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Regierung in Haiti ignoriert Unmut der Bevölkerung, Proteste eskalieren

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Überall in Haiti werden seit Tagen Straßen blockiert
Überall in Haiti werden seit Tagen Straßen blockiert

Port-au-Prince. Trotz der seit mehreren Wochen andauernden und in den letzten Tagen verschärften Proteste hat die Regierung Haitis angekündigt, die Preise für alle Erdölprodukte drastisch zu erhöhen. Die Entscheidung wurde auf einer Sitzung des Regierungsrats am 13. September getroffen.

Das Ministerium für Kultur und Kommunikation kündigte in einem Tweet an, dass eine Gallone Benzin (4,5 Liter) um 128 Prozent auf 570,00 Gourdes pro Gallone (4,80 Euro), Diesel um 90 Prozent auf 670.00 Gourdes (5,70 Euro) und Kerosin um 94 Prozent auf 685.00 Gourdes (5,80 Euro) steigen soll.

Die Bevölkerung machte ihrem Ärger Luft, nachdem die De-facto-Regierung von Premierminister Ariel Henry bestätigt hatte, dass eine erhebliche Preiserhöhung für Erdölprodukte bevorsteht, die seit mehreren Monaten im ganzen Land knapp sind oder gar nicht verkauft werden.

Überall in Haiti, in Port-au-Prince, Cap-Haïtien (Norden), Les Cayes (Süden), Les Gonaïves, Petit-Goâve, Miragoâne, Jérémie (ein Teil des Südwestens von Haiti) und in mehreren anderen Städten, wurden alle Straßen und Verkehrsadern mit Barrikaden aus brennenden Reifen, großen Steinen, Fahrzeugwracks, Baumstämmen und anderen Trümmern blockiert.

Ein Großteil des Großraums der Hauptstadt Port-au-Prince ist noch immer verbarrikadiert, weil die Menschen ihren Unmut über die sich immer schneller verschlechternden Lebensbedingungen in Haiti zum Ausdruck bringen.

In Port-au-Prince und in der Provinz wurden Berichten zufolge Privatwohnungen, Unternehmen und öffentliche Büros angegriffen. Am 15. September wurde der Sitz des Staatsfernsehens attackiert, mehrere Geschäfte und ein UN-Lebensmittellager geplündert.

Die Ankündigung der Regierung kam zu einem Zeitpunkt weit verbreiteter Unzufriedenheit über die anhaltende Wirtschaftskrise und die hohen Lebenshaltungskosten. Im Juli lag die Inflationsrate bei 30,5 Prozent und durch den chronischen Treibstoffmangel sind die Preise für Transport, Energiegewinnung und Grundnahrungsmittel explodiert.

Aufgrund der anhaltenden Unruhen in Haiti beschloss die französische Botschaft in Haiti, ihre Dienste ab dem 13. September 2022 bis auf Weiteres für die Öffentlichkeit zu schließen. Auch die benachbarte Dominikanische Republik schloss vorübergehend ihre Botschaft. Banken blieben geschlossen, der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt.

Im Großraum Port-au-Prince wurden mehrere Tote und Verletzte durch Schusswaffen registriert. Unter den Getöteten befanden sich drei Nationalpolizisten.

Seit dem 11. Septembe werden zwei junge haitianische Journalisten in Cité Soleil vermisst, wo sie an einer Reportage arbeiteten. Berichten zufolge wurden sie ermordet und ihre Leichen von bewaffneten Banden verbrannt.