Mexiko: Justiz nimmt zahlreiche Haftbefehle im Fall Ayotzinapa zurück

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Die Eltern der Studenten prangerten "interne Kriege" innerhalb einer Staatsverwaltung an, die "der militärischen Macht erliegt"
Die Eltern der Studenten prangerten "interne Kriege" innerhalb einer Staatsverwaltung an, die "der militärischen Macht erliegt"

Mexiko-Stadt. Die mexikanische Justiz rudert bei der Strafverfolgung von Militäroffizieren zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft (FGR) hat die Aufhebung von 21 der 83 bereits ausgestellten Haftbefehle gegen mutmaßliche Verantwortliche im Fall der Entführung von 43 Studenten aus Ayotzinapa veranlasst. 16 der 21 Personen, die die Justiz jetzt nicht mehr belangt, sind Militärangehörige, die wegen Bildung einer krimineller Vereinigung und Verschwindenlassen angeklagt worden waren.

Die Rücknahme der Haftbefehle hat die FGR über den Kopf der "Spezialeinheit für Ermittlung und Prozessführung im Fall Ayotzinapa" (Unidad Especial de Investigación y Litigación para el Caso Ayotzinapa, Ueilca) hinweg entschieden. Die Ueilca ist seit 2019 für die strafrechtliche Ermittlung zum Verschwinden der Lehramtsstudenten zuständig und hatte im August die Festnahme von 83 Verdächtigen beantragt. Daraufhin erließ ein Bundesrichter 83 Haftbefehle.

Die Ausstellung der Haftbefehle erfolgte einen Tag nachdem die Wahrheitskommission (Covaj) einen Bericht vorlegte, in dem sie zu dem Schluss kommt, dass das Verschwinden der Jugendlichen ein "staatliches Verbrechen war, an dem Mitglieder der kriminellen Gruppe Guerreros Unidos und Vertreter verschiedener staatlicher Institutionen beteiligt waren".

Trotzdem waren nur vier Personen festgenommen worden: Der Ex-Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam und drei Militärs.

Nachdem derselbe Bundesrichter, der die Haftbefehle angeordnet hatte, sie auf Antrag der FGR außer Kraft setzte, trat der Leiter der Ueilca, Staatsanwalt Omar Gómez Trejo, zurück. Gómez genoss das volle Vertrauen der Eltern der Opfer.

Davor hatte die Interamerikanische Menschenrechtskommission sich besorgt darüber geäußert, dass die Einheit von Gómez seit August an Personalmangel litt und somit nicht über ausreichend Kapazitäten verfügte, um Beweise zu sammeln und weitere Anklagen zu erheben.

Die Eltern der Studenten prangerten in einem Manifest zum achten Jahrestag des Verschwindens ihrer Söhne an, dass es trotz der Arbeit der Wahrheitskommission und der vier Verhaftungen Rückschläge gegeben habe, die auf "interne Kriege" innerhalb einer Staatsverwaltung zurückzuführen seien, die "der militärischen Macht erliegt". Mehrere Familien forderten den Rücktritt von Generalstaatsanwalt Alejandro Gertz Manero.

Präsident Andrés Manuel López Obrador (Amlo) stellte sich jedoch auf die Seite von Gertz. Er sagte, nicht alle Haftbefehle seien gerechtfertigt gewesen, denn jemand versuche durch so viele Anklagen gegen Offiziere, eine Erhebung des Militärs heraufzubeschwören und so die Ermittlungen kaputt zu machen.

"Ich hoffe, Sie können mir glauben, dass wir von vielen Seiten unter Druck gesetzt werden, aber wir haben den festen Willen, der Gerechtigkeit Genüge zu tun“, teilte Amlo den Familien der Opfer mit. Er bat sie, nicht zuzulassen, dass die "konservativen Gegner, die Korrupten, diejenigen, die dieses Verbrechen angeordnet haben, diejenigen, die die Verantwortlichen gedeckt haben" die Ermittlungen zum Scheitern bringen.

Inzwischen gelangte die komplette Version des Schlussberichts der Wahrheitskommission an die Öffentlichkeit. Geschützte Teile, die noch nicht publik werden sollten, sind nun bekannt. Jetzt wird befürchtet, dass die Ermittlungen dadurch gefährdet werden, da sie noch nicht abgeschlossen sind. So verurteilte der Leiter der Wahrheitskommission, Alejandro Encinas, die "schwerwiegende undichte Stelle" und forderte die FGR auf, den Fall zu untersuchen. Er bezeichnete die Veröffentlichung des kompletten Berichts als "absolut unverantwortlich und respektlos gegenüber den Vätern und Müttern der verschwundenen Studenten".

Encinas führte aus, dass in einem Fall wie diesem die Interessen der Opfer und der Angehörigen gewahrt werden müssten. Diese Art von Indiskretionen behindere die Ermittlungen und "ebne den Weg zur Straffreiheit".