Kolumbien: Konflikt um Wandgemälde und Wahrheit

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Eines der zahlreichen Wandgemälde, die in Kolumbien für Aufsehen sorgen
Eines der zahlreichen Wandgemälde, die in Kolumbien für Aufsehen sorgen

Medellín. In mehreren Teilen Kolumbiens, darunter Medellín, Bogotá und Calí, kommt es zu Auseinandersetzungen um Wandmalereien mit dem Schriftzug "Las cuchas tienen razón" (Die Mütter haben recht). Das erste Wandgemälde (Mural) dieser Art entstand im Norden von Medellín zwischen dem 11. und 12. Januar 2025 und wurde von Künstler:innenkollektiven geschaffen.

Ziel dieser Initiative war es, im Kontext der Verbrechen des bewaffneten Konflikts auf die Opfer der Operación Orion in der Comuna 13 in Medellín aufmerksam zu machen und Solidarität mit den Müttern der Ermordeten zu zeigen. In jenem Stadtteil führte das Militär 2002 im Zuge eines bewaffneten Einsatzes außergerichtliche Hinrichtungen und gewaltsame Verschleppungen durch.

Bürgermeister Federico Gutiérrez ließ die Botschaft kurz darauf entfernen. Dies nahmen viele der Bewohner:innen von Medellin als Akt der Zensur wahr und erneuerten das Mural. In ganz Kolumbien gingen Bürger:innen auf die Straße, um sich mit den Menschen in Medellín zu solidarisieren.

In Bogotá gestalteten diverse Künstler:innenkollektive am 17. Januar gemeinsam ein Mural, das ebenfalls verkündete "Las cuchas tienen razon". Nur zwei Nächte später wurde es mit schwarzer Farbe übermalt. Verantwortlich dafür war eine Gruppe von Anhängern der rechten Opposition, angeführt von Josías Fiesco, Aktivist und Mitglied der rechtskonservativen Partei Centro Democrático, der sich offen zu der Aktion bekannte. Fiesco nannte das Mural Propaganda für die Regierung von Präsident Gustavo Petro, die er als die "schlechteste Regierung der Geschichte" bezeichnete.

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Die Tat sorgte für breite Empörung in der Bevölkerung und wurde in politischen Kreisen scharf kritisiert. Personen aus dem Umfeld von Präsident Petro forderten die Stadtverwaltung von Bogotá auf, sich für den Schutz des Wandgemäldes einzusetzen. Mittlerweile wurde es von den Kollektiven wiederhergestellt.

Das Mural verbreitete sich daraufhin wie ein Lauffeuer in Kolumbien. In Barranquila, Neiva, Puerto Resistencia und Bucaramanga wurden eigene Murales mit der gleichen Botschaft geschaffen, in Calí gleich mehrere in verschiedenen Teilen der Stadt. In Popayán schufen die Bewohner:innen ein 50 Meter langes Mural. Es macht sowohl auf die Mütter der Opfer aus der Comuna 13 aufmerksam, als auch auf die mindestens 6.402 kolumbianischen Zivilist:innen, die von der Armee ermordet und als Guerillakämpfer:innen ausgegeben wurden.

Selbst im Ausland zeigen die Kolumbianer:innen ihre Solidarität. In New York organisierten sie eine Demonstration und sprachen sich mit Plakaten mit dem inzwischen berühmten Schriftzug gegen die Zensur und das Vergessen in Kolumbien aus.