Mexiko-Stadt. Mexikos Regierungsoberhaupt Andrés Manuel López Obrador (Amlo) hat bei einem bilateralen Treffen mit US-Staatschef Joe Biden für mehr Integration zwischen den Amerikas plädiert.
Er erinnerte daran, dass es seit Präsident John F. Kennedys "Allianz für den Fortschritt" in den 1960er Jahren keine US-Strategie zur Unterstützung der Entwicklung in Lateinamerika mehr gegeben habe. Laut Amlo ist es "an der Zeit, diesem Vergessen, dieser Vernachlässigung, dieser Geringschätzung Lateinamerikas und der Karibik ein Ende zu setzen".
Der Austausch zwischen den beiden Präsidenten war Teil des dreitägigen Gipfels in Mexiko-Stadt, an dem auch Kanadas Regierungschef Justin Trudeau teilnahm.
Die von Amlo erwähnte "Allianz für den Forstschritt" war ein US-Entwicklungsprogramm für Lateinamerika, mit dem die USA dem Einfluss der kubanischen Revolution entgegenwirken wollten. Darauf wies damals unter anderem Salvador Allende hin.
In den Äußerungen López Obradors deutete sich die Idee einer Wirtschaftsintegration der Amerikas an. Er sprach auf der einen Seite von der "Konsolidierung des amerikanischen Kontinents als Wirtschaftsregion", die "eine schöne Utopie der Freiheit, Gleichheit und wahrer Demokratie" ermöglicht. Gleichzeitig betonte der mexikanische Präsident die Notwendigkeit, die einheimische Produktion in Lateinamerika zu stärken, um den wachsenden Importen asiatischer Produkte entgegenzutreten.
"Die Frage ist: Könnten wir nicht in Amerika produzieren, was wir konsumieren? Natürlich können wir das. Es geht darum, unsere zukünftige Entwicklung gemeinsam zu definieren und zu planen. Die Einheit und Partnerschaft auf dem amerikanischen Kontinent ist die ultimative Konsolidierung der wichtigsten Region der Welt", so Amlo.
Die Präsidenten der drei Länder kamen überein, ein gemeinsames Komitee für die Planung und Substitution von Importen in Nordamerika zu gründen.
Auch die Migration war ein zentrales Thema des Präsidentengipfels. López Obrador versicherte zum Abschluss des Gipfels, dass die Migrationsfrage "umfassend behandelt wurde und wichtige Vereinbarungen zwischen den drei Ländern zum Nutzen unserer Völker getroffen wurden". Soziale Probleme ließen sich nicht allein durch Zwangsmaßnahmen lösen. Die Länder müssten dem Migrationsphänomen mit einem humanitären Ansatz begegnen.
Dies sagte Amlo in einer kurios anmutenden Abschlusspressekonferenz, in der er einen 28-minütigen Monolog hielt. Reporter:innen ausländischer Medien, die die zwei- bis dreistündigen täglichen Pressekonferenzen von López Obrador nicht kennen, wunderten sich darüber und berichteten, dass Biden und Trudeau währenddessen auf ihre Schuhe und in die Luft gestarrt hätten.
US-Präsident Biden rief seinerseits die Republikaner im Kongress von Mexiko-Stadt aus auf, seinen Reformplänen für die Zuwanderung zuzustimmen. Diese hätten zum Ziel, den Menschen die Einreise zu erleichtern und ihnen "die Möglichkeit zu geben, hierher zu kommen". Gleichzeitig sollten die Bemühungen fortgesetzt werden, die Ursachen der Migration zu bekämpfen, "damit die Menschen in ihren Heimatländern bleiben können".
Insgesamt verlief das Treffen, das zum zweiten Mal seit Bidens Amtseinführung stattfindet, in freundlicher Atmosphäre. Unter anderem ist auch darüber geredet worden, wie der Schmuggel des synthetischen Opioids Fentanyl in die USA zurückgedrängt werden könne. Nur wenige Tage vor dem Gipfel hatten mexikanische Sicherheitskräfte im Bundesstaat Sinaloa Ovidio Guzmán Lopez festgenommen, Sohn des in den USA inhaftierten Drogenbosses Joaquín "El Chapo" Guzmán und mutmaßlich einer der Köpfe des Sinaloa-Kartells. Seit 2019 ersuchen die USA um seine Auslieferung, weil sie ihn für den Hauptschmuggler von Fentanyl in ihr Land halten.