Brasilien / Politik

Brasilien: Anhänger Bolsonaros und Alliierte wollen Amnestie für versuchten Putsch

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Demonstration gegen die Amnestie für Putschisten am 1. April in Rio de Janeiro
Demonstration gegen die Amnestie für Putschisten am 1. April in Rio de Janeiro

Brasília. Der Abgeordnete der brasilianischen Oppositionspartei Partido Liberal (PL), Sóstenes Cavalcante, hat im Parlament einen Eilantrag für ein Amnestiegesetz für die Beteiligten an dem versuchten Staatsstreich vom 8. Januar 2023 gestellt.

Am 8. Januar 2023 hatten Anhänger des scheidenden Präsidenten Jair Bolsonaros den Wahlsieg Luiz Inácio Lula da Silvas nicht anerkannt. Im vergeblichen Versuch, die Macht zu behalten, stürmten sie ‒ mutmaßlich unter Mitwissen Bolsonaros ‒ in der Hauptstadt Brasília das Kongressgebäude, den Regierungssitz und das Oberste Gericht und richteten erhebliche Schäden an.

Innerhalb dieser Bewegung gab es angeblich zudem Pläne, den neu gewählten Präsidenten, Mitglieder seiner Regierung sowie des obersten Gerichtshofes zu ermorden.

Bei der Aufarbeitung der Ereignisse wurde die mögliche Beteiligung von über 2.000 Personen von der Bundespolizei untersucht, von denen am Ende 371 verurteilt wurden, 225 davon zu Haftstrafen zwischen drei und 17 Jahren. Nun fordert die Opposition unter anderem wegen der angeblich übermässigen Härte dieser Strafen eine Amnestie.

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Der prominenteste Begünstigte des Amnestiegesetzes wäre Ex-Präsident Bolsonaro selbst, der bisher noch nicht vor Gericht stand. Allerdings beschloss der Oberste Gerichtshof vor kurzem einstimmig, ihm wegen des Staatsstreichs den Prozess zu machen. Er soll noch in diesem Jahr beginnen. Sein Sohn Eduardo Bolsonaro verzichtete in dieser Situation auf seinen Abgeordnetensitz und bleibt in den USA, um der Strafverfolgung in Brasilien zu entgehen.

Der Abgeordnete Cavalcante konnte die für den Eilantrag notwendigen Unterschriften von 262 Abgeordneten (fünf mehr als die Hälfte der Stimmen) vorlegen, wobei einige in letzter Minute absprangen. Unterstützung fand er hauptsächlich bei mehreren rechten Parteien des stark zersplitterten politischen Spektrums. Jedoch sind auch zahlreiche Abgeordnete der Regierungskoalition unter den Unterzeichnenden.

Die Ministerin für Institutionelle Beziehungen, Gleisi Hoffmann von der Arbeiterpartei (PT), drohte damit, die Regierungsmitglieder der Parteien zu entlassen, die für diese Initiative stimmen sollten. Regierungsvertreter kontaktierten auch andere Abgeordnete um sie zu überreden, ihre Unterstützung zurückzuziehen.

Aber auch mit ausreichenden Unterschriften bedeutet dies nicht automatisch, dass der Antrag im Plenar kurzfristig zur Debatte anstehen wird. Die Festlegung des Verhandlungskalenders obliegt dem Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses, Hugo Motta (Republicanos PB). Durch den Senat müsste die Vorlage anschließend auch noch.