Verschmutzte Flüsse und Wasserraub: Konflikte durch Ölpalmanbau in Lateinamerika

Datenbank dokumentiert Beschwerden über Zerstörung der Umwelt, Verlust von Tropenwäldern und die Beeinträchtigung von Wasserressourcen

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Pestizideinsatz auf einer Palmölplantage in Ecuador
Pestizideinsatz auf einer Palmölplantage in Ecuador

Menlo Park, USA. Eine Datenbank des US-amerikanischen Webportals für Naturschutznachrichten Mongabay Lateinamerika und der Journalistenallianz "Tras las huellas de palma" (Auf den Spuren der Ölpalme) dokumentiert die wachsenden Beschwerden über Umweltzerstörung und die Beeinträchtigung von Wasserressourcen durch den Anbau von Ölpalmen.

Demnach wurden zwischen 2010 und 2021 mindestens 298 juristische Verfahren aufgrund verschiedener Umweltbeschwerden gegen Palmölunternehmen und -produzenten in Kolumbien, Ecuador, Brasilien, Guatemala und Honduras und Costa Rica eingeleitet. Die Informationen wurden seit Anfang 2021 aus den Antworten der Umweltbehörden der Länder auf über 200 Auskunftsersuchen gewonnen.

Palmöl, das in Alltagsprodukten wie Nahrungsmitteln, Kosmetik und Reinigungsmitteln enthalten ist, sorgt weltweit für Kontroversen. Kolumbien ist der größte Palmölproduzent Lateinamerikas und belegt weltweit den vierten Platz. Guatemala rangiert auf Platz sechs, gefolgt von Honduras (neun), Brasilien (zehn) und Ecuador (zwölf).

Das Öl wird oft als umweltfreundlich beworben, da es einen höheren Ertrag pro Hektar als andere Pflanzenöle liefert. Der großflächige Anbau von Ölpalmen verursache jedoch gravierende ökologische und soziale Schäden, was bei der betroffenen ländlichen Bevölkerung zunehmend für Unmut sorgt. Die Abholzung und der Pestizideinsatz in den Plantagen zerstören die Biodiversität der Tropenwälder und beeinträchtigen den globalen Kohlenstoffkreislauf.

Kolumbien führt die Liste mit der höchsten Anzahl an aufgelaufenen Verfahren gegen Palmölunternehmen an, insgesamt 176.

Bei den Recherchen wurden nur 59 Sanktionsverfahren festgestellt: 32 in Kolumbien, 25 in Guatemala, zwei in Ecuador, aber – trotz zahlreicher Beschwerden – keines in Honduras. Von allen Fällen endeten nur sechs mit einer Geldstrafe gegen die Täter, in drei Fällen wurden Wiedergutmachungsmaßnahmen für die Umwelt und in zwei Fällen Anträge zur Verbesserung der Produktionstätigkeit gestellt. In fünf Fällen machten die Behörden keine Angaben zu den verhängten Sanktionen, und in 46 Fällen war es unmöglich, den Stand des Verfahrens zu ermitteln.

Die Regierungen handelten oft zugunsten der Unternehmen oder unzureichend, so das Bündnis. Die Durchsetzung von Umweltgesetzen sei mangelhaft.

Der Einsatz hochgiftiger Pestizide verursacht demnach in den Anbaugebieten erhebliche Schäden an der Biodiversität und die Wasserverschmutzung beeinträchtigt zunehmend die Lebensgrundlagen ländlicher Gemeinden. In einigen Fällen klagten Bewohner:innen, dass das Wasser unbrauchbar ist, und sie sich beim Kontakt Wunden oder Hautkrankheiten zuziehen.

Die Unternehmen betreiben laut Studie in vielen betroffenen Regionen auch Wasserraub. In Kolumbien entzieht die Palmölindustrie dem Bewässerungssystem Wasser, das auch für andere Kulturen wie Reis benötigt wird. Die umliegenden Gemeinden haben kaum noch Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Der Ölpalm-Anbau in Monokultur sei besonders problematisch, da diese Pflanzen einen hohen Wasserbedarf haben. Deshalb steht in Dürreperioden noch weniger Wasser für die lokale Bevölkerung und ihren Anbau von Grundnahrungsmitteln zur Verfügung.

In einigen lateinamerikanischen Ländern hätten sich die Plantagenbetreiber zudem illegal Land von der einheimischen Bevölkerung angeeignet.

Der Palmöl-Report 2024 "Im Schatten der Ölpalme" der Christlichen Initiative Romero (CIR) untersucht die Lieferketten aus Mittelamerika und enthüllt, dass mehr als 20 deutsche Unternehmen Palmöl von zwei guatemaltekischen Produzenten beziehen, die nachweislich für Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung verantwortlich seien. Darunter Aldi, Lidl, Netto, Metro und BASF.

Augenzeug:innen und indigene Gemeinden in Guatemala werfen den Palmöl-Produzenten NaturAceites und Industria Chiquibul Landraub, Wasserverschmutzung, Einschüchterung und Arbeitsrechtsverletzungen vor.

In Honduras steht der Palmöl-Produzent Dinant in der Kritik, dem ebenfalls Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Auch hier reichen die Lieferketten bis in deutsche Supermarktregale. Die Menschen dort seien gezwungen, verschmutztes Wasser zu verwenden, was zu Gesundheitsproblemen führe.

Forscher:innen drängen auf strengere Umweltvorschriften und Kontrollen der Pestizidverwendung für Oberflächengewässer in tropischen Regionen. Sie betonen auch die Notwendigkeit unabhängiger Studien, um die Verantwortlichen der Palmölindustrie für die Kontamination und ihre langfristigen Auswirkungen auf Wasserqualität und Ökosysteme zu ermitteln.

Die Journalistenallianz und Nichtregierungsorganisationen fordern, dass die Regierungen ihre Verantwortung für das Gemeinwohl und die Interessen der betroffenen Bevölkerung stärker berücksichtigen und mit Sanktionen gegen die Palmölindustrie vorgehen.

Der CIR-Report warnt zudem vor der Zertifizierung mit dem Siegel des Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO): Es könne nicht dafür garantieren, dass entlang der Lieferkette stets die Menschenrechte geachtet und alle Umweltschäden vermieden würden.

Die globale Nachfrage nach Palmöl nimmt indes weiter zu. Die weltweite Produktion wird laut US-Agrarministerium von etwa 79,5 Millionen Tonnen (2023) auf voraussichtlich 80,2 Millionen (2024) Tonnen ansteigen.