Peru / Politik

Gemischte Bilanz in Peru nach einem Jahr Amtszeit von Pedro Castillo

Präsident will "anhaltender Kampagne" gegen sich entgegentreten. Reformpläne leiden unter Instabilität im Kabinett und rechter Obstruktion

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Ein Jahr Amtszeit geprägt von Versuchen der Opposition, Castillo aus dem Amt zu befördern
Ein Jahr Amtszeit geprägt von Versuchen der Opposition, Castillo aus dem Amt zu befördern

Lima. Perus Präsident Pedro Castillo hat in seiner Rede an die Nation eine anhaltende politische und mediale Desinformationskampagne gegen ihn und seine im vergangenen Jahr gewählte linke Regierung beklagt. Die Rede fand anlässlich des einjährigen Amtsjubiläums statt.

Seine bisherige Amtszeit sei geprägt gewesen von Versuchen konservativer politischer Kräfte, die Regierung abzusetzen, konstatierte der Präsident, der vor einem Jahr als Gewerkschaftsführer und ehemaliger Grundschullehrer überraschend die Wahlen gewann. Castillo bekräftigte jedoch, vor dem Druck der Rechten nicht zurückweichen zu wollen.

Seit seiner Amtseinführung sei er "umgeben von negativen Vorhersagen konservativer Sektoren, die niemals einen Wandel und soziale Gerechtigkeit wollten", führte Castillo in seiner Rede an die Nation aus. Die politische Rechte, die über eine Mehrheit im Kongress verfügt, habe keinen Versuch ausgelassen, ihn und auch Vizepräsidentin Dina Boluarte des Amtes zu entheben, um selbst die Macht übernehmen zu können (amerika21 berichtete). Für die Korruptionsvorwürfe, die aktuell gegen ihn laut geworden sind, gebe es keinerlei Beweise.

Erst diese Woche verweigerte der Kongress dem Präsidenten die Erlaubnis, zur Amtseinführung des neu gewählten linken Präsidenten Gustavo Petro in Kolumbien auszureisen. In Peru muss das Parlament Auslandsreisen des Präsidenten zustimmen. Begründet wurde die verweigerte Zustimmung mit den fünf offenen Korruptionsermittlungen gegen Castillo. Das Ersuchen der parlamentarischen Erlaubnis war in der Vergangenheit stets reine Formsache gewesen: seit Alberto Fujimori hatten alle peruanischen Präsidenten eine Mehrheit im Parlament gegen sich und sahen sich zusätzlich mit Korruptionsermittlungen konfrontiert; dennoch wurde niemals zuvor einem Präsidenten ein Staatsbesuch verweigert.

Das Staatsoberhaupt hatte fristgerecht in einem offiziellen Schreiben an die Parlamentspräsidentin, Frau Camones (Allianz für den Fortschritt), um die Zustimmung zu seiner Reise in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá vom 6. bis 8. August gebeten. "Die Teilnahme des Präsidenten der Republik an dieser Zeremonie wird die historischen Bande der Brüderlichkeit und der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern stärken" und eine bilaterale Agenda schaffen für Themen "von gemeinsamem Interesse zum Nutzen der Bevölkerungen beider Staaten", hieß es in dem Ersuchen.

Außer der Obstruktionspolitik von rechts, regt sich jedoch auch von linker Seite Kritik an dem Präsidenten, der mit einem ambitionierten Sozial- und Wirtschaftsprogramm zur Wahl angetreten war.

Gewerkschafter:innen und Wissenschaftler:innen ziehen eine gemischte Bilanz des ersten Amtsjahres. Sie kritisieren unter anderem die fehlende Umsetzung der versprochenen Agrarreform (amerika21 berichtete) und verweisen auf regierungsinterne Probleme, die dieser bisher im Weg stünden. Die Kritik nennt unter anderem fehlende Klarheit, mangelnde Priorisierung der Agrarpolitik, einen kaum vorhandenen Dialog der Regierung mit Landarbeiter:innen sowie der wiederholte Austausch von Minister:innen.

Zuletzt hatte Ministerpräsident Aníbal Torres ein Rücktrittsersuchen aus persönlichen Gründen eingereicht. Torres ist bereits der vierte Ministerpräsident im Kabinett Castillo und bekleidet diese Position seit sechs Monaten. Das Ersuchen wurde von Castillo jedoch abgelehnt; Torres bleibt somit weiter im Amt. Hingegen kam es erneut zu Veränderungen des Kabinetts in den Ressorts Außenpolitik, Wirtschaft, Kultur, Arbeit, Transport und Wohnungen.