Ausnahmezustand in Peru: Polizei stürmt besetzte Universität

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Mit gepanzerten Fahrzeugen schaffte sich die Polizei Zutritt zum Campus (Screenshot)
Mit gepanzerten Fahrzeugen schaffte sich die Polizei Zutritt zum Campus (Screenshot)

Lima. Am Samstag hat die peruanische Polizei die von Studierenden besetzte San Marcos-Universität in Lima gestürmt. 205 Studierende und Mitglieder angereister Protestdelegationen, die in der Universität kampiert hatten, wurden festgenommen. Das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte und der Mangel an rechtsstaatlichen Grundlagen des Einsatzes ernteten innerhalb und außerhalb Perus Kritik.

In den Morgenstunden begann ein Großaufgebot der Polizei von mindestens vier Hundertschaften mit der Stürmung der Hochschule. Seit Mittwoch hatten Studierende die traditionsreiche staatliche Universität im Herzen der Hauptstadt besetzt, um gegen die Regierung von Dina Boluarte zu protestieren und um Delegationen, die aus dem Süden des Landes angereist waren, um an den Demonstrationen teilzunehmen, eine Unterkunft zu bieten.

Bei der Erstürmung ging die Polizei mit großer Härte gegen die Studierenden vor. Mit gepanzerten Fahrzeugen rammten die Sicherheitskräfte die verbarrikadierten Tore des Campus ein. Es wurden Gummigeschosse und Tränengas eingesetzt. Studentenwohnheime auf dem Gelände der Universität wurden während der Razzia ebenfalls durchsucht. Videos in den sozialen Medien zeigen, wie die Polizei dabei auch Zimmer und Eigentum Unbeteiligter verwüstet.

Laut der peruanischen Koordinationsstelle für Menschenrechte soll es beim Polizeieinsatz zu Misshandlungen gekommen sein: Studentinnen sollen gezwungen worden sein, sich vor den Polizisten nackt auszuziehen, um sie im Intimbereich "nach Drogen" zu untersuchen.

Für die Festnahmen gab es weder eine richterliche Anordnung noch offizielle Haftbefehle. Die Sicherheitskräfte bezogen sich auf den weiterhin geltenden Ausnahmezustand in der Region Lima. Den Inhaftierten wurde zunächst der Zugang zu Anwälten verweigert. 193 Personen blieben auch am Folgetag in Haft. Vor der Zentrale der nationalen Antiterrorismus-Behörde, wo die Mehrheit von ihnen festgehalten wurde, kam es noch am Samstag zu spontanen Protesten.

Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) zeigte sich angesichts des Polizeieinsatzes besorgt und verlangte vom peruanischen Staat eine umfassende Aufklärung der Geschehnisse. Darüber hinaus forderte sie, dass dieser "die Unversehrtheit aller Beteiligten" garantiere.

Kolumbiens Präsident Gustavo Petro rief die Organisation Amerikanischer Staaten auf, das Vorgehen der Behörden in Peru zu untersuchen.

Omar Cairo, Anwalt für Verfassungsrecht, sieht in der Stürmung der Universität einen Verfassungsbruch: "Angesichts der brutalen Repression und der schlechten Regierungsführung der Präsidentin gibt es nur noch eine Möglichkeit: den Rücktritt von Dina Boluarte."

Die jüngsten Ereignisse haben auch eine historische politische Dimension: San Marcos – die älteste Universität auf dem amerikanischen Doppelkontinent – gilt seit Jahrzehnten als Hochburg der intellektuellen Linken in Peru. Zur Zeit der Diktatur unter Alberto Fujimori wurden dort politisch engagierte Studierende systematisch verfolgt, gefoltert und ermordet. Im Mai 1991 war es damals zu einer ähnlichen Stürmung des Universitätscampus gekommen.

Insbesondere in der peruanischen Rechten gibt es bis heute Vorbehalte gegenüber der Hochschule. Ein selbst gedrehtes Video eines Polizisten bei der Erstürmung zeigt, wie er stolz die auf dem Boden liegenden gefangenen Studierenden präsentiert und kommentiert: "Wir haben es geschafft: Wir haben alle Terroristen festgenommen! Wir haben San Marcos zerstört!"