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Venezuela liefert wieder Diesel nach Kuba

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Die "Central Termoeléctrica Antonio Guiteras" ist seit 1988 in Betrieb
Die "Central Termoeléctrica Antonio Guiteras" ist seit 1988 in Betrieb

Caracas/Havanna. Nach siebenmonatiger Unterbrechung erwartet Kuba wieder neue Treibstofflieferungen aus Venezuela. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Dokumente des staatlichen venezolanischen Ölkonzerns PDVSA. Mit einer ersten Ladung von 190.000 Tonnen Diesel sollen Stromengpässe verhindert werden, die aufgrund der Brennstoffknappheit seit einigen Jahren gehäuft auftreten.

Venezuela kommt im Rahmen eines bilateralen Abkommens im Austausch gegen medizinische Dienstleistungen für den Großteil des Energiebedarfs der Insel auf.

Kuba hat im ersten Quartal des Jahres 70.000 Rohölbarrel pro Tag (bpd) importiert, rund ein Drittel unter dem Bedarf von 100.000 bpb und deutlich weniger als die 137.000 bpd, die vor der Pandemie und der Sanktionswelle 2019 usus waren. Aufgrund zurückgegangener Lieferungen aus dem verbündeten Venezuela musste das Land bereits ab 2016 vermehrt auf dem Weltmarkt zukaufen, wo die Preise zuletzt massiv gestiegen sind. Kubas wichtigster Lieferant ist dort Algerien.

"Eine 40.000-Tonnen-Ladung Diesel, die letzten Monat mit 35 bis 36 Millionen Dollar bepreist war, kostet jetzt 58 Millionen Dollar", machte Wirtschaftsminister Alejandro Gil deutlich. Hinzu kommen die Folgen der US-Sanktionen, welche die Logistikkosten für Kuba gegenüber dem marktüblichen Preis um 20 Prozent verteuern. Das für 2022 geplante Budget für Treibstoffimporte ist laut Gil bereits in den ersten beiden Monaten des Jahres um 49 Millionen US-Dollar überschritten worden.

Seit letztem September hat Kuba keinen Diesel oder anderen raffinierten Kraftstoff mehr aus Venezuela erhalten. Die Erdöllieferungen gingen von 44.000 bpd im Jahr 2020 auf 21.000 bpb zurück und haben sich dieses Jahr wieder auf 22.000 bpb leicht erhöht. Der Großteil des Erdöls wird in Schwerölkraftwerken für die Stromerzeugung genutzt. Die aus sowjetischer Zeit stammenden Kraftwerke kommen für 62 Prozent des Bedarfs auf. Im Zuge häufiger Havarien und steigender Nachfrage mussten jedoch zuletzt immer öfter die kleineren Dieselkraftwerke einspringen, die im Rahmen der "Energierevolution" ab 2006 errichtet wurden.

Erst vergangene Woche musste die "Central Termoeléctrica (CTE) Antonio Guiteras", seit ihrer Inbetriebnahme 1988 das leistungsstärkste und modernste Elektrizitätswerk des Landes, aufgrund eines erneuten Zwischenfalls für fünf Tage vom Netz gehen.

Seit Mai 2019 kommen auch mehrere schwimmende Kraftwerksschiffe aus der Türkei zum Einsatz. Sie machen mittlerweile rund 15 Prozent des Strommixes aus und verbrennen ebenfalls Dieselkraftstoff.

Wie Reuters berichtet, hat der kubanische Tanker "Delsa" zusätzlich zu den 190.000 Tonnen Diesel auch 200.000 Tonnen Schweröl geladen. Möglich wurde dies durch die allmähliche Erholung der venezolanischen Ölindustrie nach langjähriger Krise u.a. aufgrund verschärfter Sanktionen der US-Regierung. Die steigenden Weltmarktpreise helfen dem Land dabei. In den Raffinerien hat sich die Rohölverarbeitung in den vergangenen Wochen bei 230.000 bpd stabilisiert, liegt damit allerdings noch deutlich unter der Kapazität von 1,3 Millionen bpd.