Kolumbien / Politik

Kolumbien: Lehren aus einem Mord

Die Beziehung zwischen den Geheimdiensten der Regierungen von Ex-Präsident Uribe und den Paramilitärs ist im Mordfall Freytter Romero erwiesen

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Wandbild von Studierenden der Universidad Atlántico für Freytter (2019)
Wandbild von Studierenden der Universidad Atlántico für Freytter (2019)

Am 14. Januar erklärte die Staatsanwaltschaft 76 der Spezialabteilung gegen Menschenrechtsverletzungen die Ermordung von Jorge Adolfo Freytter Romero, Professor an der Universidad del Atlántico, zu einem Verbrechen gegen die Menschheit.

Die Nachricht blieb nahezu unbemerkt, aber sie ist sehr wichtig, da die Entscheidung des Staatsanwalts Oscar Fabián Rodríguez Lizarazo unter anderem bedeutet, dass die Strafverfolgung nicht verjährt ist und die Ermittlungen weitergeführt werden.

Erinnern wir uns, denn erinnern heißt leben.

Am 28. August 2001 gegen zwölf Uhr wurde Professor Freytter bei der Ankunft in seinem Haus in Barranquilla von einer Gruppe schwer bewaffneter Männer angehalten.

In Angst und Verwirrung gestürzt, wurde er geschlagen und mit Gewalt in einen Pick-Up Toyota Hilux gestoßen, der ihn in ein unbewohntes Lagerhaus in der Gegend von Ciénaga im Departamento Magdalena brachte. Mit Handschellen gefesselt und dehydriert aufgrund der Hitze in der Region wurde das Opfer mehr als 24 Stunden lang erniedrigt und gefoltert, was schließlich am 29. August mit seinem Tod durch Ersticken an einer Plastiktüte über dem Kopf endete. (siehe Contexto)

Jorge Freytter war rund 20 Jahre lang Professor an der Universidad del Atlántico. In dieser Zeit beteiligte er sich auch an verschiedenen gewerkschaftlichen Aktivitäten.

Als Gewerkschaftsführer versuchte Freytter zu verhindern, dass Rentenrückstellungen in den Wahlkampfkassen von Politikern landen, die mit den Paramilitärs in der Region paktierten. Laut der am 14. Januar veröffentlichten Entscheidung "konnte nachgewiesen werden, dass es sich nicht um einen isolierten Vorfall handelte, sondern dass die Ermordung von Professor Freytter ein weiterer Mord im Rahmen eines systematischen Plans gegen jene Mitglieder war, die sich gegen die Aneignung der Alma Mater durch Kräfte von außerhalb wehrten, die sich zudem mit illegalen Gruppen verbündeten".

Klingt vertraut.

Und da es wie eine Geschichte aussieht, die sich jedes Mal wiederholt, wenn der Uribismus an der Macht ist, schauen wir uns einige bisher unveröffentlichte Dokumente zu diesem Mord an, um die Hauptakteure und den modus operandi zu sehen.

Die Akte 00650549-4 des Büros für interne Disziplinarkontrolle der Verwaltungsabteilung für Sicherheit (DAS) hat die Bezeichnung P769-2005. Dank dieser Akte wurde eine Voruntersuchung eingeleitet, um festzustellen, ob Beamte der DAS-Sektion im Departamento Atlántico am Verbrechen an Professor Freytter Romero beteiligt waren. (siehe P769-2005)

Das Dokument besagt, dass Eduardo Rafael Rodríguez, der damalige Leiter des Rechtsbüros der DAS, eine Mitteilung des Außenministeriums über den Fall Freytter erhielt: "In Übereinstimmung mit dem Ersuchen des Außenministeriums, in dem es verlangt, dass in Bezug auf die Fälle, die vor die Interamerikanische Menschenrechtskonvention gebracht werden, entsprechende Maßnahmen ergriffen werden und dass sie dazu beitragen, deren Forderungen zu erfüllen. (siehe Feststellung der Verantwortlichkeiten)

Der Klage zufolge operierte im Departamento Atlántico seit 1998 eine klandestine Gruppe namens "Roter Kondor", die mit den Paramilitärs zusammenarbeitete und zu den Geheimdienstinstitutionen der Spezialeinheit Gaula, der DAS und der Armee gehörte.

Diese Geheimdiensteinheiten setzten verschiedene Professoren, Studenten und Mitarbeiter der Universidad del Atlántico bei Infiltrations- und und Spionageaufgaben ein.

Alles, um eine angeblich schlechte Erziehung zu verhindern.

Ex-Paramilitärs der "Frente José Pablo Díaz" haben eingeräumt, dass sie mit Zustimmung der Leitungen über einen eingeschleusten Paramilitär in die Universität eingedrungen sind. Und Carlos Romero Cuartas, alias Montería, versicherte, dass jemand so Ranghohes in der Institution wie der ehemalige Rektor Ubaldo Enrique Meza ihnen die Namen einiger ihrer Opfer lieferte.

Meza hat diese Darstellung natürlich bestritten und erklärt, man wolle sich an ihm rächen.

Nun, am 23. Februar 2001 wurde Professor Lisandro Vargas ermordet, der Kritik an administrativen Unregelmäßigkeiten übte und insbesondere die Gelder einforderte, die für Verbesserungen des Physiklabors bestimmt waren, was nie umgesetzt wurde.

Unerhört.

Am 28. August desselben Jahres wurde Freytter Romero von bewaffneten Männern gefangen genommen, und wir alle wissen, dass sein Körper am nächsten Tag mit Spuren von Folterungen tot wieder auftauchte. Die Lehren aus seiner Ermordung müssen noch gezogen worden.

Die ehemaligen Agenten des Staates, die das Verbrechen an Professor Freytters begangen haben, sind Flower Arngency Torres und Germán Antonio Sáenz und sie sind heute auf der Flucht vor der Justiz. Über Torres weiß die Staatsanwaltschaft, dass er mit der paramilitärischen Organisation Clan del Golfo zusammenarbeitet, der Aufenthaltsort von Saenz ist unbekannt. (siehe Akte 1096)

Aus diesem Grund musste der Sohn von Professor Freytter Romero, Jorge Freytter-Florian, ins Exil ins Baskenland gehen. Von dort aus arbeitet er unermüdlich daran, dass die Ermordung seines Vaters nicht straflos bleibt.

Denn bei diesem Verbrechen, wie bei anderen jener Epoche, ist die Beziehung zwischen den Geheimdiensten der Regierungen des ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe Vélez und den Paramilitärs erwiesen. (siehe Cátedra)

Die Beziehung zwischen den Lehrern und Uribe war immer konfliktbeladen, da sie für den heutigen Senator mit seinen ideologischen Positionen eine Gefahr darstellen. Die Verfolgung, die Angriffe und Schikanen gegen Lehrer und Akademiker mit anderen Einstellungen als die des Uribismus sind dank der in den G3-Einrichtungen der DAS gefundenen Akten dokumentiert.

Wie bereits zuvor erwähnt, enthält eine dieser Mappen das Dokument 0033, das Identifikationsblatt des Lehrers Alfredo Rafael Francisco Correa de Andréis als Objekt der Spionage und illegalen Überwachung. Seine schreckliche Ermordung ist jetzt schon 16 Jahre her.

Dort befanden sich auch Informationen über andere Dozenten und angebliche Feinde der Regierung wie Professor Freytter Romero, mit Dokumenten, die zum Beispiel beweisen, dass er nur eine Woche vor seiner Ermordung von staatlichen Behörden festgenommen worden war, um Informationen zu erhalten und ihn zu schikanieren.

Schaurig. Man darf nicht zulassen, dass dieser Mord in Vergessenheit gerät oder in Straflosigkeit endet. Alles muss getan werden, um diese schmerzhafte Geschichte zu Ende zu bringen, bei der der Staat mit den Paramilitärs kollaborierte. Die Sonderjustiz für den Frieden hat das Wort.

Text des Wandbildes: "Die staatliche Universität soll das Zentrum kritischen Denkens, des Kampfes für die soziale Gerechtigkeit sein"