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Venezuela ist Garantenstaat für Friedensverhandlungen mit der ELN-Guerilla

Auf Wunsch des Präsidenten von Kolumbien arbeitet die Regierung Maduro am Friedensprozess mit. ELN: Verhandlungen könnten in wenigen Wochen beginnen

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"Wir sind die Generation des Friedens". ELN und Regierung wollen baldmöglichst Verhandlungen aufnehmen
"Wir sind die Generation des Friedens". ELN und Regierung wollen baldmöglichst Verhandlungen aufnehmen

Bogotá/Caracas. Gustavo Petro, der neugewählte linke Präsident Kolumbiens, bereitet zielstrebig Friedensverhandlungen mit der Guerillabewegung Nationale Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional, ELN) vor. Vor wenigen Tagen bat er Venezuelas Regierung, sich als Garantenstaat daran zu beteiligen.

Am 13. September erwiderte Nicolás Maduro dieses Ersuchen: "Wie Kommandant Hugo Chávez es seinerzeit getan hat, sagen wir Kolumbien noch einmal, dass Venezuela den Garantenstatus akzeptiert. Wir werden uns mit bestem Willen für den totalen Frieden in Kolumbien einsetzen", sagte Maduro.

Er benutzte den von Petro häufig gebrauchten Begriff vom “totalen Frieden”, der das Maximalziel der Regierungspläne des Pacto Histórico ausdrücken will.

Der venezolanische Staatschef versicherte, dass er keine Anstrengungen scheuen werde, um dieses Ziel zu erreichen. "Wir setzen auf den Frieden, die Sicherheit und Stabilität Kolumbiens", betonte er. "Der Frieden Kolumbiens ist der Frieden Südamerikas und des gesamten Kontinents", so Maduro.

Gleich nach seiner Wahl hatte Petro erste Botschaften über die Grenze nach Venezuela geschickt. Die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Staaten steht auf der Tagesordnung: Grenzöffnungen, Flugverkehr, Öffnung von Konsulaten und ein Botschafteraustausch erfolgten in den ersten beiden Monaten seiner Amtszeit.

Anfang Juli – kurz nach dem Wahlsieg Petros – hatte der Oberkommandierende der ELN, Antonio García, über soziale Netzwerke erklärt, die Guerilla wolle Gespräche mit der neuen Regierung aufnehmen, "damit die Ergebnisse einen Frieden mit sozialer Gerechtigkeit für ganz Kolumbien bringen". Man habe politisches Vertrauen in Petro.

Nach dem von Präsident Juan Manuel Santos 2016 medial in Szene gesetzten Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla, dessen Vereinbarungen staatlicherseits nur geringfügig eingehalten wurden, ist für die ELN indes Vorsicht geboten.

Die Nicht-Umsetzung des Abkommens seitens der Regierungen Santos und seines Nachfolgers Iván Duque, mündete in die Ermordung von 340 entwaffneten Farc-Mitgliedern, die den Vertrag unterschrieben und sich produktiv ins zivile Leben eingegliedert hatten. Laut dem Institut für Entwicklungs- und Friedensstudien, Indepaz wurden im Jahr 2022 bereits 34 von ihnen getötet.

Petro versucht, mittels einer breiten politischen Koalition, an der auch Kräfte des Mitte-Rechts-Spektrums beteiligt sind, die Gewaltspirale im Land zu beenden. Friedensverhandlungen werden dieses Mal wahrscheinlich als aufeinanderfolgende, gesellschaftlich und institutionell abgesicherte Etappenziele stattfinden müssen. Eine immense Aufgabe für Kolumbien, die ohne Änderungen in der internationalen Drogenpolitik und ohne eine gerechte Landreform wenig Chancen hat.

Bereits vier Tage nach Petros Amtsantritt war eine Regierungsdelegation nach Kuba gereist, um Kontakte mit der ELN-Friedensdelegation aufzunehmen und Verhandlungen einzuleiten.

Am 19. August fanden erste Gespräche in Kubas Hauptstadt Havanna zwischen Vertretern der kolombianischen Regierung und der ELN statt. Für die Garanten-Staaten nahmen der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez und der norwegische Sondergesandte Jon Otto Brodholt teil. Auch der Emissär des UN-Generalsekretärs in Kolumbien, Carlos Ruiz Massieu, und Héctor Fabio Henao als Delegierter der kolumbianischen Bischofskonferenz waren mit dabei. Kuba, Chile, Spanien und Nicaragua haben sich als Verhandlungsorte angeboten.

Einen Tag darauf setzte Petro per Dekret die Protokolle wieder in Kraft, die zu Beginn der Verhandlungen zwischen der damaligen Regierung Santos und der ELN 2017 vereinbart worden waren. Das beinhaltet auch "die Aussetzung der Haftbefehle und Auslieferungsgesuche gegen ihre Unterhändler, damit ein Dialog mit der ELN beginnen kann", so der Präsident.

Der Leiter der ELN-Friedensdelegation auf Kuba, Pablo Beltrán, sagte vor einigen Tagen, die Guerilla sei zuversichtlich, dass die Verhandlungen in wenigen Wochen beginnen könnten.