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USA entziehen Chevron Lizenz, Venezuela nennt Schritt "schädlich und unerklärlich"

Joint Ventures von Chevron und PDVSA machen bis 25 Prozent der Gesamtproduktion Venezuelas aus. 2026 drohen dem Land Verluste von vier Milliarden US-Dollar

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Chevron arbeitet bereits seit 100 Jahren in Venezuela und ist aktuell an vier Joint Ventures beteiligt
Chevron arbeitet bereits seit 100 Jahren in Venezuela und ist aktuell an vier Joint Ventures beteiligt

Washington/Caracas. Die Regierung von Donald Trump entzieht Chevron die Lizenz des US-Finanzministeriums für die Geschäftstätigkeit in Venezuela.

In einer Nachricht, die am Mittwoch in den sozialen Medien veröffentlicht wurde, kündigte der US-Präsident die Aufhebung der "Vereinbarung über Öltransaktionen" vom November 2022 an, unter Bezugnahme auf die vom Weißen Haus unter Joe Biden erlassene Generallizenz 41 (GL41). Diese erlaubte es Chevron, seine Aktivitäten in dem südamerikanischen Land wieder aufzunehmen.

"Ich ordne an, dass die ineffektive und nicht erfüllte 'Konzessionsvereinbarung' von Biden zum 1. März gekündigt wird, wenn die Option auf Verlängerung ausläuft", schrieb Trump. Caracas habe weder die "Wahlbedingungen" erfüllt noch die Abschiebung von "Gewaltverbrechern" schnell genug akzeptiert, so seine Begründung.

Trotz einer harten Wahlkampfrhetorik gegen Venezuela begann Trump seine zweite Amtszeit mit einem Dialog mit Caracas. Ende Januar traf der Sondergesandte Richard Grenell mit Präsident Nicolás Maduro zusammen (amerika21 berichtete). Berichten zufolge waren die Abschiebungen von Migranten ein zentrales Gesprächsthema. Seitdem hat Venezuela drei Gruppen repatriierter Staatsangehöriger aufgenommen.

Die venezolanische Regierung gab eine Erklärung ab, in der sie die verschärften Sanktionen zurückwies und daran erinnerte, dass die von den USA angeführten wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen "zu Migration mit den weithin bekannten Folgen geführt haben".

Caracas bezeichnete die Entscheidung als "schädlich und unerklärlich" und versicherte, dass sich die Wirtschaft weiter erholen werde und die Maßnahme den USA und ihren Unternehmen "schaden" werde.

Analysten bezeichneten die Aufhebung der Sanktionsbefreiung von Chevron als kurzfristiges Zugeständnis an außenpolitische Hardliner, insbesondere aus Florida, da das Weiße Haus entscheidende Haushaltsverhandlungen aufnimmt. Regierungsvertreter wie Außenminister Marco Rubio haben sich zusammen mit der ultrarechten Opposition Venezuelas seit langem für die Aufhebung der Generallizenz 41 eingesetzt.

Am Mittwoch sagte der Kongressabgeordnete Carlos Gimenez (Republikaner) in einer Pressekonferenz, dass er in naher Zukunft "weitere Maßnahmen" gegen Caracas erwarte. Der Abgeordnete aus Florida beschwor, dass die Tage der Maduro-Regierung sowie ihrer kubanischen und nicaraguanischen Pendants "gezählt" seien.

Trumps Sondergesandter für Lateinamerika, Mauricio Claver-Carone, hat erklärt, er gehe davon aus, dass ein "Übergang" in Kuba nicht nur "unvermeidlich" sei, sondern auch "unmittelbar bevorsteht".

Rubio kündigte bereits eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Kuba und Venezuela an. Am Dienstag weitete er die bestehende Visabeschränkungspolitik in Bezug auf Kubas medizinische Missionen im Ausland aus (amerika21 berichtete).

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Chevron hat seinerseits seine Rolle in Venezuela verteidigt. CEO Mike Wirth erklärte kürzlich, dass der Konzern "in Kontakt" mit der Regierung Trump stehe und eine "konstruktive Präsenz" in dem karibischen Land habe.

Die Lizenz, die Chevron den Betrieb in Venezuela erlaubt, sieht eine automatische Verlängerung am ersten eines Monats für einen Zeitraum von sechs Monaten vor. Ein Widerruf zum 1. März würde eine Abwicklungsfrist bedeuten, die Ende Juli ausläuft. Die Regierung müsste entscheiden, ob sie Chevrons vorherige Lizenz, die nur grundlegende Wartungsarbeiten zuließ, wieder in Kraft setzt oder eine Kompromisslösung anstrebt, die eine Produktionsobergrenze beinhalten könnte.

Der US-Energieriese hält Minderheitsbeteiligungen an vier gemeinsamen Projekten mit Venezuelas staatlicher Ölgesellschaft PDVSA. Die Unternehmen produzieren derzeit rund 200.000 Barrel pro Tag (bpd), das entspricht zwischen 20 und 25 Prozent der Gesamtproduktion des Landes.

Der Ökonom Asdrúbal Oliveros schätzt, dass Venezuela durch die Annullierung von GL41 im Jahr 2026 Einnahmen in Höhe von vier Milliarden US-Dollar entgehen würden, was sich erheblich auf die Devisenversorgung auswirken und möglicherweise eine Inflation verursachen könne.

Die Lizenz von Chevron war die einzige bedeutende Abweichung der Biden-Regierung von der von Trump während seiner ersten Amtszeit verhängten "Politik des maximalen Drucks".

Der wichtigste Industriezweig des karibischen Landes wird nach wie vor durch Zwangsmaßnahmen, darunter Finanzsanktionen und ein Exportembargo, stark beeinträchtigt. Das US-Finanzministerium hat zudem ausdrücklich damit gedroht, sekundäre Sanktionen gegen internationale Unternehmen zu verhängen, die ohne grünes Licht aus Washington mit dem venezolanischen Ölsektor zusammenarbeiten.

Neben Chevron haben sich in den letzten Jahren auch die europäischen Unternehmen Repsol (Spanien), Eni (Italien) und Maurel & Prom (Frankreich) die Zustimmung der USA gesichert, um ihre Geschäftstätigkeit in mehreren Joint Ventures in Venezuela wieder aufzunehmen und auszuweiten.

Die Regierung von Trinidad und Tobago hat ebenfalls um die Zustimmung Washingtons gebeten, um gemeinsam mit Venezuela und internationalen Unternehmen Projekte zur Erschließung von Erdgasvorkommen zu entwickeln.

Laut Reuters wird Port of Spain eine Verlängerung der bestehenden US-Sanktionsbefreiung für Shell und BP beantragen, um mit Caracas über das Dragon-Projekt zu verhandeln. Die Befreiung erlaubt es PDVSA, Zahlungen in Sachwerten oder Hartwährung zu erhalten, läuft aber im Oktober 2025 aus.