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US-Demokraten fordern Biden auf, Sanktionen gegen Venezuela und Kuba aufzuheben

Mitglieder des Repräsentantenhauses fordern ein Ende "der grausamen und kontraproduktiven Politik der USA", die ein Push-Faktor für Migrationswellen sei

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Polizei und Militär in Guatemala stoppen venezolanische Migranten, die über Mexiko in die USA gelangen wollen (Oktober 2022)
Polizei und Militär in Guatemala stoppen venezolanische Migranten, die über Mexiko in die USA gelangen wollen (Oktober 2022)

Washington. Eine Gruppe von 21 US-Kongressabgeordneten der Demokratischen Partei hat Präsident Joe Biden aufgefordert, die Sanktionen gegen Kuba und Venezuela aufzuheben, um die zunehmende Migration an die Grenzen der USA zu stoppen.

"Angesichts der schweren humanitären Folgen [der Sanktionen] für die Menschen in diesen Ländern und der erheblichen logistischen Herausforderungen, welche die daraus resultierende Zunahme der Migration für die Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene mit sich bringt, bitten wir Sie dringend, die gescheiterten und willkürlichen Wirtschaftssanktionen aufzuheben, die von der Vorgängerregierung verhängt wurden", heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief.

Die Vertreter der Grenzstaaten Arizona, Kalifornien, New Mexico und Texas betonten, dass die Migrationszahlen ein Niveau wie seit mindestens 20 Jahren nicht mehr erreicht haben. Mit dem Auslaufen von Title 42 sei ein drastischer Anstieg der Ankünfte von Migranten und Asylbewerbern aus Kuba und Venezuela zu erwarten.

Diese Anordnung "zum Schutz der öffentlichen Gesundheit" erlaubte es den Behörden während der Corona-Pandemie, Migranten an den Landgrenzen der USA abzuweisen und in ihre Heimatländer oder nach Mexiko zurückzuschicken. Nach Angaben der US-Zoll- und Grenzkontrollbehörde betraf dies seit Anfang 2020 über 2,8 Millionen Migranten.

Trotz des Auslaufens von Title 42 am 11. Mai haben die mexikanischen Behörden angekündigt, dass sie weiterhin Migranten aus Haiti, Kuba, Nicaragua und Venezuela aufnehmen werden, die an der Grenze abgewiesen werden. Washington plant seinerseits, die Abschiebungen zu verstärken, wird aber das in diesem Jahr geschaffene "Bewilligungsprogramm" verlängern, um "berechtigten" Migranten die legale Einreise zu ermöglichen.

Am Mittwoch warnte US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas Migranten vor der Einreise in die USA und erklärte, es werde "härtere Konsequenzen für Leute geben, die illegal herüberkommen".

In ihrem Schreiben argumentierten die Abgeordneten, dass das befristete Bewilligungsprogramm das Migrationsproblem nicht angehe und forderten die US-Behörden auf, "Mitgefühl mit Migranten" zu zeigen und die Asylverpflichtungen einzuhalten. Sie wiesen darauf hin, dass im Jahr 2022 rund 189.000 Venezolaner die US-Grenzen überquert haben, im Jahr 2020 wurden nur rund 4.500 registriert. In diesem Jahr hätten bereits 55.000 Venezolaner den "Darien Gap" ‒ eine Region an der Grenze zwischen den USA und Südamerika auf dem Gebiet von Panama und Kolumbien ‒ auf ihrem Weg nach Norden durchquert.

"Migranten verlassen weiterhin ihre Heimatländer aufgrund von Instabilität und großer wirtschaftlicher Unsicherheit", betonten die Unterzeichner. Sie forderten Biden auf, "sich auf die eigentlichen Ursachen" der Krisen in Kuba und Venezuela zu konzentrieren "und die grausame und kontraproduktive Politik der USA rückgängig zu machen", die ein Push-Faktor für die Migrationswellen sei.

Darüber hinaus erklärten sie, dass es neben der Verhinderung eines Anstiegs der Grenzübertritte auch "starke moralische Gründe" für die Abschaffung von Zwangsmaßnahmen gebe. Sie erinnerten daran, dass Kuba und Venezuela "weit verbreitetes Leid" erfahren haben, nachdem der ehemalige Präsident Donald Trump die Sanktionen gegen beide Länder verschärft hatte, was zu wirtschaftlichen Notlagen führte.

Im Falle Venezuelas hätten die Maßnahmen zu Problemen beim Zugang zu Lebensmitteln, grundlegenden Dienstleistungen und zur Gesundheitsversorgung geführt und "letztlich zu Zehntausenden von Todesfällen beigetragen".

"Sie [Präsident Biden] haben eine historische Chance, dabei zu helfen, die wirtschaftlichen Push-Faktoren, die die Migration antreiben, abzuschwächen [...] und gleichzeitig die US-Politik in der Hemisphäre auf einen umfassenderen Ansatz hin neu auszurichten, der auf die destruktive Sanktionspolitik verzichtet", heißt es abschließend.

Der Brief geht auf eine Initiative der Abgeordneten Veronica Escobar (Texas) und Raul Grijalva (Arizona) zurück. Zu den unterstützenden Organisationen gehören das Center for Economic and Policy Research, das Center for International Policy, der Demand Progress Education Fund, Just Foreign Policy, Families for Freedom und das National Immigrant Justice Center.

Seit 2021 haben Mitglieder der Demokratischen Partei des US-Kongresses drei ähnliche Schreiben verfasst, zuletzt im Januar der Vorsitzende des Ausschusses für Geschäftsordnung des Repräsentantenhauses, Jim McGovern, mit der dringenden Bitte um eine Lockerung der Sanktionen gegen Venezuela. Die Regierung Biden hat sie alle unbeantwortet gelassen.

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit 2015 7,1 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner ausgewandert, da sich das Land aufgrund weitreichender US-Sanktionen in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befindet. Die Trump-Regierung verhängte 2017 Finanzsanktionen gegen die staatliche Ölgesellschaft PDVSA und 2019 ein umfassendes Ölembargo, wodurch die Haupteinnahmequelle des Landes abgeschnitten wurde.

Neben der Ölindustrie haben diese Maßnahmen praktisch alle Bereiche der venezolanischen Wirtschaft getroffen, einschließlich Bergbau, Banken und internationaler Handel. Biden hat alle Sanktionen aufrechterhalten, mit der einzigen Ausnahme der Lizenzen, die Chevron, Eni und Repsol als Ausgleich für die Schulden von Caracas für die Förderung von venezolanischem Öl erteilt wurden.

Seit Jahren verurteilen multilaterale Organisationen und Menschenrechtsexperten die Sanktionen gegen Venezuela wegen ihrer humanitären Folgen, darunter eine Ernährungs- und Gesundheitskrise, und bezeichnen sie als "kollektive Bestrafung".