Caracas. Die venezolanischen Behörden haben am Sonntag den ehemaligen Ölminister Pedro Tellechea wegen Korruptionsvorwürfen und angeblicher Verbindungen zu den Geheimdiensten der Vereinigten Staaten verhaftet. Dies bestätigte am Montag Generalstaatsanwalt Tarek William Saab in einer Erklärung. Der ehemalige Ölminister sei zusammen mit seinen "engsten Mitarbeitern" wegen "schwerer Verbrechen, die die höchsten Interessen der Nation bedrohen", festgenommen worden.
Tellechea wird beschuldigt, das automatisierte Kontrollsystem der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA an "eine von US-Geheimdiensten kontrollierte Firma" übergeben zu haben, heißt es in der Erklärung.
Laut Presseberichten war seiner Festnahme eine Reihe von Verhaftungen von PDVSA-Mitarbeitern in den letzten Wochen vorausgegangen.
Der Ex-Minister wurde am Freitag von Präsident Nicolás Maduro aus seinem Amt als Industrieminister entlassen, wobei Tellechea behauptete, er sei aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Zum Nachfolger wurde Alex Saab ernannt, der ehemaligen Gesandte der Regierung, der nach einem Gefangenenaustausch mit den USA nach Venezuela zurückgekehrt war.
Tellechea war Anfang des Jahres im Rahmen einer Kabinettsumbildung als Ölminister abgesetzt und durch die Vizepräsidentin Delcy Rodríguez ersetzt worden.
"Bürokratie, Korruption und Verrat sind weitere Bedrohungen, die das Volk heimsuchen. Wir befinden uns in einem unermüdlichen Kampf gegen Korruption und Verrat, niemand darf müde werden", sagte Maduro am Montag, ohne Tellechea direkt zu nennen. Er werde in diesem Kampf nicht ruhen "ganz gleich, wen es trifft".
Tellechea war von Maduro für das Amt des Ölministers ausgewählt worden, nachdem eine Korruptionsuntersuchung Milliardenverluste durch nicht verfolgte Rohölverkäufe aufgedeckt und zum Rücktritt des damaligen Ölministers Tareck El Aissami geführt hatte. Nach monatelangen Spekulationen und der Inhaftierung seiner engen Mitarbeiter wurde El Aissami ebenfalls verhaftet und wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder, Einflussnahme, Geldwäsche und Verrat angeklagt.
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El Aissami wird unter anderem vorgeworfen, mit Personen in den USA zusammengearbeitet zu haben, um die venezolanische Wirtschaft weiter zu schädigen. Die Behörden haben keine aktuellen Informationen zu seinem Prozess vorgelegt.
Tellechea wurde zwar noch nicht formell angeklagt, sieht sich aber angesichts der Bedeutung der venezolanischen Ölindustrie ebenso schwerwiegenden Vorwürfen ausgesetzt. Saab wirft ihm vor, die "nationale Souveränität" Venezuelas verletzt zu haben, indem er das automatisierte Kontrollsystem von PDVSA, das als "Gehirn" des Unternehmens bezeichnet wird, an ein ungenanntes Unternehmen mit angeblichen Verbindungen zu US-Geheimdiensten weitergegeben habe.
Tellechea reiht sich in eine lange Liste ehemaliger Ölminister ein, die des Fehlverhaltens beschuldigt werden. Die Behörden haben ebenfalls die Festnahme und Auslieferung des langjährigen Ölministers Rafael Ramírez wegen mutmaßlicher Korruption beantragt. Italienische Gerichte haben ein entsprechendes Auslieferungsersuchen abgelehnt.
Eulogio del Pino und Nelson Martínez, die sich zwischen 2015 und 2017 im Amt abwechselten, wurden ebenfalls wegen Korruptionsvorwürfen inhaftiert. Letzterer verstarb 2018 in der Haft.
Tellechea leitete die PDVSA und führte strengere Verkaufsmechanismen ein, um zu verhindern, dass Rohölladungen ohne Bezahlung abtransportiert werden. Er bemühte sich auch um Joint Ventures mit ausländischen Ölproduzenten, um die Produktion anzukurbeln. Die venezolanische Ölindustrie wurde durch die einseitigen Zwangsmaßnahmen der USA stark beeinträchtigt. Sie zielen darauf ab, die Fähigkeit des Staates zur Förderung und Vermarktung von Öl auf den internationalen Märkten zu bestrafen, und sind Teil der umfassenden Bemühungen, Maduro von der Macht zu verdrängen.
Unter den strengen US-Sanktionen wandte sich der Karibikstaat an unzuverlässige Zwischenhändler, um sein Rohöl mit großen Preisnachlässen auf den asiatischen Märkten abzusetzen. Das unorthodoxe System führte zu zahlreichen Zahlungsverzögerungen und machte das Land anfälliger für Korruptionsfälle, die von Beamten angeführt wurden.
Tellechea war zuvor Leiter des staatlichen venezolanischen Petrochemieunternehmens Pequiven, der Muttergesellschaft des Agrochemieunternehmens Monómeros. Monómeros, das als zweitwichtigster ausländischer Vermögenswert Venezuelas gilt, geriet im Mai 2019 unter die Kontrolle der Hardliner der venezolanischen Opposition, bevor es schließlich nach der Amtseinführung von Gustavo Petro als Präsident in Kolumbien an Venezuela zurückgegeben wurde.