Wasserkrise in Uruguay: Hauptstadt Montevideo ohne Trinkwasserreserven

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"Salzwasser für das Volk - Süße Gewinne für das Kapital": Es gab zur Wasserkrise bereits Demonstrationen in Montevideo
"Salzwasser für das Volk - Süße Gewinne für das Kapital": Es gab zur Wasserkrise bereits Demonstrationen in Montevideo

Montevideo. Bereits seit zwei Jahren ist in Uruguay der notorische Mangel an Niederschlägen nicht mehr zu übersehen.

Der Fluss Santa Lucía, der Montevideos Süßwasser liefert, wurde seit vielen Jahren nicht gepflegt. Experten hatten schon seit langem davor gewarnt, dass das versandete Flussbett und die vor der Agrochemie ungeschützten Randzonen eine schwere Versorgungskrise auslösen könnten – bis es soweit war: aufgrund der ausbleibenden Regenfälle im südamerikanischen Subkontinent in diesem Sommer und Herbst fiel auch der Wasserpegel der Flüsse in Uruguay, und große Mengen Meerwasser drangen in die Mündungen im Flussdelta des Rio de la Plata ein. So wurde auch die Wasserader der Hauptstadt mit einem hohen Salzgehalt verunreinigt.

Auf die Warnungen von Wissenschaftlern gab es keine Reaktion seitens der Regierung von Präsident Luis Lacalle Pou, aber auch keine Mobilisierung seitens der Bevölkerung. Erst als im Mai die Katastrophe nicht mehr zu verbergen war, drangen die ersten Nachrichten ins öffentliche Bewusstsein: Das Wasser habe mit 400 Milligramm (mg) pro Liter einen Salzgehalt, der weit über der Norm der Weltgesundheitsorganisation von 200 Milligramm liegt. Im ärmsten Teil von Montevideo (Cerro) beträgt er sogar 800 mg.

Es hat im Monat Mai zweimal kurze Regenfälle gegeben.

Die Menschen sind gezwungen, abgefülltes Trinkwasser zu kaufen. Dies ist für eine mehrköpfige Familie ein enormer Kostenfaktor.

Beim Regierungswechsel vor drei Jahren hat der scheidende und inzwischen verstorbene Präsident der Frente Amplio, Tabaré Vázquez, dem neuen Amtsinhaber der rechten Regierungskoalition Lacalle Pou, eine Mappe mit einem fertigen Projekt übergeben. Die geplante Anlage zur Trinkwasserversorgung hatte alle Genehmigungsphasen bis hin zur Finanzierung durchlaufen und hätte damals sofort gebaut werden müssen – heute würde sie kurz vor der Fertigstellung stehen.

Doch Lacalle Pou gab einem anderen Standort den Vorrang, ohne das Projekt rechtzeitig zu konkretisieren. Er befindet sich an einer der am meisten verseuchten Stellen des Río de la Plata. Dort fließen die chemischen Abwässer zweier Celulose-Fabriken vorbei. Am gegenüberliegenden Ufer ergießen sich die Abwässer der Millionenstadt Buenos Aires in den Fluss.

Umweltminister Robert Bouvier äußerte auf einer Pressekonferenz, dass "das Wasser nicht trinkbar im Sinne der perfekten Trinkwasserqualität ist", und weiter: "Doch wir sagen, man kann es trinken. Wenn wir auf offensichtlich technische Punkte und andere Merkmale eingehen, ist das Wasser nicht trinkbar."

Nun hat sich die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eingeschaltet und fordert von der Regierung, die Menschenrechte der Bevölkerung zu respektieren. Amnesty schrieb in einem Tweet "Wir fordern den uruguayischen Staat auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht auf Zugang zu Trinkwasser zu gewährleisten und Transparenz bei der Bewältigung der Wasserkrise aufrechtzuerhalten".

Und fügte hinzu: "Als Vertragsstaat des Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verpflichtet sich der uruguayische Staat, den Zugang zu Wasser als universelles Menschenrecht zu gewährleisten". Zudem sei "der Zugang zu Wasser ein übergreifendes Recht". Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung habe unmittelbare Auswirkungen auf andere Menschenrechte, so das Recht auf Gesundheit, Nahrung, Bildung und menschenwürdige Arbeit.

Zur Zeit wird kurzfristig eine Staumauer im Río Santa Lucía gebaut, ein Provisorium, um bei Regen größere Wassermengen zurückzuhalten.