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Deutscher Rüstungskonzern verhandelt mit Brasilien über Gepard-Munition für Ukraine

Auf Anfrage von amerika21 gibt Bundesregierung sich bei Munitionsdeal unbeteiligt. Lieferung könnte Abkommen über U-Boote mit Russland gefährden

Brasília/München/Berlin. Die geplante Lieferung des Gepard-Panzers aus Deutschland an die Ukraine soll mit Munition aus Brasilien ergänzt werden. Die brasilianischen Streitkräfte könnten 300.000 Schuss des Flugabwehrkanonenpanzers aus ihren Beständen verkaufen. Es liege ein entsprechendes Gesuch der Bundesregierung an Brasilien vor, berichtete das Nachrichtenportal Bloomberg Business Insider vergangene Woche.

Laut Verteidigungsministerium (BMVg) ist die Bundesregierung jedoch nicht an der Munitionsbeschaffung in Südamerika beteiligt. Die Vereinbarungen würden zwischen der Ukraine und der Industrie getroffen. "Bei der Abgabe von Panzern des Typs Gepard geht es um ein Angebot der Rüstungsindustrie an die Ukraine", erklärte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage der amerika21-Redaktion. Hersteller des Gepard ist der Rüstungskonzern Kraus-Maffei Wegmann (KMW).

Zu ihrer Rolle bei dem Geschäft gab die deutsche Regierung indes widersprüchliche Angaben. Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hatte gegenüber amerika21 zunächst erklärt, dass sich zu der Frage, ob Gespräche zwischen Deutschland und Brasilien über Munition für die Gepard-Panzer stattfinden, das BMVg äußere.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums stellt der Rückkauf von Munition aus brasilianischen Beständen durch die Industrie und der Weiterverkauf an die Ukraine einen rein privatwirtschaftlichen Deal dar. Allein die Industrie sei für das "Paket […] inklusive der Einholung aller Genehmigungen" zuständig, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums vergangenen Freitag. Gleichzeitig bestätigte er, dass man "selbstverständlich" mit den Partnern in Absprache stehe. "Wenn die Industrie Unterstützung braucht, würden wir schauen, was machbar ist."

Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte vergangene Woche der Ukraine die Lieferung des Gepards aus Industriebeständen in Aussicht gestellt. Der Bundestag stimmte für die Lieferung, doch fehlt die Munition, um die Panzer kriegstauglich zu machen.

Auf Anfrage dementierten auch die brasilianischen Streitkräfte und das brasilianische Außenministerium, dass sie von der deutschen Regierung zwecks Lieferung von Gepard-Munition angefragt wurden. Dabei ließen sie offen, ob es Anfragen des Krauss-Maffei-Konzerns gebe.

Eine Lieferung von Munition aus brasilianischen Beständen an die Ukraine birgt für Brasilien verteidigungs- und außenpolitischen Sprengstoff. Das südamerikanische Land zählt einerseits zu den politischen und militärischen Verbündeten der USA. Andererseits könnte die indirekte Unterstützung der Ukraine die "gute Beziehung" zwischen Präsident Jair Bolsonaro und dem russischen Staatschef Wladimir Putin sowie ein gemeinsames Rüstungsabkommen über U-Boote belasten, bewerten Beobachter:innen die schwierige Entscheidungslage der Regierung.

Bei seinem Moskau-Besuch eine Woche vor dem russischen Angriff vereinbarten Bolsonaro und Putin, dass Russland Brasilien beim Bau von U-Booten mit Atomantrieb sowie beim Atomkraftwerk Angra 3 nahe Rio de Janeiro unterstützen werde. Seit Langem verfolgen die brasilianischen Militärs den Plan, die Marine mit nuklear betriebenen U-Booten auszustatten, um die Erdölreserven vor der brasilianischen Küste zu sichern. Bei ihren Bemühungen seien sie von den USA jedoch hingehalten worden, weswegen sich Bolsonaro an Russland gewandt habe, berichtete die lokale Presse.

Die brasilianische Armee hatte im Jahr 2013 34 Gepard-Flakpanzer aus Restbeständen der Bundeswehr gekauft, um Großveranstaltungen wie den Weltjugendtag mit dem Papst Franziskus, den Fußball-Confederations Cup und die Fußballweltmeisterschaft 2014 zu sichern. Krauss-Maffei ist seit 2011 in Brasilien tätig, wo es seit 2016 ein Instandsetzungswerk für Leopard- und Gepard-Panzer im Dienst der brasilianischen Streitkräfte unterhält.

Der Rüstungskonzern hat auf eine Anfrage der Redaktion vom Montag bislang nicht reagiert.