Ecuador: Dieselpreis steigt, Proteste lodern auf, Noboa verhängt Ausnahmezustand

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Der Indigenendachverband Conaie mobilisiert in Ecuador zum Generalstreik
Der Indigenendachverband Conaie mobilisiert in Ecuador zum Generalstreik

Quito. In Ecuador hat Präsident Daniel Noboa einen 60-tägigen Ausnahmezustand in acht Provinzen verhängt. Dazu gehört auch die Provinz Pichincha mit der Hauptstadt Quito. Seit Donnerstag gilt zudem in fünf Provinzen eine nächtliche Ausgangssperre. Die neuen Maßnahmen, die das Recht auf Versammlungsfreiheit einschränken, kündigte Noboa inmitten massiver Protesten gegen die Aufhebung der Dieselsubventionen an. Seine Regierung hatte die Aufhebung erst wenige Tage zuvor bekannt gegeben.

Der Preis des Kraftstoffs stieg über Nacht von 1,80 auf 2,80 US-Dollar pro Gallone, das heißt pro 3,78 Liter. Das bedeutet einen Anstieg um 55,6 Prozent. Dies löste sofort Unmut bei Transportunternehmen, Landwirt:innen und Kleinproduzent:innen aus. Sie befürchten einen Dominoeffekt bei den Preisen, der sich unmittelbar auf die Lebenshaltungskosten auswirken und vor allem die ländliche Bevölkerung sowie die Beschäftigten treffen würde.

Die Regierung setzte die Sicherheitskräfte gegen die Demonstrierenden ein. "Wir wollen keine weitere Repression, wir wollen Dialog und echte Lösungen", sagte ein Demonstrant gegenüber Telesur. Die Menschenrechtsorganisation INREDH äußerte: "Angesichts der Repression und Gewalt durch die Streitkräfte und die Nationale Polizei fordern wir vom Staat uneingeschränkten Respekt für die Menschenrechte, für das Recht auf soziale Proteste und für das in der Verfassung verankerte Recht auf Widerstand."

Mit der Abschaffung der Dieselsubventionen bricht Noboa ein zentrales Wahlversprechen. Im Wahlkampf hatte er betont, die Dieselpreise nicht zu erhöhen. Kritiker:innen sehen hinter dem Schritt den Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF), die chronische Haushaltslücke zu schließen.

Für die Bevölkerung hat das Folgen. Transport und Ernährung entfallen auf bis zu 65 Prozent der Ausgaben einer ecuadorianischen Familie. Ein höherer Dieselpreis wirkt sich daher unmittelbar auf die Preise von Lebensmitteln und Dienstleistungen aus. In abgelegenen Regionen, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind, wird Diesel zudem für Generatoren benötigt.

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Laut dem Nachrichtenportal Infobae hat die Regierung mehr als 1,1 Millionen US-Dollar an Produktionsanreizen an über 1.600 Transportunternehmen gezahlt und 70.000 Kleinproduzent:innen einen Förderbonus in Höhe von 1.000 US-Dollar zur Verfügung gestellt. Kritiker:innen weisen jedoch auf den selektiven Charakter dieser Hilfen hin. So sollen beispielsweise auch Unternehmen aus dem Immobiliensektor davon profitieren, berichtet Telesur.

Die Proteste richten sich jedoch nicht nur gegen die Preiserhöhung. Lkw-Fahrer:innen klagen über zunehmende Unsicherheit, da sie immer häufiger von kriminellen Gruppen überfallen und zur Zahlung von Schutzgeld gezwungen werden. Zudem gilt Diesel in Ecuador als politisch sensibles Symbol. Bereits in der Vergangenheit entstanden starke Protestbewegungen, die die Abschaffung der Subventionen durch zwei Präsidenten verhinderten. Diese betragen rund 1,1 Milliarden US-Dollar.

Gewerkschaften und soziale Bewegungen kündigten die Fortsetzung der Proteste an. Die indigene Dachorganisation Conaie betonte: "Wir werden den Kampf nicht aufgeben, bis unsere Forderung nach Gerechtigkeit und der Wiedereinführung der Dieselsubventionen Gehör findet."

Am Donnerstag rief die Conaie einen Generalstreik aus, der in diesen Tagen je nach Region starten soll. Neben der Forderung nach Abschaffung der Dieselsubventionen verlangt sie von der Regierung, die Bergbaulizenzen für die drei Projekte in Palo Quemado, Quimsacocha und Las Naves zurückzuziehen sowie den Aufruf Noboas zu einer verfassungsgebenden Versammlung zu unterlassen.