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Regierung von Venezuela: USA wollen Frachtflugzeug "stehlen"

Argentinien hält auf Ersuchen der USA die Boeing eines staatlichen venezolanischen Unternehmens fest. Präsident Maduro und Parlament üben scharfe Kritik, Demonstranten fordern Herausgabe

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Protest in Caracas am 9. August: "Gebt das Flugzeug zurück"
Protest in Caracas am 9. August: "Gebt das Flugzeug zurück"

Caracas/Buenos Aires. Bei einer Demonstration in der Hauptstadt Caracas haben Tausende die Freigabe eines in Argentinien festgesetzten Frachtflugzeuges gefordert. Die Boeing 747-300 des staatlichen venezolanischen Unternehmens Emtrasur wird seit dem 8. Juni in Argentinien festgehalten, nachdem das US-Justizministerium die Beschlagnahme beantragt hat. Die Protestierenden verlangten zudem die Rückgabe aller im Ausland beschlagnahmten Vermögenswerte Venezuelas.

Am vergangenen Montag hatte auch der argentinische Gewerkschaftsverband CTA Autónoma bei einer Kundgebung auf der Plaza de Mayo die Freigabe der Maschine und die sofortige Freilassung der "willkürliche inhaftierten" Besatzungsmitglieder gefordert.

Das Parlament Venezuelas hat sich am Dienstag in einer einstimmig verabschiedeten Resolution entsprechend geäußert. Die Abgeordneten "weisen die räuberischen Handlungen der US-Regierung zurück, die sich unrechtmäßig Eigentum der Fluggesellschaft Conviasa und des venezolanischen Volkes aneignet", heißt es darin. Die argentinischen Behörden fordern sie auf, "sich nicht in Komplizenschaft mit dem US-Imperialismus zu begeben, der gegen das Völkerrecht und die Würde der Völker Lateinamerikas verstößt."

Präsident Nicolás Maduro verurteilte in einer landesweit übertragenen Fernsehsendung den Versuch der USA, die Boeing zu beschlagnahmen. "Die USA wollen ein Flugzeug stehlen, das rechtmäßig Venezuela gehört", sagte er. "Wir sind empört über das, was in Argentinien passiert", so der Präsident. Seine Regierung werde "eine große Kampagne" für die "Rettung des Goldes in London und für die Rettung und Freilassung unserer Piloten und des Conviasa-Flugzeugs, das Venezuela gehört, starten und wir werden nicht zulassen, dass es gestohlen wird."

Eine Boeing 747-300 des staatlichen venezolanischen Unternehmens Emtrasur landete am 6. Juni auf dem internationalen Flughafen Ezeiza in Buenos Aires. Zwei Tage später verweigerte Uruguay der Maschine in einer umstrittenen Entscheidung die Überflugerlaubnis. Nach seiner erzwungenen Rückkehr in die argentinische Hauptstadt wurde es von den örtlichen Behörden am Weiterflug gehindert.

Emtrasur, eine Tochterfirma der Fluggesellschaft Conviasa, hatte das 36 Jahre alte Frachtflugzeug des US-Unternehmens Boeing im Januar von der iranischen Privatfirma Mahan Air erworben. Es transportierte etwa 50 Tonnen Autoteile aus Mexiko, die an argentinische Fabriken geliefert werden sollten. Berichten zufolge war es zuvor für Frachtsendungen aus Ländern wie China und Indien sowie für humanitäre Hilfslieferungen an karibische Länder eingesetzt worden.

Die Behörden in Argentinien beschlagnahmten die Fracht und die Pässe der Besatzung. An Bord der Boeing 747-300 waren 14 venezolanische Staatsangehörige und fünf Iraner, die ihre venezolanischen Kollegen unterstützen und ausbilden sollten.

Das Flugzeug und die Ladung wurden auf richterliche Anordnungen mehrfach überprüft, wobei keine Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden. Bundesrichter Federico Villena ordnete Ende Juli die Freigabe der Fracht an. Am vergangenen Dienstag erteilte Villena auch zwölf Besatzungsmitgliedern die Genehmigung, das Land zu verlassen. Gegen drei Venezolaner, bei denen es sich um Emtrasur-Manager handeln soll, und vier Iraner, darunter der Pilot Gholamrez Ghasemi, wird weiter ermittelt. Eine Begründung ist nicht bekannt.

Die Emtrasur-Firmenleitung hat wiederholt die Freigabe des Flugzeugs gefordert und argumentiert, dass die Justizbehörden kein Fehlverhalten festgestellt haben und dass die Anwesenheit iranischer Besatzungsmitglieder als technische Unterstützung im Kaufvertrag vereinbart war.

Der Fall hat in der argentinischen Presse Spekulationen befeuert, wonach die iranischen Staatsangehörigen Verbindungen zu Gruppen wie der libanesischen Hisbollah hätten. Belege dafür wurden nicht geliefert und der Chef des argentinischen Geheimdienstes, Agustín Rossi, erklärte gegenüber Medien, dass es keine internationalen Ausschreibungen oder Haftbefehle für eines der Mitglieder der Besatzung gebe.

Für die Einbehaltung des Flugzeugs wurde mehrere Wochen keine Erklärung abgegeben. Die Nachrichtenagentur Reuters deckte schließlich am 3. August auf, dass das US-Justizministerium einen Antrag auf Beschlagnahmung der Boeing 747-300 gestellt hatte, da ein Verstoß gegen US-Sanktions- und Exportkontrollgesetze vorliege.

Mahan Air wurde vom US-Finanzministerium wegen angeblicher Verbindungen zur Quds-Einheit der Iranischen Revolutionsgarde, die von Washington als "terroristisch" eingestuft wird, auf die schwarze Liste gesetzt. 2008 erließ das US-Handelsministerium eine Verfügung, die Mahan Air Geschäfte mit aus den USA ausgeführten Waren untersagte. Conviasa seinerseits wurde 2020 zusammen mit mehreren anderen venezolanischen Staatsunternehmen im Rahmen der US-Bemühungen zum Sturz der Regierung Maduro mit Sanktionen belegt.

"Wie in der Beschlagnahmeanordnung dargelegt, hat Mahan Air im oder um den Oktober 2021 gegen die vorläufige Verbotsverfügung und die US-Ausfuhrkontrollgesetze verstoßen, als es Emtrasur ohne Genehmigung der US-Regierung den Besitz und die Kontrolle über das Boeing-Flugzeug übertrug", heißt es in einer Stellungnahme des US-Justizministeriums. Daher müsse die Maschine auf US-Territorium geflogen und beschlagnahmt werden.

Der Streit um das Emtrasur-Flugzeug reiht sich ein in eine Reihe von Beschlagnahmungen venezolanischen Staatsvermögens im Rahmen der weitreichenden Wirtschaftsblockade der USA gegen den Karibikstaat.

Nach der Selbsternennung von Juan Guaidó zum "Interimspräsidenten" im Januar 2019 hatte die Regierung von Donald Trump venezolanische Vermögenswerte in den USA eingefroren und unter die Kontrolle der Hardliner-Opposition gestellt. Betroffen war auch die US-Tochterfirma des Erdölunternehmens PDVSA, Citgo, im Wert von acht Milliarden US-Dollar.

Die Verbündeten Washingtons folgten diesem Beispiel: Kolumbien beschlagnahmte den Agrochemiehersteller Monómeros und übergab ihn an die Guaidó-Fraktion. Auch haben sich die Justizbehörden Großbritanniens wiederholt geweigert, der venezolanischen Zentralbank Goldreserven im Wert von 1,7 Milliarden Dollar zurückzugeben.