Ecuador / Politik

Wahlkampf in Ecuador beendet, Umfragen ergeben kein eindeutiges Bild

cne-ecuador-2-dias.jpg

Hinweis des Obersten Wahlrates CNE am Freitag: "In zwei Tagen findet die Wahl statt"
Hinweis des Obersten Wahlrates CNE am Freitag: "In zwei Tagen findet die Wahl statt"

Quito. Zum Abschluss des Wahlkampfes haben sich Ecuadors Präsident Daniel Noboa und seine Herausforderin Luisa González in Quito und Guayaquil noch einmal feiern lassen. Vor tausenden Anhänger:innen beendeten sie am Donnerstag jeweils mit aufwendigen Veranstaltungen ihre Kampagnen.

Die letzten zwei Tage vor der Abstimmung darf kein Wahlkampf mehr stattfinden. Deshalb verabschiedeten sich auch fast alle anderen der insgesamt 16 Kandidat:innen am Donnerstag mit großen Kundgebungen. Ernsthafte Chancen auf die Präsidentschaft haben aber wohl nur Noboa und González.

Neben der Präsidentschaft wählen die Ecuadorianer:innen am kommenden Sonntag auch das neue Parlament.

Die meisten der letzten Umfragen sehen Noboa vorne. Die Umfrageinstitute Ipsos und Comunicaliza sehen Noboa bei 45,3 bzw. 38,1 Prozent und Gonzalez bei 31,3 bzw. 32 Prozent.

Zu einem anderen Ergebnis kommt Negocios y Estrategicas. Ihnen zufolge liegt González bei 41 und Noboa bei 36 Prozent. Sämtliche Umfragen stimmen darin überein, dass alle anderen Kandidat:innen weit abgeschlagen im einstelligen Bereich liegen.

Wichtig ist noch die Frage, ob die Wahl direkt in der ersten Runde entschieden wird. Dazu kommt es, wenn ein:e Kandidat:in im ersten Durchgang mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinen kann, oder mindestens 40 Prozent erreicht und mit wenigstens zehn Prozent vor dem bzw. der Zweitplazierten liegt. Sollte dies nicht eintreten, kommt es im April zu einer Stichwahl.

Keine Werbung, keine Paywall, aber trotzdem Nachrichten aus Lateinamerika?

Das geht nur mit den Spenden unserer Leserinnen und Leser. Unterstützen Sie uns jetzt.

In den letzten Tagen des Wahlkampfes wurden die Fairness und Transparenz der Wahl angezweifelt. Andrés Arauz, Exekutivsekretär der Partei Revolución Ciudadana Movimiento RETO von González, teilte mit, dass er schwerwiegende Warnungen vor Versuchen zur Wahlmanipulation erhalten habe. Der Nationale Wahlrat (CNE) antwortete darauf, dass sein Computersystem von nationalen und internationalen Beobachtern überprüft worden sei.

Die Integrität des CNE selbst wird jedoch auch bezweifelt. Die Indigenenkonföderation Conaie spracht in einem Kommuniqué davon, dass der Wahlrat "völlig voreingenommen" sei und sie der Transparenz der Wahlen daher "unmöglich vertrauen" könnten. Damit bezieht sich Conaie darauf, dass der CNE keine Sanktionen gegen Noboa verhängt hat, als diesem verfassungswidriges Verhalten während des Wahlkampfes vorgeworfen wurde (amerika21 berichtete).

Die Programme der beiden Topkandidat:innen sind in vielen Punkten gegensätzlich. Für Noboa von der Acción Democrática Nacional ist, wie auch während seiner Präsidentschaft, das Thema Sicherheit entscheidend. Er möchte daher Polizei und Militär weiter stärken. Außerdem will Noboa den Produktionssektor modernisieren, die Arbeit flexibilisieren und ausländische Investitionen anziehen.

González hingegen setzt beim Thema Sicherheit vor allem auf Prävention und darauf, dass die nationalen Streitkräfte wieder die vollständige Kontrolle über die Küstengebiete und das Meer zurückerhalten. Damit stellt sie sich gegen Noboas Sicherheitsabkommen mit den USA (amerika21 berichtete). In der Wirtschaft will sie die Arbeitnehmer:innen stärken und mehr staatliche Eingriffe zur Umverteilung des Wohlstandes vornehmen.

"Es handelt sich um zwei gegensätzliche Projekte: Auf der einen Seite der Neoliberalismus-Libertarismus, der vom oligarchischen und medialen Machtblock unterstützt wird. Auf der anderen Seite eine soziale Wirtschaft, unterstützt von den progressiven Sektoren", erklärt der Historiker Juan Paz y Miño in einer Analyse.

Die Herausforderungen, vor denen die neue Regierung stehen wird, sind auf jeden Fall gewaltig. Im letzten Jahr gingen 132.000 Arbeitsplätze verloren, die Energiekrise kostete nach Angaben der Industrie- und Handelskammern 7,5 Milliarden US-Dollar, und obwohl Noboas Regierung Fortschritte in der Sicherheit verkündet, wurden im letzten Januar über 700 Menschen ermordet ‒ nahezu eine Person pro Stunde.