Ecuador: Kritik an neuem Gesetz gegen Wirtschaftskriminalität

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Das Parlament in Ecuador wird das Gesetz wohl beschließen
Das Parlament in Ecuador wird das Gesetz wohl beschließen

Quito. Trotz anhaltender Manipulationsvorwürfe seitens der oppositionellen Partei der Bürgerrevolution (RC) und ihrer Vorsitzenden Luisa González soll Daniel Noboa am heutigen Samstag für eine zweite Amtszeit vereidigt werden. Sein erstes Vorhaben: ein Gesetz gegen kriminelle Wirtschaft. Einen entsprechenden Entwurf brachte der Präsident vergangene Woche in die Nationalversammlung ein. Mithilfe von finanziellen, steuerlichen und sicherheitspolitischen Maßnahmen soll gegen kriminelle Netzwerke vorgegangen werden.

Hintergrund ist der seitens der Regierung ausgerufene "interne bewaffnete Konflikt" mit Gruppen des organisierten Verbrechens. Mit dieser Begründung hatte der Präsident bereits in seiner ersten Amtszeit wiederholt den Ausnahmezustand ausgerufen. Ziel sei es, kriminellen Organisationen den finanziellen Nährboden zu entziehen. Zu diesem Zweck will man verstärkt gegen Geldwäsche vorgehen und illegal erworbene Vermögenswerte beschlagnahmen. 

Daneben sieht das Gesetz Entlastungen für Bürger vor, die an Polizei und Militär spenden. Die Spende soll bei der Einkommenssteuer berücksichtigt werden, maximal 30 Prozent Steuererleichterung sind möglich.

Neben höheren Haftstrafen bis zu 30 Jahren für die Mitgliedschaft in kriminellen Vereinigungen sieht der Gesetzesentwurf auch die Schaffung eines Sicherheitsrates vor. Das Gremium soll für die Koordinierung und Durchführung der im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zuständig sein und wird direkt dem Präsidenten unterstellt. Nach dem Willen der Regierung werden dort zukünftig alle militärischen und sicherheitspolitischen Maßnahmen kontrolliert und überwacht. Der Sicherheitsrat soll auch die Macht haben, Ausnahmezonen zu erklären, Ausländer auszuweisen und wirtschaftliche Maßnahmen anzuordnen. Eine parlamentarische oder gerichtliche Kontrolle des Sicherheitsrates ist nicht vorgesehen.

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Den Sicherheitskräften werden neue Befugnisse zugewiesen. So sollen sie zukünftig direkt ohne Vorwarnung Gewalt anwenden dürfen. Voraussetzung ist, dass es sich um ein eindeutig identifiziertes Ziel handelt, von dem Gefahr ausgehen kann. Hierfür ist es beispielsweise bereits ausreichend, dass ein Fahrzeug verdunkelte Scheiben hat oder nicht über ein Nummernschild verfügt. Für Razzien sind keine richterlichen Durchsuchungsbeschlüsse mehr notwendig, stattdessen sollen diese mit "anschließender Kontrolle durch einen Richter" durchgeführt werden und beschleunigte Gerichtsverfahren entstehen. Darüber hinaus werden die Möglichkeiten für Präventivhaft geschaffen. Angst vor Strafverfolgung wegen Fehlverhalten müssen die Sicherheitskräfte indes nicht haben. Der Präsident kann Polizeibeamte und Soldaten, die strafrechtlich verfolgt werden, begnadigen, auch wenn die Fälle noch untersucht werden.

Kritik an den geplanten Vorhaben kommt unter anderem von der Konföderation der indigen Nationalitäten Ecuadors (Conaie). In einer Stellungnahme bezeichnete sie das Gesetzesvorhaben als "eine ernsthafte Bedrohung für die Menschenrechte, die bürgerlichen Freiheiten und den plurinationalen Rechtsstaat." Zwar sei die Bekämpfung des organisierten Verbrechens eine dringende Aufgabe des Staates, der Gesetzesentwurf ginge allerdings an den eigentlichen Ursachen vorbei, so die Conaie.

Auch von sozialen Organisationen wird der Vorschlag abgelehnt. Sie warnen in einer Erklärung vor zunehmenden Menschenrechtsverletzungen und Korruption durch die Sicherheitskräfte.

Vor dem Hintergrund der Regierungsmehrheit hinter Noboa im Parlament dürfte das Gesetz - trotz verfassungsmäßiger Bedenken – eine Mehrheit finden.