Wahlkampf in Kolumbien mit allen Mitteln: Festnahmen und Morddrohungen

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Verhaftungswelle in Cali und Bucaramanga (Symbolbild)
Verhaftungswelle in Cali und Bucaramanga (Symbolbild)

Cali/Bucaramanga. In den frühen Morgenstunden am Mittwoch sind in Cali und Bucaramanga mehrere Wohnungen durchsucht und mindestens 20 junge Männer sowie eine Frau festgenommen worden. Laut ihren Anwälten wurden die Inhaftierten von Polizisten bedroht, beschimpft und schikaniert. So wurde eine Gruppe von zwölf Personen über 20 Stunden in einer Einzelzelle zusammengepfercht, ohne Möglichkeit auf die Toilette zu gehen oder sich hinzulegen.

Die Staatsanwaltschaft erklärte auf Druck von Menschenrechtsorganisationen, dass sie diese Maßnahmen gegen Jugendliche angeordnet habe, die während der landesweiten Sozialproteste im vergangenen Jahr in Cali und Bucaramanga Teil der "Ersten Reihen" (Primera Línea) waren. Zudem lägen der Behörde – vier Tage vor der Präsidentschaftswahl – Informationen über angebliche Pläne zu Unruhen nach den Wahlen am Sonntag vor.

Auch der Polizeichef Jorge Luis Vargas sagte gegenüber der Presse, er habe die Operation wegen angeblicher "Absichten" der Verhafteten durchgeführt, die Wahlergebnisse vom Sonntag zu sabotieren und Gewalttaten zu begehen. Über "soziale Netzwerke, anonyme Profile, das Dark Web und das Deep Web" sei zu Straftaten aufgerufen worden, behauptete er.

Menschenrechtsorganisationen dagegen erklärten, dass Polizei und Generalstaatsanwaltschaft gezielt gegen Personen vorgingen, die im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Regierung im vergangenen Jahr stehen. Zudem rufen die Inhaftierten zur Wahl des linken Kandidaten Gustavo Petro auf. Immer wieder kam es in den letzten Wochen zu Bedrohungen, Ermordungen und Verfolgung von Personen und Gruppen, die sich für den Pacto Histórico im Wahlkampf engagiert haben.

Die "Primera Línea"-Gruppen in Cali hatten einen Tag zuvor ein Video publiziert, in dem sie alle Vorwürfen zurückweisen und klarstellen, keine Gewalttaten geplant zu haben. Im Gegenteil riefen sie dazu auf, bei den Wahlen für den Pacto Histórico zu stimmen und jegliche Form der Beeinträchtigung der Wahlen zu unterlassen.

Die "Primera Línea" gehört zur neuen Protestbewegung in Kolumbien: Junge Leute an der Spitze der Demonstrationen setzen sich zur Wehr und schützen mit Helmen und selbst gebastelten Schutzschilden ausgerüstet Mitprotestierende vor der Polizeigewalt.

Unterdessen äußerte sich auch Präsident Ivan Duque: "Die Sicherheitskräfte werden die uneingeschränkte Ausübung der Rechte garantieren und dazu beitragen, die Entscheidung des kolumbianischen Volkes bei den Wahlen zu respektieren."