Gewalt in Ecuadors Gefängnissen eskaliert

Tote und verletzte Häftlinge. Kriminelle Banden kämpfen um Einfluss in den Gefängnissen. Mangelnde staatliche Kontrolle, Überbelegung und Unterfinanzierung verschärfen Situation

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Das Turi-Gefängnis in der ecuadorianischen Stadt Cuenca. Die Gewalt in den Gefängnissen korreliert mit dem Rest des Landes
Das Turi-Gefängnis in der ecuadorianischen Stadt Cuenca. Die Gewalt in den Gefängnissen korreliert mit dem Rest des Landes

Guayaquil. Bei einer Schießerei unter Inhaftierten in Ecuadors größtem Gefängnis, der Penitenciaría del Litoral in Guayaquil, sind in der vergangenen Woche mindestens ein Mensch getötet und sieben weitere verletzt worden.

Nur einen Tag zuvor waren im selben Zellenblock drei Handgranaten gezündet und 13 Personen verletzt worden. Pablo Dávila, der Leiter des Zellenblocks, hatte anschließend gesagt, dass die Situation "vollständig unter Kontrolle" sei.

Das Pentenciaría del Litoral mit 6.000 Gefangenen ist immer wieder Schauplatz von Morden und Gewalttaten. Erst Mitte November wurden bei einem Massaker 17 Häftlinge getötet und 15 weitere verletzt. Zwei Monate zuvor war die Gefängnisdirektorin María Icaza ermordet worden (amerika21 berichtete).

Ecuador hatte 2023 die höchste Mordrate in Lateinamerika. Die Gewalt in den Gefängnissen korreliert mit dem Rest des Landes. Mächtige kriminelle Organisationen haben sich gebildet. Sie machen ihren Einfluss auf der Straße, im boomenden Kokaingeschäft und in den Gefängnissen geltend, wo sie um Kontrolle und Macht kämpfen.

Sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gefängnisse kämpften die verschiedenen Gruppen um Vorherrschaft und Macht. Zwischenzeitlich gelang es der Bande Los Choneros unter ihrem Anführer Jorge Luis Zambrano González alias Rasquiña, den Löwenanteil der Gefängnisse unter ihre Kontrolle zu bringen. Doch als Rasquiña 2020 ermordet wurde, eskalierte die Situation. Allein in der Penitenciaría del Litoral kam es 2021 zu vier Massakern mit mindestens 214 Toten.

Im Herbst 2023 wurde Daniel Noboa Präsident des südamerikanischen Landes. Er regiert seitdem mit harter Hand. Noboa erhöhte die Präsenz der Sicherheitskräfte auf den Straßen massiv und stellte die Gefängnisse unter die Kontrolle des Militärs. Die Zahl der Morde im Land soll nach offiziellen Angaben im Jahr 2024 bei rund 5.700 liegen, 1.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Behörden werten dies als Erfolg der Politik Noboas.

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Human Rights Watch hingegen bezeichnet sie als "ineffektiv". Der sogenannte "Plan Phoenix" der Regierung habe sich nur auf die "Militarisierung des Konflikts" konzentriert, es aber nicht geschafft, die juristischen und technischen Ermittlungskapazitäten zu verbessern.

Einem Bericht der Online-Zeitung Primicias vom August zufolge soll die Zahl der Morde im Jahr 2024 zwar zurückgegangen sein, die Tendenz sei aber wieder steigend und in einigen Provinzen zwischen 22 und 153 Prozent gestiegen.

Die Präsenz des Militärs schwächt zwar etwas die Führung der kriminellen Banden, die oft in den Gefängnissen ihr Hauptquartier haben, aber die Situation in den Haftanstalten bleibt sehr angespannt.

Laut Amnesty International hat sich die Menschenrechtslage in Ecuador seit dem Amtsantritt von Noboa verschlechtert, insbesondere durch die Zunahme von außergerichtlichen Hinrichtungen und Folter. Die meisten dieser Fälle hätten sich in den Gefängnissen ereignet. Zudem fehle es den Häftlingen häufig an der Grundversorgung mit Wasser, Nahrung und Medikamenten.

Diesbezüglich hat das UN-Menschenrechtskomitee in diesem Jahr allein bis August 27 Warnungen an die ecuadorianische Staatsanwaltschaft übermittelt, im gesamten Vorjahr waren es nur sechs.

Auch das Massaker von Mitte November in der Pentenciaría del Litoral soll mit den schlechten Haftbedingungen zusammenhängen. Berichten zufolge eskalierte die angespannte Situation, als es zu Kämpfen um das wenige Essen kam, das nicht für alle Gefangenen ausreichte.