Linke Opposition gegen Regierung Maduro gründet Organisation in Venezuela

Sie kritisiert die "neoliberale" Regierung Maduros, lehnt aber die "proimperialistische" rechte Opposition und die US-Sanktionen ab

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Pressekonferenz über Gründung von Comunes. Sitzend von links nach rechts: Antonio González Plessmann, Thais Rodríguez, Eduardo Sánchez. (Screenshot)
Pressekonferenz über Gründung von Comunes. Sitzend von links nach rechts: Antonio González Plessmann, Thais Rodríguez, Eduardo Sánchez. (Screenshot)

Caracas. Mitglieder linker chavistischer Basisbewegungen haben die oppositionelle Organisation gegen die Regierung von Nicolás Maduro "Comunes" (Die einfachen Leute) gegründet. "Wir sind eine revolutionäre, autonome, volksnahe, antikapitalistische, antikoloniale, feministische, ökologische, patriotische und demokratische Kraft", heißt es im Gründungsmanifest.

Die Comunes üben scharfe Kritik an der Regierung Maduro, die sie als "neoliberal" und als "Betrug im Namen von Chávez" bezeichnen. Gleichzeitig lehnen sie die "rechte, proimperialistische" Opposition ab, unter anderem weil sie "Sanktionen und Invasionen" der USA fordere, so ihre politische Erklärung.

"Wir kommen nicht aus dem Nichts", sagte der Menschenrechtsaktivist Antonio González Plessmann auf der Pressekonferenz, auf der die Comunes ihr Gründungsmanifest vorstellten. Sie seien eine "linke Strömung", die sich aus Basisorganisationen, christlichen Basisgruppen in der Tradition der Befreiungstheologie, Gewerkschaften, Menschenrechtler:innen zusammensetze. Mit dabei seien auch Frauenkollektive, LGBTIQ-Aktivist:innen und Angehörige von inhaftierten jugendlichen Protestierenden, die sich für ihre Freilassung einsetzen.

In einer Zeit, in der große Teile der Bevölkerung mit der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Situation unzufrieden seien und "Angst, Wut und Frustration" verspürten, wolle Comunes für sie zu einer Machtalternative werden, so González. Die Comunes seien sich bewusst, dass dies ein langfristiger Prozess sei, in dem sie "Kräfte sammeln" müssten.

Sie wollen "schrittweise Volksmacht aufbauen". Ziel sei es, die Voraussetzungen für eine demokratische Ausübung der Politik in Venezuela zu schaffen, die sich an der unter dem damaligen Präsidenten Hugo Chávez verabschiedeten Verfassung von 1999 orientiere.

Für die nahe Zukunft sehen sie noch keine Chance, eine Partei zu werden, um beispielsweise an den nächsten Parlaments-, Regional- und Kommunalwahlen im Jahr 2025 teilzunehmen. Langfristig wollen sie sich jedoch zu einer Partei formieren.

Comunes erkennt den Sieg Maduros bei den letzten Präsidentschaftswahlen am 28. Juli nicht an. Dass die Wahlergebnisse nicht veröffentlicht wurden, wertet die linke Organisation als "Angriff auf die Souveränität des Volkes". Die Regierung werde ab dem 10. Januar, dem Tag des Amtsantritts Maduros als wiedergewählter Präsident, zu einer "De-facto-Regierung", so González. Ihre Macht stütze sich nicht auf breite Bevölkerungsschichten, sondern auf bestehende Institutionen, auf Wirtschaftsgremien und staatliche Organe mit Zwangsbefugnissen.

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Neben dem Verband der Handels- und Produktionskammern (Fedecámaras), der die alten Wirtschaftsinteressen vertrete, seien neue Wirtschaftsgruppen gute Verbündete der Regierung, so González weiter. Sie hätten durch Regierungsmaßnahmen Zugang zu billigen US-Dollars und Steuererleichterungen auf Importe. Dazu gehörten auch Unternehmen mit neuen Supermarktketten, mehrstöckigen Einkaufszentren, Industrielle und die Börse.

Comunes sieht in der Regierung Maduro keine linke Regierung. Sie habe in den vergangenen Jahren einen "neoliberalen" und "autoritären" Kurs eingeschlagen. In der Praxis setze sie alle zehn Punkte des Washington Consensus um, sagte González in einem Interview mit dem Online-Portal Punto de Corte.

Auf der Pressekonferenz warnte er aber auch "diejenigen, die darauf warten, dass am 10. Januar die US-Marines kommen", "diejenigen, die glauben, dass die Lösungen für die Venezolaner und Venezolanerinnen von den USA kommen werden" und "diejenigen, die auf einen 'schwarzen Schwan' aus dem Militär warten, der das Problem lösen kann". "All diese Sektoren, die auf eine exogene Lösung setzen, tragen zur Verschärfung des Problems bei", versicherte González.

Der Gewerkschafter Eduardo Sánchez, ebenfalls Sprecher von Comunes, betonte, dass die Organisation die US-Sanktionen rundweg ablehne: "Wir sind ganz klar antiimperialistisch". Es handele sich um einen "perversen Mechanismus", den Nordamerika zusammen mit "oppositionellen Landesverrätern" einführe, die selbst nicht unter den Folgen zu leiden hätten. Solche Maßnahmen träfen vor allem die ärmsten Teile der Gesellschaft.

Der rechten Opposition sei es gelungen, "aus dem Wunsch der Menschen nach Veränderung Kapital zu schlagen", so González weiter. Diese Opposition bedeute jedoch die Kontinuität einer Politik, die dem Volk schade und ihm Hunger bringe: Privatisierungen, Hingabe an das große nationale und ausländische Privatkapital, Zerstörung der Löhne und der sozialen Rechte. Sie tarne sich als demokratisch, wolle aber die Macht für dieselben alten Leute.

Zu den Vorschlägen und Forderungen, die Comunes auflistet, gehören die Umverteilung des Reichtums, progressive Steuern, die Überprüfung der Auslandsverschuldung sowie Maßnahmen, die korrupte Machtgruppen zwingen, die von ihnen gestohlenen öffentlichen Gelder zurückzuzahlen. Auch die Verteidigung und der Ausbau der Strom- und Wasserversorgung in öffentlicher Hand. Ebenso solide Bildungs- und Gesundheitssysteme. Sie fordern die Freilassung der Inhaftierten, die gegen die Regierung protestiert haben. Sie wollen an die Zentralmacht, aber auch selbstverwaltete Organisationen von Arbeiter:innen, Nachbar:innen, Indigenen und Kleinbäuer:innen.

Schließlich gehe es darum, "unsere bolivarische Verfassung zurückzuerobern", sagte die Aktivistin Thaís Rodríguez. "Wir lassen uns die Hoffnung nicht nehmen."