Ecuador / Politik

Correa leitet Volksbefragung ein

Präsident möchte wichtige Gesetzesänderungen in Ecuador durch die Bevölkerung verabschieden lassen. Amerika21.de stellt die geplanten Abstimmungspunkte vor

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Rafael Correa mit dem Verfassungsgerichtspräsidenten Patricio Pazmiño
Rafael Correa mit dem Verfassungsgerichtspräsidenten Patricio Pazmiño bei der Übergabe der Fragen

Ecuadors Präsident Rafael Correa hat diese Woche dem Verfassungsgerichtspräsidenten Patricio Pazmiño den Entwurf von zehn Fragen zu beabsichtigten Gesetzesänderungen eingereicht. Das Verfassungsgericht prüft  die Verfassungskonformität der Fragen und überweist im Falle einer positiven Entscheidung, was allgemein erwartet wird, den Fragenkatalog an den Nationalen Wahlrat (CNE). Diesem obliegt die Aufgabe, das Referendum zu organisieren, durchzuführen und zu kontrollieren.

Die ecuadorianische Verfassung (verabschiedet in einer Volksabstimmung am 15.07.2007 mit 81,7% Zustimmung) sieht ähnlich der venezolanischen Verfassung ein hohes Maß an Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie vor ("Partizipative Demokratie"). Dies beinhaltet u. a. die Möglichkeit von Abwahlreferenden gegenüber gewählten Volksvertretern, aber auch Gesetzesinitiativen durch die Bevölkerung und Volksbefragungen. Die Möglichkeit der Volksbefragung kann aber auch durch das Parlament und den Präsidenten in Anspruch genommen werden, so wie hier durch den Staatspräsidenten.

Die Fragen

Die Vorschläge, die nun von der Bevölkerung beschlossen oder verworfen werden,  beinhalten Themen unterschiedlichster Natur. Dazu gehören eine Verschärfung des Strafrechts bei Gewaltkriminalität, aber auch administrative Themen sowie arbeitsrechtliche Fragen.

Die Fragen 1 und 2 befassen sich mit der Erhöhung der Dauer von Untersuchungshaft, sowie dem Verbot, bei Gewalttaten (Raub, Mord, Körperverletzung) andere Strafen zu verhängen als Freiheitsstrafen. Hintergrund ist hierbei die traditionell hohe Korruption in der Justiz. Die Gesetze des Landes sehen vor, dass Strafprozesse innerhalb eines Jahres durchgeführt werden müssen, ansonsten muss der Täter freigelassen werden. Diese eigentlich fortschrittliche Bestimmung führt allerdings dazu, dass korrupte Richter in Fällen, in denen es ihnen unmöglich ist, den Täter frei zu sprechen, einfach den Prozess verschleppen, so dass der Täter nach Ablauf des Jahres frei gelassen werden muss. Der Zwang zu Freiheitsstrafen soll verhindern, dass Gewalttäter von einer gekauften Justiz gegen Bewährung oder Geldstrafe auf freien Fuß gesetzt werden. Straßenkriminalität ist in Ecuador wie in vielen Teilen Lateinamerikas ein großes Problem, das die Bevölkerung stark beunruhigt.

Mit Frage 3 soll beschlossen werden, dass Banken und Medien getrennt werden.  In Ecuador wird die Medienlandschaft von zwei Bankiersfamilien bestimmt, die sich einen heftigen Kampf gegen die Linksregierung über ihre Medien liefern. Bankdynastien, die zudem in der Zeit reich wurden, als die Mehrzahl der Ecuadorianer verarmten. Direktoren oder Aktionäre eines Bereiches dürfen keine Tätigkeiten oder Aktien des anderen Bereiches ausführen bzw. besitzen.  Sollte diese Frage positiv beschieden werden, müssten die Bankiersfamilien ihre Anteile an Medien verkaufen oder sich aus dem Bankgeschäft zurückziehen.

Die Fragen 4 und 5 beziehen sich auf administrative Belange im Bereich des "Rates der Rechtspflege" (Consejo de la Judicatura). Hier wird eine Änderung der Zusammensetzung generell und eine Auflösung des bestehenden Rates gefordert.  Rafael Correa begründete dies mit der offensichtlichen Unfähigkeit dieses Gremiums.

Das Verbot der illegalen Bereicherung soll durch Frage 6 festgeschrieben werden. Momentan ist dies nur im öffentlichen Bereich ein Straftatbestand, der auf den nichtöffentlichen Bereich ausgedehnt werden soll. Hintergrund ist auch hier der Kampf gegen die Korruption.

Die Punkte 7 und 8 beziehen sich auf ein Verbot von Glückspielen und das Verbot von Veranstaltungen, die die Tötung von Tieren beinhalten. In Ecuador dürfte dann der Stierkampf, aber auch Hundekämpfe usw. der Vergangenheit angehören.

Das Verbot von gewaltverherrlichenden Filmen und Serien, sowie ein Verbot von Pornografie und Rassismus wird in Frage 9 zur Diskussion gestellt.

Der letzte Punkt wird vor allem von Unternehmern im Land sehr bekämpft. Hier wird gefragt, ob es als Straftat geahndet werden soll, wenn Unternehmer lohnabhängig Beschäftigte nicht zur Sozialversicherung anmelden.

Der Präsident betonte, dass die Bevölkerung bei wichtigen Entscheidungen konsultiert und angehört werden müsse. Die Volksbefragung wird aller Voraussicht im Mai dieses Jahres stattfinden. Die Kosten werden mit 30 Millionen US-Dollar beziffert.