigkeiten stecken, sich der Dekolonialisierung Martiniques noch stärker widersetzen werden. Es ist daher notwendig und dringend, die internationale Gemeinschaft auf die Lage im Land aufmerksam zu machen.

Robert Sae ist Mitglied der Partei Nationaler Rat der Volkskomitees (Conseil National des Comités Populaires, CNCP) in Martinique

  • 1. Bis 1993 bekämpften Plantagenbesitzer auf Guadeloupe und Martinique Insekten auf ihren Bananenstauden mit Chlordecon. Das Insektizid kontaminiert Böden, Wasser sowie landwirtschaftliche Produkte und schadet der Gesundheit der Inselbewohner. Da es äußerst stabil ist, rechnete man mit jahrhundertelangen Problemen. 2019 kam eine Untersuchungskommission des französischen Parlaments zu dem Schluss, die Regierung habe eine "Gesundheits- und Umweltkatastrophe" zu verantworten. Siehe https://www.spektrum.de/magazin/chlordecon-auf-den-franzoesischen-antillen/1848319
  • 2. Das Institut national de la statistique et des études économiques (INSEE) ist das französische Statistikamt mit Sitz in Montrouge bei Paris