Demonstranten verhindern Universitätswahl in Guatemala

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Neben studentischen Gruppen haben auch Landarbeiterorganisationen den Protest unterstützt
Neben studentischen Gruppen haben auch Landarbeiterorganisationen den Protest unterstützt

Guatemala-Stadt. Hunderte Demonstranten haben am Mittwoch in Guatemala-Stadt den Zugang zum "Museo Univeritario de la Universidad" (Musac) blockiert, wo der Wahlrat über einen neuen Rektor der staatlichen Universität entscheiden sollte. 

Die Wahlkampange zum neuen Rektor der "Universidad San Carlos" (Usac) hatte in diesem Jahr großes gesellschaftliches Interesse geweckt. Der Kandidat der offiziellen Leitung der Universität, Walter Mazariegos von der Liste Innova Usac, wurde mit massiven Vorwürfen vor allem von Seiten der oppositionellen Liste SOS Usac konfrontriert. Diese hatte den Menschenrechtsobman Jordan Rodas als Kandidaten für die Universitätsleitung nominiert.

Der Hauptvorwurf von SOS Usac war, Mazariegos werde bei seiner Kandidatur von Staatspräsident Alejandro Giammattei unterstützt, damit verstoße er gegen den Autonomiestatus der Universität und diene den Interessen des "Paktes der Korrupten".

"Pakt der Korrupten" wird in Guatemala das Geflecht aus korrupten Politikern, Wirtschaftseliten und organisierter Kriminalität genannt. Nachdem dieserPakt sich bereits des Staates ermächtigt habe, greife er nun auch nach der San Carlos Universität, hatte Rodas in den vergangenen Wochen mehrfach gegenüber der Presse erklärt. Mazariegos hatte die Vorwürfe stets bestritten: Er sei "unabhängig" und "niemandem verpflichtet".

In einem aufwändigen Wahlprozess wurden in den vergangenen Wochen in den einzelnen Fakultäten Vertreter für das zentrale Wahlgremium bestimmt. Wahlberechtigt waren Studierende, Dozenten sowie ehemalige Studierende mit entsprechendem Abschluss im zentralen Campus der Universität in der Hauptstadt sowie in den Außenstellen der Universität in den Departamentos.

Im Wahlprozess hatten sich Mazariegos und Rodas als aussichtsreichste Kandidaten herauskristallisiert. Am Dienstagabend (Ortszeit) wandten sich Vertreter des Wahlgremiums aus sieben Fakultäten an die Presse, ihnen solle der Zugang zum Wahlgremium am Mittwoch verwehrt werden.

In vier der sieben betroffenen Fakultäten hatte Rodas Liste SOS Usac gewonnen, in drei Carlos Valladeres von der Liste "Avante San Carlos", der ebenfalls der universitätsinternen Opposition zugerechnet wird. Kurz darauf griffen Rodas und weitere Kandidaten die Vorwürfe auf, sprachen von Betrug und riefen zu Protesten auf. Dass die Entscheidung vom Obersten Universitätsrat getroffen wurde, dem auch Mazariegos angehörte und bei der entsprechenden Sitzung anwesend war, ist für Rodas ein Skandal. "Man kann nicht Tore schießen wollen und gleichzeitig Schiedsrichter sein", erklärte er mit Blick auf die Kandidatur von Mazariegos.

Am Mittwoch versammelten sich hunderte Menschen vor dem Gebäude des Musac, in dem das Wahlgremium zusammentreten sollte. Mit den Worten "entweder wählen alle oder keiner" blockierten die Demonstranten die Zugänge und verhinderten die Wahl. Kurz darauf ergriff Valladeres von "Avante San Carlos" das Mikrofon und erklärte die Wahl für abgesagt.

Rodas erklärte am Abend, an den Protesten hätten sich neben studentischen Organisationen auch Vertreter verschiedener gesellschaftlicher Organisationen beteiligt, auch die Landarbeiterorganisationen CUC (Komitee für Bauerneinheit) und Codeca (Komitee für bäuerliche Entwicklung) hätten die Proteste unterstützt. Das hohe Interesse erklärte Rodas damit, dass es sich um die "einzige staatliche Universität" handle, die "uns die 'Mafia' um Mazariegos stehlen will".

Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. Hada Alvarado, ehemalige Kandidatin für das Rektoramt und Unterstützerin von SOS Usac, wurde mit den Worten zitiert: "Wenn eine Wahl nicht an dem Tag, zu der Uhrzeit und an dem Ort abgehalten wird, zu dem aufgerufen wurde, ist sie praktisch annulliert".

Die San Carlos Universität bietet ein qualitativ hohes Bildungsangebot, welches, da nahezu kostenlos, auch ärmeren Bevölkerungsschichten zur Verfügung steht. Verschiedene Gremien der Studierenden garantieren außerdem ein hohes Maß an studentischer Mitbestimmung und Protestkultur, die in dieser Form an den privaten Universitäten nicht vorhanden ist.

Der Konflikt zwischen der Universitätsleitung und studentischen Gremien währt indes schon länger. 2019 hatte die Universitätsleitung drastische Erhöhungen der Gebühren für Prüfungen und Vorbereitungskurse beschlossen. Studierendenorganisationen hatten darin den Versuch einer "Privatisierung" gesehen und mit vierwöchiger Besetzung der Universitäten die Gebührenerhöhung erfolgreich abgewehrt. Schon damals hatten Studentenvertreter aber auch auf weitere Probleme wie undemokratische Strukturen und mangelnde Mitbestimmung an der Universität hingewiesen (amerika21 berichtete).