Peru / Politik

Dina Boluarte übernimmt Präsidentschaft in Peru

Kongress setzt Pedro Castillo ab. Ex-Präsident wegen Verbrechen gegen die Staatsgewalten und Verfassungsbruch verhaftet. Vizepräsidentin Boluarte wird erstes weibliches Staatsoberhaupt

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Die katholische Obrigkeit in Peru gab ihren Segen: Perus neue Präsidentin traf gestern früh den Erzbischof von Lima, Carlos Castillo
Die katholische Obrigkeit in Peru gab ihren Segen: Perus neue Präsidentin traf gestern früh den Erzbischof von Lima, Carlos Castillo

Lima. Vizepräsidentin Dina Boluarte hat nach der Annahme des dritten Amtsenthebungsverfahrens gegen Pedro Castillo die Präsidentschaft in Peru übernommen.

Der Kongress hatte ihn am Mittwoch wegen "moralischer Unfähigkeit" abgesetzt und damit die Entscheidung des Präsidenten ignoriert, das Parlament aufzulösen.

Castillo hatte zuvor angekündigt, der Kongress der Republik werde vorübergehend aufgelöst, neue Parlamentswahlen durchgeführt und das Justizsystem neu organisiert, um die politische Krise im Land zu beheben und die Regierbarkeit wiederherzustellen.

Sein Vorhaben scheiterte, da die Chefs der Streitkräfte und der Polizei sowie der Oberste Gerichtshof ihre Unterstützung verweigerten. Auch die Premierministerin, der Außenminister sowie die Minister für Justiz, Wirtschaft, Arbeit, Außenhandel, Umwelt und Frauenangelegenheiten trugen die Maßnahme nicht mit und traten von ihren Ämtern zurück. Castillos Vizepräsidentin Boluarte erklärte, sie lehne seine Entscheidung ab, denn es handle sich um einen "Staatsstreich, der die politische und institutionelle Krise verschärft".

Vor Beginn der entscheidenden Plenarsitzung des Kongresses sagte Parlamentpräsident José Williams, dass Castillo einen "offenen und eklatanten Verstoß gegen die Verfassung" begangen habe. "Niemand schuldet einer usurpatorischen Regierung Gehorsam", so Williams.

Die Absetzung Castillos wurde mit 101 Ja-, sechs Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen beschlossen. Williams kündigte anschließend an, dass die Präsidentschaft der Republik gemäß Verfassung von Vizepräsidentin Boluarte übernommen wird.

Castillo verließ daraufhin den Regierungspalast und wollte mit seiner Familie zur mexikanischen Botschaft fahren, um damit diese dort politisches Asyl erhalte. Er wurde jedoch noch vorher festgenommen. Über ihren Twitter-Account gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie ein Verfahren gegen den ehemaligen Präsidenten wegen "mutmaßlicher Begehung von Verbrechen gegen die Staatsgewalten und die verfassungsmäßige Ordnung" eingeleitet hat.

Begleitet wurde Castillo bei der Eröffnung des Haftbefehls von seinem Freund und prominenten Anwalt, dem ehemaligen Premierminister Aníbal Torres, der seine Verteidigung übernahm, nachdem seine bisherigen Anwälte ihr Mandat niedergelegt hatten, da sie mit der Auflösung des Kongresses nicht einverstanden waren.

Boluarte wurde am Mittwoch vor dem Plenum des Kongresses vereidigt. In ihrer ersten Rede erklärte sie: "Ich übernehme das Amt in Übereinstimmung mit der peruanischen Verfassung, von diesem Moment an bis zum 26. Juli 2026", wenn die reguläre Amtszeit von Castillo enden sollte.

Nach der Vereidigung kam es in mehreren Städten zu Protesten und zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern des abgesetzten Präsidenten. Einige riefen zu allgemeinen Neuwahlen auf, während Castillos Anhänger Boluarte als Lügnerin und Verräterin bezeichneten und ihren Rücktritt forderten. Vor etwa einem Jahr kündigte die damalige Vizepräsidentin noch an, dass sie Castillo im Falle seiner Amtsenthebung begleiten würde. Verschiedene peruanische Medien spekulieren, dass ihr Amtsantritt das Ergebnis eines Paktes mit der Opposition sein könnte.

In einer gestern abgehaltenen Pressekonferenz sagte Boluarte, sie "respektiere die Stimmen", die vorgezogene Neuwahlen forderten, aber dass "später Alternativen in Betracht gezogen“ würden, um "die Richtung des Landes besser neu zu bestimmen".

Angesichts der aktuellen Ereignisse in Peru riefen die Regierungen mehrerer lateinamerikanischer Länder und der USA zur Achtung des institutionellen Rahmens und der Menschenrechte auf und forderten einen Dialog zwischen den verschiedenen politischen Akteuren des Landes.