Brasilien / Politik

Brasilien: Anhänger:innen von Bolsonaro attackieren Zentrale von Lula da Silva

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Anhänger:innen von Bolsonaro randalierten am Montag gegen die Festnahme eines Anführers in Brasília
Anhänger:innen von Bolsonaro randalierten am Montag gegen die Festnahme eines Anführers in Brasília

Brasília. In der Hauptstadt Brasília haben Anhänger:innen des scheidenden Präsidenten Jair Bolsonaro Fahrzeuge in Brand gesteckt, den Sitz der Bundespolizei (PF) angegriffen und Straßen blockiert. Sie protestierten gegen die Festnahme eines Anführers. Dieser hatte zuvor mehrfach versucht, das Hotel zu stürmen, von dem aus der neu gewählte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva (Arbeiterpartei, PT) die Übergabe der Amtsgeschäfte und die Bildung der neuen Regierung koordiniert.

Die Bundespolizei sah sich gezwungen, die Sicherheitsvorkehrungen für Lula und sein Team zu verstärken. Schwerbewaffnete Polizeikräfte bewachen das Hotel im Zentrum der Hauptstadt.

Medienberichte zufolge schritt die Polizei von Brasília, die Polícia Militar (PM), nicht konsequent gegen die Protestierenden ein. Verantwortliche fordern nun, die Rolle der PM bei der Gewalteskalation aufzuarbeiten. Die Anwaltskammer sprach von "Bürgerkriegsszenarien". Selbst die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft zeigten sich verwundert darüber, dass es im Zuge der Ausschreitungen zu keinen Anklagen und Festnahmen gekommen sei.

Die PT-Präsidentin Gleisi Hoffmann warf der PM vor, die Ausschreitungen durch ihre Passivität überhaupt ermöglicht zu haben. "Das sah alles nach einem professionellen Plan aus. Die Polizei unternahm nichts", so Hoffmann auf Twitter. Bolsonaro schütze die Verantwortlichen. Tatsächlich wurde bekannt, dass Bolsonaro mindestens einer gesuchten Person bei sich im Präsidentenpalast Schutz gewährte.

Bolsonaro selbst hatte sich erst am Freitag zuvor zum ersten Mal zu seiner Wahlniederlage öffentlich geäußert. 40 Tage nach der Wahl stellte er sich vor dem Präsidentenpalast seinen Anhänger:innen: "Es schmerzt im Herzen", so Bolsonaro. Ferner sagte er mehrdeutig, dass der "richtige Moment" noch kommen werde. Dennoch werten Beobachter:innen seine Stellungnahme als Anerkennung der Niederlage.

Unterdessen hat Lula da Silva die ersten fünf Mitglieder seiner künftigen Regierung vorgestellt. Die Wahl für die Ressorts mit hoher politische Aussagekraft fiel auf altgediente und landesweit bekannte Linke mit umfangreicher Verwaltungs- und Regierungserfahrung.

Mit der Wahl des früheren Gouverneurs von Maranhão, dem ehemaligen Sozialisten Flávio Dino, für das Amt für Sicherheit und Justiz beruft Lula jemanden, der Verfassung und Rechtsstaat gegen Angriffe verteidigt hat. Damit signalisiert Lula den Strafverfolgungsbehörden im Land hohe Wertschätzung.

Mit der Nominierung des ehemaligen Bürgermeisters von São Paulo, Fernando Haddad (PT) für das Finanzressort signalisiert Lula den Märkten, dass seine Regierung einen ausgeglichenen Haushalt verfolgt. Haddad hatte in São Paulo die städtische Verschuldung verringert und betrieb dennoch Sozialpolitik. Der für das Verteidigungsministerium ernannte Ingenieur José Múcio Monteiro bewies als Fraktionschef linker Parteien im Parlament Kompromissbereitschaft und gilt als ehemaliger Präsident des Bundesrechnungshofes als jemand, der sein Amt nicht ideologisch führt. Mit seiner Nominierung macht Lula das Versprechen an die Militärs wahr, dass es "keinen linken Verteidigungsminister" geben werde.

Dass unter den bisher Nominierten keine Frau und keine Schwarze Person ist, führte zu heftiger Kritik der linken Basis. Lula versprach, dass der Regierung aber mehr Frauen als Männer angehören werden. Zudem kündigte er die Beteiligung vieler Schwarzer "companheiros" an. Am Dienstag bestätigte die Schwarze Sängerin Margareth Menezes die Einladung zur Kulturministerin. Sie und Lula hätten vereinbart, dass das Ressort einen Schwerpunkt der Regierung bilden werde.