Honduras

Gericht in Honduras vertagt Verhandlung im Mordfall Juan López

Termin in San Pedro Sula zum fünften Mal verschoben. Nebenklage und Menschenrechtsgruppen fordern rasche Ermittlungen zu mutmaßlichen Auftraggebern

302425-750x710.jpeg

Juan López beklagte noch kurz vor seiner Ermordung die ineffiziente Umsetzung von Schutzmaßnahmen durch die honduranische Regierung
Juan López beklagte noch kurz vor seiner Ermordung die ineffiziente Umsetzung von Schutzmaßnahmen durch die honduranische Regierung

San Pedro Sula. Elf Monate nach dem Mord an dem honduranischen Umweltaktivisten, Stadtrat und katholischen Laienprediger Juan López ist der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder und zwei Kompliz:innen zum fünften Mal vertagt worden.

López war am 14. September 2024 in seinem Auto vor den Augen von Familienangehörigen und Passant:innen aus nächster Nähe gezielt erschossen worden. Die Strafkammer in der zweitgrößten Stadt des Landes, San Pedro Sula, brach die öffentliche Vorverhandlung am 21. August ab und setzte einen neuen Termin für den 28. August an. Sie folgte damit dem Antrag der Verteidigerin des mutmaßlichen Todesschützen, Óscar Alexis Guardado Alvarenga. Die Anwältin beantragte, dass das Recht ihres Mandanten auf einen verkürzten Prozess überprüft werden müsse. Die Staatsanwaltschaft hatte tags zuvor den entsprechenden schon Wochen zuvor gestellten Antrag plötzlich abgelehnt. Ein verkürzter, nicht-öffentlicher Prozess ist nach der honduranischen Strafprozessordnung dann möglich, wenn der/die Angeklagte sich schuldig bekennt und ein Deal mit der Staatsanwaltschaft über das Strafmaß möglich ist.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Guardado Alvarenga, Juan López auf grausame Weise mit mehreren Schüssen getötet zu haben, als er nach einem Gottesdienst in der Kreisstadt Tocoa nach Hause fahren wollte (amerika21 berichtete). Gemeinsam mit zwei mutmaßlichen Mittäter:innen, Daniel Antonio Juárez Torres und Lenin Adonis Cruz Munguía, soll Guardado Alvarenga außerdem der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt werden.

Die Anwält:innen der Nebenklage und das Bürgerkomitee für die Verteidigung der Gemeingüter aus Tocoa, dem Juan López angehörte, sind überzeugt, dass es sich um einen Auftragsmord handelte. Sie kritisieren die bisherigen Versäumnisse der Staatsanwaltschaft und fordern gemeinsam mit zahlreichen honduranischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen, dass diese nun endlich auch gegen die mutmaßlichen Auftraggeber:innen und Geldgeber:innen des Mordes vorgehen müsse.

Die Anwältin der Nebenklage, Kenia Oliva von der Kanzlei Justicia para los Pueblos, betonte bei einer Pressekonferenz nach dem Abbruch der Verhandlung, dass man es mit einem Justizsystem zu tun habe, das darauf ausgerichtet sei, die Drahtzieher:innen des Mordes zu schützen und ihnen Straffreiheit zu gewähren. Dies zeige sich auch daran, dass zwar die mutmaßlichen Täter:innen einen Monat nach dem Mord festgenommen worden seien, aber nach elf Monaten immer noch keine Fortschritte bei der Ermittlung der Auftraggeber:innen sichtbar seien.

Typisch für das zögerliche Vorgehen der Staatsanwaltschaft sei laut Oliva, dass sie erst am 21. August einen Antrag auf Herausgabe der Bankdaten der drei Beschuldigten gestellt habe. Diese Daten seien essentiell, um Verbindungen und Geldströme rund um den Mord zu ermitteln. Die Nebenkläger:innen bemängelten außerdem, dass sie bis kurz vor der Verhandlung keine Einsicht in die Ermittlungsakten nehmen durften, eine Privatperson jedoch Zugang hatte.

Keine Werbung, keine Paywall, aber trotzdem Nachrichten aus Lateinamerika?

Das geht nur mit den Spenden unserer Leserinnen und Leser. Unterstützen Sie uns jetzt.

Erst jetzt wisse man deshalb, dass nur zehn der 48 bisher beschlagnahmten Mobiltelefone analysiert worden seien. Von diesen zehn Mobiltelefonen seien nur acht tatsächlich überprüft worden, und keines davon habe Juan López oder dem Bürgermeister von Tocoa, Colón, Adán Fúnez, gehört, der vielen als einer der mutmaßlichen Drahtzieher des Verbrechens gilt. "Bis heute ist die Staatsanwaltschaft noch damit beschäftigt, von den Telefongesellschaften Auskunft darüber zu fordern, wem die beschlagnahmten Telefone gehören", sagte Oliva.

Der Mord an Juan López hat 2024 für internationales Aufsehen und für Empörung gesorgt, bis hin zu Äußerungen des inzwischen verstorbenen Papstes Franziskus. Welche Brisanz hinter der am 21. August vor dem Gericht in San Pedro Sula auf zahlreichen Bannern zu lesenden Frage "Wo sind die Auftraggeber:innen" stecken könnte, zeigt eine am 18. August 2025 veröffentlichte Recherche der Investigativ-Journalist:innen Jared Olson und Fernando Silva.

Sie enthüllen, welchen lokalen, korrupten Netzwerken in der Stadtverwaltung von Tocoa López kurz vor seinem gewaltsamen Tod auf der Spur war, erläutern aber auch, welchen weitreichenden Interessen, unter anderem der Bergbau- und Energieunternehmen des Ehepaars Lenir Perez und Ana Facussé, der Umweltschützer López im Wege stand und wie diese mit den korrupten und kriminellen Netzwerken verknüpft waren.

Beide möglichen Ermittlungslinien scheinen ohnehin miteinander verflochten, da sie jeweils mehrfache Verbindungen zu bewaffneten, paramilitärischen Banden aufweisen. Eine zentrale Figur in dem Geflecht aus Korruption und illegalen Machenschaften, das Juan López seit Jahren untersuchte und anprangerte, ist der Bürgermeister der Kreisstadt Tocoa, Adán Fúnez. Er gehört, wie auch Juan López, der Regierungspartei Libre an. 

Mit dem offiziellen Beginn am 1. September steht die heiße Phase für die am 30. November stattfindenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen unmittelbar bevor.