New York. Bei der 80. UN-Vollversammlung in New York haben die Regierungen von Brasilien, Kuba, Venezuela, Bolivien, Kolumbien, Mexiko, Chile und anderen lateinamerikanischen Staaten deutliche Positionen zu internationalen Konflikten, Migration und regionaler Zusammenarbeit vertreten. Im Fokus standen der US-Militäreinsatz in der Karibik, der "Genozid" in Gaza sowie die Debatte über multilaterale Reformen.
Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva stellte klar, dass die Demokratie und Souveränität seines Landes nicht verhandelbar seien. Er verurteilte die US-Vergeltungsmaßnahmen gegen Brasilien als unrechtmäßig, insbesondere die 50-prozentigen Strafzölle, die auf das Verfahren gegen Ex-Präsident Jair Bolsonaro wegen eines versuchten Staatsstreichs folgten. Lula kritisierte zudem die Abwesenheit der palästinensischen Delegation, deren Visa von Washington widerrufen wurden, und erklärte, dass "nichts den derzeitigen Völkermord im Gazastreifen rechtfertigt". Zudem forderte er die Streichung Kubas von der US-Liste "terrorunterstützender Staaten" und einen Dialog mit Venezuela angesichts der US-Militärpräsenz in der Karibik.
Kubas Außenminister Bruno Rodríguez Parilla hob die historische internationale Solidarität für Menschen auf der ganzen Welt in Zeiten von Konflikten, Gesundheitskrisen und antikolonialem Widerstand hervor und beklagte die seit Jahrzehnten anhaltenden US-Sanktionen gegen seine Gesellschaft.
Der venezolanische Außenminister Yván Gil dankte der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC), der BRICS-Gruppe und anderen internationalen Partnern für ihre Solidarität. Er verurteilte die US-Militärbedrohung vor der venezolanischen Küste als "illegal und unmoralisch", betonte das Recht, sich zu verteidigen, und erinnerte an die 1.042 Sanktionen, die gegen Venezuela verhängt wurden. Gil bekräftigte Venezuelas Streben nach Frieden und Selbstbestimmung, solidarisierte sich mit dem palästinensischen Volk und forderte die Aufhebung von Sanktionen unter anderem gegen Kuba, Nicaragua, Belarus, Nordkorea und den Iran.
Der bolivianische Präsident Luis Arce kritisierte die wachsende Präsenz der US-Marine in der Karibik und die einseitigen Sanktionen gegen Kuba, Venezuela und den Iran. Er bezeichnete diese Maßnahmen als neue Form des Kolonialismus, die Frieden und Stabilität weltweit bedrohe, und warnte vor einem dritten Weltkrieg und einer "Todesdrohung" über Lateinamerika durch Washingtons Kontrolle über strategische Ressourcen. Arce forderte eine Reform des UN-Sicherheitsrates, die Vetomächte einschränke, und plädierte für verbindliche Beschlüsse der Generalversammlung. Zudem schlug er die Einrichtung einer internationalen Reparationskommission vor, um historische Schulden aus Kolonialismus, Sklaverei, Apartheid und Völkermord auszugleichen. Arce betonte außerdem Boliviens Anspruch auf einen souveränen Zugang zum Pazifik.
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Kolumbiens Präsident Gustavo Petro verurteilte den "Völkermord" in Gaza und rief die internationale Gemeinschaft zur sofortigen Intervention auf. Er forderte die Bildung einer internationalen militärischen Streitmacht, da die Diplomatie im Gaza-Konflikt versagt habe. In Bezug auf die US-Militäraktionen in der Karibik kritisierte Petro außergerichtliche Hinrichtungen als Instrument zur Sicherung von US-Herrschaft und Einfluss. Während einer pro-palästinensischen Demonstration in New York rief er US-Soldaten dazu auf, ihren Befehlshabern zu widersprechen und nicht gegen die Menschheit zu kämpfen. Die US-Regierung entzog ihm darauf das Visum (amerika21 berichtete).
Mexikos Außenminister Juan Ramón de la Fuente Ramírez hob in Bezug auf die Präsidentin Claudia Sheinbaum die Führungsrolle von Frauen hervor und verwies auf die Erfolge der "Vierten Transformation" und die Befreiung von Millionen Menschen aus der Armut. Er sprach sich gegen die Kriminalisierung von Migranten aus, betonte die nationale Souveränität und das Völkerrecht als Grundlage für Frieden und forderte sofortige Waffenstillstände in Gaza, der Ukraine und anderen Konfliktregionen. Sanktionen und Handelsblockaden, insbesondere gegen Kuba, wies er zurück.
Chiles Präsident Gabriel Boric betonte die Bedeutung des Multilateralismus und rief zu rechtlichen Lösungen statt militärischer Gewalt auf. Er hob die UN als Erbe des Zweiten Weltkriegs hervor und forderte dringend ihre Erneuerung, um Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit weltweit wirksam zu sichern.
Perus Präsidentin Dina Boluarte verteidigte die Stabilität ihrer Regierung und die Rolle von Polizei und Streitkräften bei Protesten in ihrem Land. Gleichzeitig protestierten Demonstranten vor dem UN-Hauptquartier gegen Boluarte, kritisierten sie als "Mörderin" und forderten die Freilassung des ehemaligen Präsidenten Pedro Castillo, der seit Dezember 2022 in Untersuchungshaft sitzt.
Der argentinische Präsident Javier Milei lobte US-Präsident Donald Trump für dessen Handelspolitik und traf sich mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu, mitten in der weltweiten Verurteilung des Völkermords im Gazastreifen. Damit demonstrierte Milei seine internationale Ausrichtung auf die Vereinigten Staaten und Israel. In seiner Rede äußerte er sich nicht zum Völkermord in Gaza, forderte aber die Freilassung der israelischen Geiseln.

