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Bolivien startet Industrialisierung des Lithiums in Kooperation mit chinesischem Konsortium

Bolivianisches Staatsunternehmen kontrolliert gesamte Produktionskette. Firmen aus China dominieren Lithium-Investitionen in Lateinamerika

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Bolivien rechnet ab 2025 mit Einnahmen von bis zu fünf Milliarden US-Dollar pro Jahr aus dem Export von industrialisiertem Lithium
Bolivien rechnet ab 2025 mit Einnahmen von bis zu fünf Milliarden US-Dollar pro Jahr aus dem Export von industrialisiertem Lithium

La Paz. Bolivien hat mit dem chinesischen Konsortium CBC die Entwicklung von zwei Industriekomplexen zur Gewinnung von Lithium vereinbart.

Bei der Unterzeichnung des Abkommens erklärte Präsident Luis Arce, dies sei "ein historischer Tag", denn nun beginne "die Ära der Industrialisierung des bolivianischen Lithiums". Es habe Jahrzehnte gedauert, bis Bolivien sicher gewesen sei, dass das Land "auf dem richtigen Weg ist, um eine seiner wertvollsten natürlichen Ressourcen zu nutzen".

In der Zusammenarbeit mit CBC werde "das soziale und produktive gemeinschaftliche Wirtschaftsmodells umgesetzt, dessen Ziel es ist, unsere natürlichen Ressourcen zum Wohl der Bolivianerinnen und Bolivianer zu nutzen". Dies beinhalte, dass Unternehmen, die in Bolivien tätig werden wollten, "unser Geschäftsmodell respektieren, bei dem der Staat der wichtigste Akteur ist", sagte der Präsident weiter.

Die Vereinbarung zwischen dem Staatsunternehmen Yacimientos de Litio Bolivianos (YLB) und CBC sieht Investitionen in Höhe von einer Milliarde US-Dollar in die Infrastruktur vor, unter anderem in Straßen und Elektrizität. YLB werde sich aktiv an der gesamten Produktionskette beteiligen und sie kontrollieren, von der Lithiumgewinnung bis hin zur Vermarktung der Nebenprodukte. Die Batterien sollen ab dem ersten Quartal 2025 exportiert werden, führte Arce weiter aus.

CBC wird zwei Anlagen in den Salinen von Uyuni und Coipasa mit einer Produktionskapazität von jeweils bis zu 25.000 Tonnen Lithiumkarbonat pro Jahr in Batteriequalität errichten und "halbindustrielle und industrielle Prozesse" durchführen, teilte das Ministerium für Kohlenwasserstoffe und Energie mit.

An dem Konsortium sind der weltgrößte Lithiumbatterie-Hersteller CAT sowie die Unternehmen für Batterie-Recycling, BRUNP, und für Rohstoffförderung, CMOC, beteiligt. Es habe zusammen mit sieben anderen Unternehmen am Versuchsverfahren teilgenommen und die von YLB gestellten Anforderungen erfüllt, so das Ministerium.

Laut dem zuständigen Minister Franklin Molina sollen die Anlagen Ende 2024 in Betrieb gehen. Man rechne ab 2025 mit Export-Einnahmen von bis zu fünf Milliarden US-Dollar pro Jahr.

"YLB ist der Eigentümer der Produktion, es verkauft sie zum Marktpreis, aber natürlich gibt es hier, in diesem Fall, einen bevorzugten Kunden, nämlich dieses Konsortium", erklärte er.

Im Gegensatz zur herkömmlichen Lithiumgewinnung durch Verdampfung, die zwischen einem und anderthalb Jahren dauert, werde diese Zeitspanne bei der direkten Extraktionstechnologie (EDL) in den neuen Anlagen "auf wenige Stunden reduziert und ist daher ökologisch nachhaltiger", sagte der Minister weiter. Die Regierung verhandle derzeit auch noch mit anderen Unternehmen und hoffe, in den kommenden Wochen weitere Abkommen abschließen zu können, die dem Land zusätzliche Investitionen bringen.

Nach offiziellen Angaben verfügt Bolivien allein in Uyuni, Potosí, über Reserven von 21 Millionen Tonnen Lithium. Diese könnten mit den Salinen von Coipasa in Oruro und Pastos Grandes in Potosí noch verdoppelt werden.

Der Preis für Lithiumcarbonat auf dem internationalen Markt hatte sich 2022 innerhalb von zwölf Monaten fast verdreifacht und liegt aktuell bei rund 80.000 Dollar pro Tonne (im Vergleich: 17.000 Dollar im Jahr 2021). Experten erwarten indes für 2023 aufgrund des größeren Angebots einen Rückgang auf etwa 58.000 Dollar.

Im sogenannten Lithium-Dreieck (Argentinien, Bolivien, Chile) werden bis zu drei Viertel der weltweiten Reserven vermutet.

Chinesische Unternehmen dominieren derzeit bei den Lithium-Investitionen in Lateinamerika. So sind in Argentinien zahlreiche Unternehmen aus der Volksrepublik aktiv, wie die Tsingshan Holdings Group in der Provinz Salta beim Lithium-Projekt Centenario Ratones.Chile vergab vor gut einem Jahr einen Auftrag an das chinesische Unternehmen BYD Chile zur Förderung von 80.000 Tonnen Lithium. Mitbewerber Albemarle aus den USA war mit seinem Angebot nicht erfolgreich.

Die Kommandierende Generalin des US-Südkommandos, Laura Richardson, erklärte kürzlich, dass die USA ihren Einfluss in Südamerika auch aus diesem Grund verstärken wollen. China ist laut der Viersternegeneralin der "wichtigste bösartige staatliche Akteur", mit dem die USA in der Region "in strategischer Konkurrenz stehen". Lateinamerika sei aufgrund seiner Ressourcen, etwa im Lithium-Dreieck, wichtig für die "nationale Sicherheit" der USA (amerika21 berichtete).

Boliviens Präsident kommentierte, es sei nicht das erste Mal, dass sich die USA "zu unseren natürlichen Reichtümern äußern. Und ich möchte betonen, dass es sich um unsere Reichtümer handelt". Bolivien verteidige die Souveränität zu entscheiden, mit wem das Land Geschäfte mache. "Wir werden weder akzeptieren, dass uns jemand etwas aufzwingt, noch werden wir zulassen, dass jemand unsere Bodenschätze für sich beansprucht, so als wären es seine eigenen".

Die Beziehungen zwischen den USA und Bolivien sind seit dem Amtsantritt des linken Präsidenten Evo Morales 2006 angespannt. Seit 2008 bestehen keine diplomatischen Beziehungen mehr, nachdem Morales den US-Botschafter Philip Goldberg wegen Einmischung in innere Angelegenheiten ausgewiesen hatte, ebenso wie die Drogenbehörde DEA. 2013 musste auch die US-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID) das Land verlassen.

Eine Annäherung zwischen beiden Staaten ist nicht in Sicht: "Wir können nur über Handelsfragen sprechen. Wir haben keine Botschafter, und so werden die Beziehungen auch bleiben.“ Aufgrund der "historischen Ereignisse" und der Unterstützung des Putsches 2019 durch die USA "glauben wir nicht, dass es Fortschritte geben wird", erklärte Präsident Arce in einem Interview mit Russia Today.