Belo Horizonte et al. Die Zahl der obdachlosen Menschen in Brasilien ist im ersten Quartal 2025 leicht angestiegen. Laut der Brasilianischen Beobachtungsstelle für öffentliche Maßnahmen für die obdachlose Bevölkerung (OBPopRua/Polos-UFMG) der Bundesuniversität von Minas Gerais waren bis März dieses Jahres 335.151 Personen als obdachlos registriert, das sind 0,37 Prozent mehr als im Dezember 2024. Die Stelle stützt sich auf offizielle Daten des Ministeriums für Entwicklung und Sozialhilfe.
Die betroffene Bevölkerungsgruppe besteht zu 88 Prozent aus Erwachsenen zwischen 18 und 59 Jahren (294.467), zu neun Prozent aus älteren Menschen (30.751) und zu drei Prozent aus Kindern und Jugendlichen (9.933).
Aus den Daten geht hervor, dass die Mehrheit der Betroffenen Schwarz ist. 84 Prozent der wohnungslosen Personen sind männlich. Acht von zehn obdachlosen Brasilianer:innen müssen mit weniger als 109 Reais im Monat (circa 16 Euro) auskommen, was 7,18 Prozent des derzeitigen Mindestlohns von 1.518 Reais (circa 227 Euro) entspricht.
Hinzu kommt ein niedriges Bildungsniveau, bei dem mehr als die Hälfte (52 Prozent) die Grundschule nicht abgeschlossen hat, was ihre Integration in den Arbeitsmarkt deutlich erschwert.
Insbesondere im Südosten von Brasilien konzentriert sich die Wohnungslosigkeit. Allein in São Paulo leben 42,82 Prozent der Obdachlosen des Landes. Aber auch Städte wie Rio de Janeiro, Belo Horizonte und Fortaleza im Nordosten weisen hohe Zahlen auf.
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Seit 2013 steigen die Zahlen kontinuierlich an. Von 22.900 Obdachlosen wuchs die Zahl bis 2025 auf das 14,6-Fache.
Der Report der Beobachtungsstelle weist auch auf die systematische Gewalt gegen Obdachlose hin: Zwischen 2020 und 2024 wurden allein 46.865 Gewalttaten registriert. Die meisten Delikte ereigneten sich nicht nur auf öffentlichen Straßen, sondern auch an Orten wie Notunterkünfte und Gesundheitszentren, die für den Schutz der Personen vorgesehen sind.
OBPopRua kritisiert, dass es an wirksamer öffentlicher Strukturpolitik in den Bereichen Wohnen, Arbeit und Bildung fehle und der Umgang mit dieser gesellschaftlichen Herausforderung nicht mit der Verfassung vereinbar sei. "Die Nichteinhaltung der Bundesverfassung von 1988 in Bezug auf Obdachlose setzt sich in Brasilien fort, mit sehr geringen Fortschritten bei der Gewährleistung der Rechte dieser Bevölkerungsgruppe", so der Bericht.
Das Ministerium für soziale Entwicklung verweist seinerseits auf die staatlichen Investitionen in die Ausbildung und die Stärkung der Betreuungszentren. Es habe "kontinuierlich in die Verstärkung der Aufnahme und des Schutzes von Erwachsenen und Familien in prekären Situationen investiert, um zur sozialen Eingliederung beizutragen und Ungleichheiten zu bekämpfen". Diese Einrichtungen würden Dienstleistungen wie Mahlzeiten, Räume für die Körperpflege, Unterstützung bei der Ausstellung von Dokumenten und anderes bieten.
Dennoch räumt das Ministerium ein, dass es weiterhin Herausforderungen gibt. Dieser Anstieg der Zahl der Obdachlosen in Brasilien sei ein dringender Aufruf, umfassende politische Maßnahmen zu konzipieren und umzusetzen, die die Ursachen der sozialen Ausgrenzung angehen.