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Friedensprozess in Kolumbien: Golf-Clan gesprächsbereit

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Dairo Antonio Úsaga alias "Otoniel" bei seiner Festnahme 2021
Dairo Antonio Úsaga alias "Otoniel" bei seiner Festnahme 2021

Bogotá/New York. Es kommt Bewegung in den Friedensprozess in Kolumbien: Der Kommandeur der narco-paramilitärischen Organisation Golf-Clan (Clan del Golfo, CG) hat seine Bereitschaft gezeigt, sich zu Gesprächen mit der neuen Linksregierung von Gustavo Petro zusammenzusetzen. Dies geht aus einem Brief hervor, den Dairo Antonio Úsuga alias "Otoniel" vor wenigen Tagen mittels seines Anwalts übermittelte.

Darin drückt die kriminelle Gruppierung ihren "guten Willen" aus, die von Präsident Petro bereits angebotenen Gespräche mit "allen bewaffneten Gruppen" anzunehmen und so einen umfassenden Frieden im Land zu schaffen.

2016 hatte die größte Guerilla-Organisation im Land, die Farc-EP, bereits ein Friedensabkommen mit der Regierung unter Juan Manuel Santos geschlossen. Allerdings haben sich zahlreiche ehemalige Guerilla-Kämpfer:innen im Zuge der stockenden Umsetzung des Abkommens wieder bewaffnet. Die Verhandlungen mit anderen Guerillas wie der Nationalen Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional, ELN) wurden von der Regierung von Petros Vorgänger Iván Duque abgebrochen.

Die Ankündigung von Úsuga kommt nur wenige Tage, nachdem der CG erneut einen Anschlag verübt hatte, bei dem mindestens 36 Polizist:innen ihr Leben verloren haben. Die bewaffnete Operation ist auf den sogenannten Pistolenplan zurückzuführen, der von paramilitärischen Organisationen wie dem CG im Norden des Landes umgesetzt wurde, um gezielt Polizist:innen und Militärs zu töten. Diese vorsätzliche Ermordung von staatlichen Uniformierten soll laut Úsuga vorerst ausgesetzt werden. Er erklärt das unter anderem damit, dass diese Anschläge immer wieder auch zivile Opfer fordern.

Úsuga, der seit diesem Mai in einem Hochsicherheitsgefängnis in New York einsitzt, versichert dem neuen Präsidenten "eine bescheidene Unterstützung zur Beendigung der Gewalt" in konfliktreichen Regionen, wo der CG mittlerweile die Rolle des Staates übernommen hat. Dazu zählen die Departamentos Chocó, Sucre, Córdoba sowie die Region Urabá.

In dem Brief, der am Sonntag, dem Tag der Amtseinführung Petros, veröffentlicht wurde, bittet der CG-Anführer die kolumbianische Öffentlichkeit um Vergebung für "das Unglück und den Schmerz, der zahlreichen Menschen während dieses langen bewaffneten Konflikts zugefügt wurde".

Erst Ende Juli hatte Petro den CG aufgefordert, den "Pistolenplan" auszusetzen, da junge Polizist:innen zu töten "der falsche Weg sei".

Die narco-paramilitärische Organisation folgt mit ihrer Gesprächsbereitschaft der ELN, die sich nach der Wahl Petros ebenfalls bereit erklärte, die nach einem Anschlag auf eine Polizeischule 2019 von Regierungsseite ausgesetzten Friedensgespräche wieder aufzunehmen. Auch Dissidentengruppen der Farc-EP hatten ihre Verhandlunsbereitschaft signalisiert.

Ein zentrales Anliegen der neuen Regierung Petro ist es, mit allen noch aktiven bewaffneten Gruppen in den Dialog zu treten, um einen umfassenden Frieden zu erzielen, der alle Gruppen einschließt und ein Ende der Gewalt in allen Regionen erreicht.