In El Salvador formiert sich der außerparlamentarische Widerstand

Interview mit Fran Omar vom "Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular"

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Logo des Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular
Logo des Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular

Was ist der "Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular"?

Der "Bloque de Resistencia y Rebeldía Popular" führt verschiedene Organisationen zusammen. Das heißt, der Block ist ein Zusammenschluss von Organisationen, die sich als links, antikapitalistisch, antipatriarchalisch und antiimperialistisch definiert haben. Es handelt sich um eine Initiative, an der mehr als 30 Gruppierungen beteiligt sind. Einige von ihnen sind studentische oder Gewerkschaftsorganisationen, feministische Gruppen, Bäuer:innen oder Veteran:innen der FMLN.

Warum hat sich diese Art von Bewegung gebildet?

Der Block ist vor rund zwei Jahren aus der Notwendigkeit entstanden, die Bevölkerung zu vereinen. Das vor dem Hintergrund der Aggressionen, die von der Regierung von Nayib Bukele ausgehen, die für uns eine diktatorische, rechte oder sogar ultrarechte Regierung ist, die versucht, die Bevölkerung durch Medienkampagnen zu manipulieren und zu täuschen. Gleichzeitig setzt sie aber auch Repressionsmechanismen ein, um Oppositionelle politisch zu verfolgen und eine Reihe von Sozialprogrammen zu beenden, die von den Vorgängerregierungen eingeführt wurden und die nun eingestellt wurden, wovon Hunderte von Salvadorianer:innen betroffen sind.

Ständig werden Arbeitnehmer:innenrechte verletzt und es kommt zu ungerechtfertigten Entlassungen. Bis heute haben etwa 400 Gewerkschaften ihre Zulassung vom Arbeitsministerium noch nicht erhalten. Die Vorstände der Gewerkschaften haben also keine Möglichkeit, mit den Unternehmen zu verhandeln, weil sie nicht legalisiert sind. Sie haben also keinen legalen Status und damit keine Legitimität gegenüber den Arbeitgeber:innen. Letztendlich wirkt sich das also auf die Arbeitnehmenden aus.

In Bezug auf die Frauen gab es auch eine Reihe von problematischen Situationen und Unregelmäßigkeiten. Und auch die Jugendlichen werden stigmatisiert und ihre Rechte werden verletzt. Dies betrifft vor allem die jungen Leute, die in den popularen, den gefährdeten Sektoren leben. All diese Menschen sind also betroffen, und angesichts dieser allgemeinen Betroffenheit ist der Block praktisch gezwungen, sich zusammenzuschließen und auf die Straße zu gehen, um diese Probleme anzuprangern, die für uns schwerwiegende Rückschläge im wirtschaftlichen, menschenrechtlichen, politischen und demokratischen Bereich darstellen.

Was sind die Ziele, die mit dieser Bewegung erreichet werden sollen?

Was wir als Block vor allem erreichen wollen, ist die Sensibilisierung der Bevölkerung mittels Mobilisierungen, durch unsere öffentlichen Aktionen und durch unsere Positionen. In dieser ersten Phase geht es darum, das Bewusstsein der Bevölkerung zu schärfen. In der zweiten Phase wollen wir den "Bloque de Resistencia y Rebeldia Popular" als Alternative zu dieser Diktatur positionieren, die praktisch keine politische Opposition hat.

Denn keine politische Partei im Parteiensystem schafft es, das Regime zu konfrontieren. Ausgehend von diesem Mangel an Initiative seitens der politischen Parteien haben wir als "Bloque de Resistencia y Rebeldia Popular ", zusammen mit anderen Organisationen beschlossen, die Opposition von der Straße her zu organisieren. Die Opposition besteht also in erster Linie in der Sensibilisierung und Mobilisierung bzw. der Sensibilisierung durch soziale Mobilisierung. Aber wir schlagen auch eine Agenda vor, mit der sich die Menschen identifizieren können. Zum Beispiel die Frage der Rettung der Demokratie, die Achtung der Arbeitnehmer:innenrechte, keine politische Verfolgung, die Achtung der Grundrechte junger Menschen etc. All dies gehört zu unseren Forderungen und wir fordern es auf der Straße, um mittelfristig eine alternative Regierung bilden zu können.

Was bedeutet der Ausnahmezustand für Euch als Bewegung in dieser Situation?

Der Ausnahmezustand verbietet Versammlungen und Kundgebungen Es handelt sich um eine Ausweitung der repressiven Maßnahmen, die im Rahmen der Pandemie ergriffen wurden. Und heute dient der Krieg gegen die Jugendbanden als Vorwand, um Menschenansammlungen und Mobilisierungen zu verhindern.

Dabei verfügt die Regierung über genügend rechtliche Mittel, um die Banden zu bekämpfen, und es gibt ein Anti-Banden-Gesetz. Es gibt mehrere strafrechtliche und Strafprozessnormen, die die Verfolgung derjenigen regeln, die eine bestimmte Straftat begangen haben. Was diese Regierung jedoch getan hat, ist eine Reihe von repressiven Maßnahmen zu rechtfertigen und umzusetzen, die die gesamte Bevölkerung treffen, nicht nur Menschen, die Straftaten begangen haben oder die zu Banden gehören, sondern die gesamte Bevölkerung im Allgemeinen.

Diese Einschränkung der Rechte der Bevölkerung hat zu zahlreichen willkürlichen Verhaftungen geführt. Es gibt viele inhaftierte Personen, die keine Verbindungen zu Banden haben und die von dieser Regierung stigmatisiert werden. Es wird behauptet, dass alle Festgenommenen Bandenmitglieder seien, jedoch gibt es heute nachweislich Fälle von Menschen, die das nicht sind und die gefoltert werden, denen die Freiheit entzogen wird, ohne dass sie ein Verbrechen begangen haben, und für uns ist das auch das ein Verbrechen. Es gibt auch Genossinnen und Genossen aus den sozialen Bewegungen, die inhaftiert worden sind.

Wir haben zum Beispiel den Fall von Giovanni Guerrero, ein Gewerkschafters aus dem Büro des Bürgermeisters von San Salvador, der dem "Bloque de Resistencia y Rebeldia Popular" angehört und in seiner Wohnung verhaftet worden ist. Wir prangern diesen Missbrauch ständig an und sind auch als soziale Organisationen in Alarmbereitschaft, denn nach und nach kommt es zu dieser Art von Verhaftungen, die sich nicht nur auf angebliche Banden beziehen, sondern sich auch gegen soziale Bewegungen richten. Das erscheint uns gefährlich, denn wir kommen aus einer Zeit der Repression, der politischen Verfolgung in den 1970er und 80er Jahren, und wir haben das Ergebnis gesehen. Aber die Menschen hier wollen nicht, dass sich die Geschichte wiederholt.

Wie kann Eure Bewegung beziehungsweise Eure Arbeit von Deutschland aus unterstützt werden, was schlagen Sie vor?

Ich denke, die erste Aufgabe besteht darin, uns bei der Verbreitung von Informationen zu helfen, um die von der diktatorischen Regierung auferlegte Medienkampagne zu durchbrechen.

Sie investieren Millionen von Dollar in die Propaganda, um die Menschen glauben zu machen, dass hier alles in Ordnung ist. Zu diesem Zweck entwickeln sie eine Reihe von Kampagnen. In diesen Tagen findet hier in El Salvador zum Beispiel der Surf-Weltcup statt und es wird mit dem Slogan "Surf-City El Salvador" geworben. Wenn wir jedoch einen genaueren Blick auf die Realität in El Salvador werfen, werden wir eine Reihe von Situationen finden, die wir zuvor bereits erwähnt haben.

Wir müssen also die Menschen auf globaler Ebene über alles informieren, was hier geschieht. Das wäre eines der ersten Dinge, um die ich bitten würde. Und zweitens kann sich diese Solidarität natürlich auch in einigen Kampagnen widerspiegeln. Eine der Schwachstellen, die wir, wie alle Organisationen in El Salvador, haben, ist zum Beispiel die wirtschaftliche Frage. So könnten vielleicht Spenden zur Unterstützung von Aktionen oder von Informationskampagnen gesammelt werden. Gerade für junge arbeitslose Menschen ist es schwierig Aktivitäten zu entwickeln, da alle Aktivitäten ein gewisses Maß an Ressourcen erfordern.

Hervorragend wäre es, wenn sich in Deutschland ein Kollektiv der Solidarität mit den popularen Bewegungen in El Salvador bilden könnte und wir uns gegenseitig auf dem Laufenden halten und unterstützen könnten.