Argentinien / Politik

Attentat auf Kirchner in Argentinien: Täter schweigt, Panne bei Ermittlungen

argentinien_karikatur_attentat_kirchner.jpg

Karikatur aus Mexiko zum Attentat: "Die Waffe – Der Schütze – Die geistigen Urheber ('Diebin', 'Geliebte von Putin') – Der Ideologe"
Karikatur aus Mexiko zum Attentat: "Die Waffe – Der Schütze – Die geistigen Urheber ('Diebin', 'Geliebte von Putin') – Der Ideologe"

Buenos Aires. Der bei dem versuchten Mordanschlag auf Vizepräsidentin Cristina Fernández de Kirchner festgenommene Fernando Sabag Montiel verweigert bisher jede Aussage. Bei einer Hausdurchsuchung in seiner Wohnung wurde weitere Munition gefunden und ein Computer beschlagnahmt, dessen Inhalt untersucht wird.

Als gesichert gilt bisher lediglich, dass er ultrarechte Ideen vertrat und im Jahr 2021 ein Verfahren wegen illegalen Waffenbesitzes gegen ihn eingeleitet wurde. Die beim versuchten Mord verwendete Waffe, eine halbautomatische Bersa vom Kaliber .32 ACP (7,62 Browning) gehörte einem verstorbenen Nachbarn, Sabag hatte sie offensichtlich illegal an sich genommen.

Bei den Ermittlungen hat es indes eine schwere Panne gegeben: Sein Mobiltelefon wurde vom Gericht zur Begutachtung zur Flughafenpolizei geschickt, die über modernste Software verfügt, um Telefone zu entsperren. Als das Gerät in einem offenen Umschlag im Labor ankam, war es auf Werkseinstellungen zurückgesetzt und somit alle enthaltenen Informationen gelöscht. Es wird nun geprüft, ob sie über den Provider zurückgewonnen werden können.

Wie es dazu kam, ob durch die Versuche der Ermittler, es zu entsperren geschah oder eventuell durch Hacking, ist bisher nicht geklärt worden. Der Vorfall führte jedoch sofort zu Spekulationen, dass mögliche Komplizen gedeckt werden sollten. Auch in den sozialen Medien wurden die Accounts von Sabag nach seiner Festnahme gelöscht, was ebenfalls in diese Richtung gedeutet wird.

Gregorio Dalbón, einer der Anwälte der Vizepräsidentin, kündigte bereits an, alle beteiligten Beamten anzuzeigen und macht die zuständige Richterin Maria Eugenia Capuchetti und den Staatsanwalt Carlos Rivolo verantwortlich.

Die Tatsache, dass Rivolo an der Untersuchung teilnimmt, sorgte an sich schon für Unmut, da er in mehrere der als "Lawfare" ‒ also Fälle von politischem Missbrauch der Justiz ‒ bezeichneten Prozesse gegen Kirchner involviert ist, unter anderen in den skandalösen Fall der Fotokopien (amerika21 berichtete).

Richterin Capuchetti ordnete am Sonntag auch die Festnahme der Partnerin des Täters, Brenda Uliarte, an, nachdem festgestellt wurde, dass sie ebenfalls am Tatort war. Die junge Frau zeigte in den sozialen Medien Nähe zu ultrarechten Gruppen, unter anderem zur Partei "Argentina Avanza" von Javier Milei. Sie selbst leugnete jede Beteiligung und behauptete sogar, es habe sich um keinen echten Anschlag gehandelt, sondern ihr Freund hätte lediglich "eine Wasserpistole" auf Kirchner gerichtet.

Ein Bekannter des Täters erklärte in einem Fernsehinterview, die Absichten Sabags gekannt zu haben und bedauerte, dass er "versagt hat, da wir dann weniger Steuern zahlen müssten."

Milei ist ein rechtsgerichteter, neoliberaler Ökonom, bekannt für seine schrägen Auftritte und extremen Thesen und Forderungen etwa nach Auflösung der Zentralbank oder Privatisierung aller Straßen oder dass Organhandel legal sein sollte. Bei den letzten Parlamentswahlen schnitt seine Partei überraschend gut ab, besonders unter jüngeren Wählern, und konnte gleich fünf Abgeordnete im Parlament platzieren.

Die konservative Partei Propuesta Republicana (PRO) von Ex-Präsident Mauricio Macri sah sich dadurch von rechts überholt und streitet intern, wie damit umzugehen ist. Während der moderate Flügel Milei ablehnt, kokettieren Hardliner wie die Parteivorsitzende Patricia Bullrich mit einer Allianz und stellen gar eine Kandidatur als Vizepräsident in Aussicht.

Bullrich und Milei gehören zu den wenigen führenden Politikern des Landes, die den Anschlag nicht verurteilen wollten.