Lima. Ein peruanisches Gericht hat im sogenannten Fall Manta und Vilca zehn der 13 angeklagten Soldaten schuldig gesprochen. Die Männer wurden wegen mehrfacher Vergewaltigung von neun indigenen Kleinbäuerinnen zur Zeit des internen bewaffneten Konflikts zwischen 1980 und 1995 zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
Sechs der überlebenden Frauen waren zum Prozess nach Lima gereist. Das Urteil wurde in Abwesenheit der sich im Ruhestand befindenden Täter verlesen.
Der Fall Manta und Vilca ist nach zwei Andenstädten in der Region Huancavelica benannt. Dort hatte das Militär im Kampf gegen die kommunistische Guerillagruppe Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) 1984 einen Stützpunkt errichtet. Huancavelica ist eine der fünf Regionen, in der die meisten Delikte von sexualisierter Gewalt im Rahmen des Krieges begangen wurden.
Von den neun Quechua-sprachigen Frauen, die zur Tatzeit teilweise minderjährig waren, mussten fünf Zwangsschwangerschaften austragen.
Den Soldaten wird der Einsatz von systematischer Vergewaltigung als Kriegswaffe vorgeworfen. Laut Zeugenaussagen agierten sie völlig ungestraft. Die Kommission für Wahrheit und Versöhnung hatte die Allgegenwärtigkeit der sexualisierten Gewalt gegen Frauen aus der Region rund um den Militärstützpunkt in einem Bericht von 2003 festgehalten. Daraus geht unter anderem hervor, dass mehr als 5.300 Frauen damals Opfer geworden sind.
Menschen in ländlichen Gebieten gerieten während des bewaffneten Konflikts häufig ins Fadenkreuz der Guerilla. Sie wurden teilweise gezwungen, für die bewaffneten Kämpfer:innen des Leuchtenden Pfads Verpflegung oder Ähnliches zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wurden sie dafür von staatlicher Seite angegriffen, da man ihnen Kooperation mit der bewaffneten Organisation vorwarf.
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Der Prozess gegen die ehemaligen Soldaten begann bereits im Juli 2016 (amerika21 berichtete). Laut der peruanischen Frauenrechtsorganisation Demus war die Verhandlung auf Grund von Parteilichkeit einiger Richter 2019 zeitweise unterbrochen worden.
Sexualisierte Gewalt sei keine legitime Einschüchterungsmethode, erklärte das Tribunal vergangene Woche.
Es ist das erste Gerichtsurteil, das Militärs für Sexualverbrechen während des bewaffneten Konflikts in Peru für schuldig befindet. Dabei sollen Polizisten und Soldaten für insgesamt 83 Prozent der begangenen Sexualdelikte im Kampf gegen den Leuchtenden Pfad verantwortlich sein. Das Urteil wird von einigen Frauenrechtsorganisationen als historisch gewertet.
Einige der Überlebenden erachten das Strafmaß von zwischen sechs und zwölf Jahren und Entschädigungszahlungen von 100.000 Soles (etwa 24.000 Euro) als zu milde. Cynthia Silva, Anwältin und Direktorin von Demus, erwartet, dass die Staatsanwaltschaft in Berufung gehen wird, um ein höheres Strafmaß zu erwirken. Das jetzt verhängte Strafmaß reflektiere mitnichten den Schaden, den die Taten im Leben der Frauen angerichtet hätten, so Silva.
Die Hoffnung von Menschenrechtsorganisationen, dass der Prozess der Beginn einer juristischen Aufarbeitung der während des Konflikts begangenen Straftaten sein könnte, wird derzeit durch eine Gesetzesinitiative über Straffreiheit für Handlungen des Militärs vor 2002 gedämpft (amerika21 berichtete). Das von der Regierung unter Präsidentin Dina Boluarte geplante Gesetz würde dazu führen, dass Kriegsverbrechen aus der Zeit des internen bewaffneten Konflikts als verjährt gelten.

