Breiter Protest gegen Internierungslager in El Salvador

Erste Abschiebungen vermeintlicher Krimineller aus USA in Megagefängnisse. Vor allem Venezolaner betroffen. Trump beruft sich US-Gesetz von 1798 und ignoriert Gerichtsentscheid

demonstrantin_caracas.jpg

Eine Demonstrantin in Caracas zeigt das Foto eines in El Salvador inhaftierten Angehörigen
Eine Demonstrantin in Caracas zeigt das Foto eines in El Salvador inhaftierten Angehörigen

Washington/San Salvador/Caracas. In El Salvador ist ein erstes Flugzeug mit 261 Abgeschobenen aus den USA gelandet. Die Deportierten wurden in ein Megagefängnis überführt, das von El Salvadors Staatspräsident Nayib Bukele am 31. Januar 2023 als Zentrum zur Eindämmung des Terrorismus (Cecot) eingeweiht wurde und ist mit Platz für 40.000 Inhaftierte das größte Gefängnis Lateinamerikas. 

Die US-Regierung begründete die Maßnahme mit einem Gesetz über "ausländische Feinde" (Alien Enemies Act) aus dem Jahre 1798. Zuletzt war dieses Gesetz während des Zweiten Weltkrieges angewandt worden und hatte als Grundlage für die Internierung von Japanern, Italienern und Deutschen in den USA gedient. US-Präsident Donald Trump argumentierte, die Migranten würden eine "Invasion", sowie "eine irreguläre Kriegsführung und feindliche Handlungen" gegen die USA darstellen.

Am Samstag hatte ein Bezirksgericht in den USA dieser Rechtsauffassung widersprochen und einer Klage der Nichtregierungsorganisation American Civil Liberties Union rechtgegeben. Das Gericht argumentierte unter anderem damit, dass die USA sich nicht im Krieg mit Venezuela befänden. Die Abschiebungen erfolgten trotz des Gerichtsbeschlusses nur einen Tag später.

Grundlage der Deportationen ist ein Abkommen, das Bukele im Februar mit US-Außenminister Marco Rubio schloss. Bukele hatte Rubio bei dessen Besuch in El Salvador angeboten, "Kriminelle" aus den USA in Gefängnissen in El Salvador zu inhaftieren. Er betonte, dass das Abkommen, das eine von den USA gezahlte Gebühr beinhaltet, zur Finanzierung des Strafvollzugs beitragen werde. El Salvador, das inzwischen die weltweit höchste Inhaftierungsrate hat (amerika 21 berichtete), gibt jährlich rund 200 Millionen US-Dollar für seine Gefängnisse aus.

Bei den Abgeschobenen soll es sich um 238 Mitglieder der kriminellen Gruppe Tren de Aragua aus Venezuela und 23 Angehörige der ursprünglich von El Salvadorianern gegründeten Bande Mara Salvatrucha 13 handeln. Von verschiedenen Stellen wird dies bestritten. So hieß es in einem Artikel der BBC, es gebe "keine Beweise für die Mitgliedschaft der Migranten in einer kriminellen Gruppe." In einem weiteren Artikel versucht der Sender Einzelheiten über die Inhaftierten herauszufinden. Vier namentlich bekannte Deportierte sollen aus der Gemeinde Los Pescadores stammen, 700 Kilometer westlich der Hauptstadt Caracas am Maracaibo-See.

Mercedes Yamarte zeigt sich gegenüber der BBC entsetzt, als sie ihren 29-jährigen Sohn Mervin in einem Video erkennt – in Handschellen, mit rasiertem Kopf und umringt von Dutzenden Polizisten. Yamarte erklärte, ihr Sohn sei kein Krimineller. Er sei zum Arbeiten in die USA gegangen und habe dort in Zwölf-Stunden-Schichten in einer Tortillafabrik gearbeitet. 

Ohne Moos nix los

Ihnen gefällt die Berichterstattung von amerika21? Damit wir weitermachen können, brauchen wir Ihre Unterstützung.

Ähnlich äußerte sich Venezuelas Staatspräsident Nicolás Maduro. Er erklärte, dass "die falsche Erzählung" über die Präsenz von Tren de Aragua in den USA von "Ultrarechten" geschaffen wurde, um eine repressive Einwanderungspolitik zu rechtfertigen. Die kriminelle Organisation werde in Venezuela "bekämpft und gestoppt", Die Migration in die USA sei "Resultat der Sanktionen gegenüber Venezuela und nicht von Kriminalität".

Die politische Organisation "Strömung Comunes" aus Venezuela, die sich als linke Opposition zur Regierung versteht, sieht in einer Erklärung "Ähnlichkeiten zwischen Trump und Maduro". Trump nutze "das Gespenst des Tren de Aragua, um Fremdenfeindlichkeit gegenüber Venezolanern zu schüren, Hunderttausende Venezolaner auf nordamerikanischem Territorium zu verfolgen, abzuschieben, in Gefängnisse in Guantánamo und El Salvador zu schicken und sie als Terroristen zu beschuldigen. Etwas Ähnliches tat Maduro nach dem 28. Juli des vergangenen Jahres, als er nach dem Wahlbetrug dasselbe Argument nutzte, um Tausende junge Menschen, die protestierten, als Terroristen zu beschuldigen, die für den Tren de Aragua arbeiteten."

Am Dienstag demonstrierten einige tausend Menschen in Caracas gegen die Kriminalisierung der Migranten, unter ihnen befanden sich auch Familienangehörige der Inhaftierten.

Kritik kam auch vom Exekutivsekretär der Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerikas (Alba), Jorge Arreaza. Er erklärte, das sei "Neonazismus in koordinierter Aktion. Die kapitulierende Regierung von El Salvador errichtet auf Befehl ihrer Herren in Washington Konzentrationslager für venezolanische Migranten und andere Nationalitäten." Alba ist ein 2004 auf Initiative von Kuba und Venezuela gegründetes Bündnis, das sich als Alternative zu bestehenden Freihandelsabkommen versteht.

Auch aus El Salvador kommen kritische Stimmen. Samuel Ramírez, Koordinator der Bewegung der Opfer des Ausnahmezustandes (Movir) erklärte gegenüber amerika21, seine Organisation bekämpfe die Deportationen genauso wie die "rechtswidrigen Inhaftierungen" seit Beginn des Ausnahmezustandes 2022. Zu den aktuellen Abschiebungen sagte er: "Die Regierung von Bukele verletzt internationales Recht und verhält sich nicht normal, eine normale Regierung würde die Souveränität des eigenen Staates verteidigen." Movir werde die Rechte der Migranten aus "Venezuela, Guatemala, Kolumbien und anderen Ländern verteidigen."