Kuba / Wirtschaft

Energiekrise auf Kuba: Licht am Ende des Tunnels

Nachgeholte Wartungsarbeiten, Investitionen und gemietete Kraftwerksschiffe als kombinierte Strategie zur Deckung des Strombedarfs. Verluste nach Brand im Treibstofflager von Matanzas wieder ausgeglichen

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Präsident Miguel Díaz-Canel besuchte die Thermoelektrischen Kraftwerke von Mariel und Santa Cruz del Norte
Präsident Miguel Díaz-Canel besuchte die Thermoelektrischen Kraftwerke von Mariel und Santa Cruz del Norte

Havanna. Die kritische Lage der Stromversorgung auf Kuba könnte sich in den kommenden Monaten langsam entspannen. Wie Energieminister Liván Arronte Cruz am Mittwoch in einer Sondersendung zur Lage des Sektors ankündigte, sollen bis Dezember durch Wartungsarbeiten und Investitionen rund 1.000 Megawatt hinzugewonnen werden. Damit wäre der Strombedarf auch zur Spitzenlast wieder gedeckt. Eine wichtige Rolle spielen dabei sogenannte schwimmende Kraftwerksschiffe, welche das Land bereits seit 2019 zur Verstärkung der Grundlast nutzt.

Seit Mai hat Kuba mit mehrstündigen Stromabschaltungen ("apagones") und Benzinknappheit zu kämpfen. Diese dauern in einigen Provinzen bis zu 12 Stunden pro Tag an, was immer wieder zu nächtlichen Protesten in den betroffenen Gemeinden führt. Hauptursache sind eine Reihe von Havarien in Folge des schlechten Zustand der im Schnitt über 35 Jahre alten Schwerölkraftwerke. Deren Wartungszyklen mussten aufgrund des Devisenmangels der letzten Jahre massiv gestreckt werden. Zeitweise erreichte das tägliche Erzeugungsdefizit Werte von bis zu 1.100 Megawatt, was rund 40 Prozent des nationalen Bedarfs entspricht. Zuletzt hatten sich die Ausstände bei rund 700 Megawatt eingependelt.

Die mit Hochdruck laufenden Wartungsarbeiten scheinen indes gut voranzukommen. "Bis zum Ende des Jahres werden 489 Megawatt an Kraftwerksleistung wiederhergestellt werden, während 531 weitere Megawatt durch Investitionen hinzukommen", kündigte Arronte Cruz an. Am Jahresende soll die Nachfrage wieder vollständig bedient werden können.

Eines der Hauptprobleme für die Energieversorgung stellt augenblicklich die Havarie der "Felton" in Holguín dar. Am 8. Juli ereignete sich in dem Kraftwerk kurz nach dem Ende von Wartungsarbeiten ein Brand, womit seitdem ein zusätzliches Defizit von 230 Megawatt entstanden ist. Dabei wurde eine nagelneue Turbine beschädigt, die inzwischen "dank des Technologietransfers einiger befreundeter Länder" in Havanna repariert wird. Zuvor hatte am 7. März eine Havarie in der "Térmoelectrica Mariel" im Westen des Landes zum Verlust von 170 Megawatt geführt. Beide Ereignisse hätten die Pläne für eine sichere Stromversorgung in den verbrauchsintensiven Sommermonate zunichte gemacht, so der Minister.

"Die Wiederherstellung von Kraftwerksblöcken geht nicht von heute auf Morgen, sie benötigt Zeit", sagt Arronte Cruz. Die Einfuhr von nötigen Ersatzteilen könne zwischen sechs und zehn Monate dauern. Inzwischen sei jedoch die Finanzierung wichtiger Vorhaben gewährleistet und es liefen Gespräche, um die Lieferung von Ersatzteilen zu beschleunigen. Trotz der angespannten Situation werde es in den kommenden Monaten Lösungen für die Stromversorgung geben, versicherte der Minister.

Insgesamt sind auf Kuba 6.558 Megawatt an Kraftwerksleistung installiert, von denen aktuell allerdings nur 38 Prozent genutzt werden können. Um die ausgegebenen Ziele zu erreichen, macht die Insel jetzt Teile dieser Reserven wieder flott. So können durch den Abschluss der Wartungsarbeiten in Nuevitas und Mariel seit kurzem wieder weitere 125 Megwatt ins Netz eingespeist werden. Bis Dezember sollen drei weitere Kraftwerksblöcke in Cienfuegos und Santiago de Cuba aus der Wartung kommen.

Auch die 1988 errichtete "Antonio Guiteras" in Matanzas, Kubas modernstes und leistungsfähigstes Kraftwerk, wird einer Revision unterzogen. Damit soll ihre Leistung von aktuell 210 auf 270 Megawatt ansteigen.

Ein weiterer Schritt ist die Überholung der kleineren Diesel- und Ölkraftwerke, die zwischen 2005 und 2009 im Rahmen der "Energierevolution" errichtet worden sind. Die von der MTU Friedrichshafen produzierten Generatorengruppen sind mangels Ersatzteilen augenblicklich nur zu zwei Dritteln einsatzbereit. Durch eine Instandsetzung der 339 defekten Einheiten sollen bis Jahresende 200 Megawatt an Kapazität geschaffen werden.

Darüber hinaus wird derzeit mit ausländischen Partnern an der Überholung zweier Ölkraftwerke gearbeitet. Eines davon ist Teil der Nickelmine in Moa, das andere befindet sich in Mariel. Beide zusammen sollen noch dieses Jahr mit 276 Megawatt ans Netz gehen.

Ein weiterer großer Effekt soll mit der Buchung neuer Kraftwerksschiffe des türkischen Anbieters Karpowership erzielt werden. Aktuell bezieht die Insel 330 Megawatt oder rund 15 Prozent ihres Strombedarfs über fünf schwimmende Erzeuger in den Buchten von Havanna, Mariel und Santiago de Cuba. Ende Dezember sollen weitere 240 Megawatt hinzukommen.

Auch der Ausbau erneuerbarer Energien soll an Fahrt gewinnen. Seit 2021 können Solarpaneele zollfrei eingeführt werden, Direktinvestitionen in dem Bereich genießen verschiedene Steuervorteile. Betriebe haben inzwischen die Möglichkeit, Solarzellen direkt einzuführen, anstatt wie bisher auf Genehmigung warten zu müssen. Drei Investitionsvorhanden mit ausländischem Kapital auf dem Gebiet der Erneuerbaren sollen bis zum ersten Quartal 2023 ans Netz gehen. Der Verkauf von Solaranlagen an Privatpersonen ist zwar umgesetzt, die Verfügbarkeit in der Praxis allerdings schlecht. Dies soll sich in Zukunft durch die Ansiedelung ausländischer Handelsunternehmen in diesem Bereich ändern.

Gute Neuigkeiten gab es zuletzt auch bei der Brennstoffversorgung: Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, haben Kuba in den vergangenen zwei Wochen mehr als drei Millionen Barrel Rohöl und Kraftstoff aus Russland, Venezuela und anderen Ländern erreicht. Der kubanische Tanker "Petion" soll bis Ende des Monats weitere 200.000 Barrel aus Venezuela einschiffen. Die unmittelbaren Verluste durch den Brand im Treibstofflager von Matanzas (amerika21 berichtete) Mitte des Monats konnten damit ausgeglichen werden.