Caracas/Washington. Die venezolanische Rohölproduktion ist im November zurückgegangen. Die Ölindustrie des Landes hat weiterhin mit den US-Sanktionen zu kämpfen.
Dem jüngsten Opec-Bericht zufolge lag die Produktion im vergangenen Monat bei 876.000 Barrel pro Tag (bpd), wie von sekundären Quellen gemessen. Diese Zahl lag 20.000 bpd unter den 896.000 bpd vom Oktober.
Die staatliche Ölgesellschaft PDVSA berichtete für November eine Produktion von 960.000 Barrel pro Tag, ebenfalls ein Rückgang gegenüber 989.000 Barrel pro Tag im Vormonat.
Die Erdölförderung und -veredelung wurde in den letzten Wochen durch eine Explosion und einen Brand in einem wichtigen Erdgaszentrum im Osten Venezuelas beeinträchtigt. Die Behörden machten Sabotage für den Vorfall verantwortlich und stellten den Betrieb schrittweise wieder her. Obwohl die Produktion weiterhin in der Nähe des höchsten Stands seit Anfang 2019 liegt, ist es PDVSA nicht gelungen, die Schwelle von einer Million bpd zu überschreiten.
Trotz der Produktionskürzung stiegen die Exporte im Vergleich zum Vormonat um zehn Prozent, da PDVSA auf bestehende Vorräte zurückgriff. Die gestiegenen Verkäufe an China und andere asiatische Kunden führten zu einer Exportmenge von 974.000 bpd, einem Fünfjahreshoch. Der Preis blieb mit 59,58 US-Dollar pro Barrel stabil.
Der wichtigste Wirtschaftszweig des Karibikstaates wird nach wie vor durch einseitige Zwangsmaßnahmen erheblich behindert. Seit 2017 hat das US-Finanzministerium Finanzsanktionen, ein Exportembargo, Sekundärsanktionen und eine Reihe weiterer Beschränkungen verhängt, um die größte Einnahmequelle des Landes zu strangulieren und einen Regime Change auszulösen.
Im Oktober 2023 erließ die Regierung von Joe Biden die General License 44 (GL44), eine sechsmonatige Ausnahmeregelung, die es Caracas ermöglichte, Rohöl direkt an globale Kunden zu verkaufen, ohne unzuverlässige Zwischenhändler oder Rabatte. Washington führte im April dieses Jahres erneut weitreichende Sanktionen ein, nachdem es der Regierung von Nicolás Maduro vorgeworfen hatte, eine Vereinbarung mit der von den USA unterstützten Opposition nicht eingehalten zu haben.
Die Zwangsmaßnahmen und die Androhung von Sekundärsanktionen haben die Bemühungen von PDVSA um ausländische Investitionen und Exporte behindert. Nach dem Auslaufen von GL44 warnte das US-Finanzministerium internationale Unternehmen davor, mit dem venezolanischen Ölsektor Geschäfte zu machen, ohne grünes Licht vom Office of Foreign Assets Control (Ofac) zu erhalten.
Das indische Unternehmen Reliance Industries war das einzige Unternehmen, das seit April die Genehmigung der USA für den Kauf von venezolanischem Rohöl erhielt. Andere private und öffentliche indische Unternehmen haben ähnliches Interesse bekundet, wobei Käufe über Zwischenhändler die Gewinnspannen erheblich schmälern, wie berichtet wird.
Während eines kürzlichen Besuchs in China versuchte Venezuelas Vizepräsidentin und Ölministerin Delcy Rodríguez Berichten zufolge, die China National Petroleum Corporation (CNPC) davon zu überzeugen, die Direktkäufe von Rohöl wieder aufzunehmen. Das Staatsunternehmen hatte die Importe 2019 aus Angst vor Sekundärsanktionen ausgesetzt und erwirbt venezolanisches Öl stattdessen über Zwischenhändler.
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In den letzten Wochen hat die Regierung von Joe Biden die Sanktionen erneut verschärft. Im November setzte das Ofac 21 hochrangige Regierungs- und Militärbeamte wegen ihrer Unterstützung für Maduro nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom 28. Juli auf die schwarze Liste.
Die Wahlbehörde des südamerikanischen Landes erklärte Maduro zum Sieger, der Oberste Gerichtshof bestätigte dies später. Die Opposition behauptet weiterhin, dass ihr Kandidat Edmundo González, der im September nach Spanien ins Exil ging, der Gewinner sei. Auch in linken und fortschrittlichen Kreisen wird der Sieg Maduros angezweifelt, solange der CNE die Wahlergebnisse nicht veröffentlicht hat, jedoch wird González nicht als Sieger anerkannt.
Im Gegensatz dazu hat sich Washington hinter die Opposition gestellt und deren Kandidaten als "gewählten Präsidenten" bezeichnet (amerika21 berichtete).
Außenminister Antony Blinken hat indes weitere Strafmaßnahmen angedroht, darunter den Entzug einer Lizenz, die es dem US-Ölkonzern Chevron erlaubt, in seinen venezolanischen Joint Ventures tätig zu sein. "Im Moment liegt alles auf dem Tisch, auch die Lizenzen", sagte er am Mittwoch bei einer Anhörung im Kongress.
Chevron hatte Ende 2022 eine Ausnahmegenehmigung zur Wiederaufnahme seiner Aktivitäten in Venezuela erhalten. Sie wurde in regelmäßigen Abständen verlängert. Die europäischen Unternehmen Repsol, Eni und Maurel & Prom haben ihre Projekte in Venezuela ebenfalls mit Genehmigung des US-Finanzministeriums erweitert.
Ein Entzug der Lizenzen könnte laut Ecoanalítica für Venezuela einen Rückgang der Deviseneinnahmen um 30-40 Prozent bedeuten.
Da Donald Trump im Januar zum zweiten Mal sein Amt antreten wird, spekulieren Analysten über seine Venezuela-Politik. Die Ernennung von Marco Rubio, einem der schärfsten Befürworter von Regime Change-Bemühungen, könnte eine Rückkehr zur "Politik des maximalen Drucks" der ersten Trump-Administration bedeuten.
Ölmanager, Anleihegläubiger und einige Think Tanks haben die neue Regierung jedoch dringend aufgefordert, ihre frühere Strategie nicht zu wiederholen. Dem Wall Street Journal zufolge sieht ein Vorschlag vor, dass die USA venezolanische Migranten abschieben und gleichzeitig PDVSA erlauben, seine Verkäufe an US-Raffinerien zu erhöhen.
Auch der Atlantic Council und das Jack D. Gordon Institute for Public Policy haben sich dafür ausgesprochen, dass das Weiße Haus die derzeitige Politik der Sanktionen und ausgewählter Ausnahmen beibehalten sollte, um den Einfluss der USA auf den venezolanischen Energiesektor zu erhöhen.
Brian Fonseca vom Gordon Institute stellte eine "America-first-Sanktionspolitik" vor, die aus weiteren Lizenzen für US-Unternehmen und erweiterten Sekundärsanktionen gegen andere ausländische Partner Venezuelas besteht. Das Strategiepapier empfiehlt außerdem, Sanktionen und Schuldendruck zu nutzen, um Privatisierungen zu erzwingen, die US-Unternehmen zugutekommen.