Venedig. Boliviens Ausstellung im russischen Pavillon auf der 60. Kunstbiennale von Venedig ist am Freitag von der Ministerin für Kultur, Dekolonialisierung und Depatriarchalisierung, Esperanza Guevera, eröffnet worden.
Russland stellt seinen Pavillon Bolivien kostenlos zur Verfügung und nimmt zum zweiten Mal selbst nicht an der Kunstausstellung teil.
Der 1907 errichtete Bau ist einer von 29 ausländischen Pavillons im traditionellen zentralen Ausstellungsort Giardini.
Die diesjährige Biennale steht unter dem Motto "Foreigners Everywhere". Darauf bezugnehmend sagte Guevara bei der Eröffnung: "Dies ermöglicht es uns, uns mit dem Wissen und der Weisheit unserer Vorfahren, mit unseren alten Kulturen, die lange Zeit in unserem Land und auch in Europa an den Rand gedrängt wurden, zuhause zu fühlen."
Boliviens Ausstellung stelle "die Hierarchien in Frage, die unumstößlich zu sein schienen, und ermöglicht, dass unsere Stimme nun neben den Ländern gehört wird, die schon immer auf dieser Bühne vertreten waren", betonte Guevera.
Der Titel "In die Vergangenheit blickend, schreiten wir vorwärts", basiert auf einem Sprichwort der indigenen Aymara und schlage vor, "über die Bedeutsamkeit der Kosmovision unserer ursprünglichen Völker nachzudenken, denn die Erinnerung ermöglicht es uns, die Zukunft zu gestalten", heißt es seitens des Kulturministeriums.
Dieser Gedanke wird in der Beschreibung der Ausstellung weitergeführt: "Die vom Kolonialismus zerrüttete Welt kann sich selbst korrigieren, wenn sie die Geschichte versteht und ihre Lehren weise nutzt." Sie bringt Kunst aus ganz Lateinamerika zusammen, insgesamt nehmen 25 Künstlerinnen und Künstler teil. Aus Bolivien sind unter anderem Werke von Elvira Espejo Ayca, Lorgio Vaca und Inés Fontenla zu sehen.
"Wir sind stolz, weil wir hier sind mit unseren Kulturen und Kosmovisionen, mit unseren Ponchos und Polleras, mit unseren Garnen und Webarbeiten, mit unseren Panflöten, die mit ihren Bläsern die Erinnerung an ein Volk tragen, das nie aufhört zu kämpfen", sagte Guevara in ihrer Rede und stellt die Ausstellung in Zusammenhang mit der anstehenden Zweihundertjahrfeier Boliviens im nächsten Jahr. Sie dankte auch Russland für die Bereitstellung des Pavillons.
Von deutschen Medien kommt indes Kritik an der Teilnahme Boliviens im Gebäude der Russischen Föderation. So schreibt etwa die taz, "postkolonialer Kitsch werde für Propaganda genutzt" und vermutet einen "Russland Biennale-Lithium-Deal".
Die Faz kommentiert: "Geologen fiele vielleicht noch ein weiterer triftiger Grund für die überraschende Pavillon-Leihe an ein künstlerisch bislang nicht übermäßig hervorgetretenes Land ein: Bolivien besitzt mit geschätzten 23 Millionen Tonnen mit Abstand das meiste Lithium weltweit". Russland und China hätten vergangenes Jahr in La Paz um Lieferverträge der kostbaren Metalls "gebuhlt" und Putin habe den Zuschlag bekommen.
Bolivien hat sowohl mit einem russischen als auch mit einem chinesischen Unternehmen Verträge zur Lithiumförderung geschlossen.
Bereits im Januar 2023 hatten das bolivianische Staatsunternehmen YLB und das chinesische Konsortium CATL, BRUNP & CMOC ein Abkommen zur Förderung von Lithium vereinbart, ein weiteres kam im Januar dieses Jahres hinzu. Im Dezember 2023 unterzeichneten YLB und die russische Firma Uranium One Group einen Vertrag über den Bau einer Industrieanlage mit der neuen Technik zur "direkten Lithiumextraktion".