Kolumbien / Politik

Vorwahlzeit in Kolumbien: Schmutzkampagne gegen linken Kandidaten Petro immer heftiger

Skandal um Besuch von Petros Bruder im Gefängnis La Picota. Offenbar Komplott von Häftlingen mit Verbindungen zu den "Uribisten" gegen Petro

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Gustavo Petro, Kandidat des progressiven Bündnisses Pacto Histórico, gewinnt seit Monaten alle Umfragen
Gustavo Petro, Kandidat des progressiven Bündnisses Pacto Histórico, gewinnt seit Monaten alle Umfragen

Bogotá. Wegen Korruption inhaftierte Politiker haben eine Diskreditierungskampagne gegen den progressiven, aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten, Gustavo Petro, ins Rollen gebracht. Sie haben gegenüber den Leitmedien falsche "Enthüllungen" gemacht, die auf heimliche illegale Deals zwischen Petro und ihnen hinweisen sollen.

Unter anderem haben sie dafür den Bruder des Kandidaten, Juan Fernando Petro, in das Gefängnis La Picota gelockt. Sein Besuch bei Häftlingen, die wegen Korruption einsitzen, wurde zum Skandal. Kurz danach erschien ein Audio des inhaftierten Paramilitärs und Drogenhändlers Marcos de Jesús Figueroa, auch als Marquitos Figueroa bekannt, in den Sozialen Medien, in dem er dazu einlädt, Gustavo Petro zu wählen.

Der Hauptkontrahent von Petro, der rechte Kandidat Federico Gutiérrez, sagte, es sei völlig klar, dass die Kampagne der progressiven Bewegung Pacto Histórico seit Monaten versucht hätte, "Kontakt zu korrupten Politikern und hochgefährlichen Killern" herzustellen. Ziel sei gewesen, Stimmen gegen eine künftige Begnadigung zu tauschen.

Laut einem Bericht des Senders Noticias Caracol, der sich auf Aussagen von Insassen berief, hat Juan Fernando Petro ein sechsstündiges Treffen in La Picota mit circa zehn Politikern und Paramilitärs gehabt, die wegen Korruption und Massakern im Gefängnis sitzen. Mehrere Inhaftierte versicherten Noticias Caracol, dass Petro beim Treffen eine Justizreform, eine Reduzierung der Strafen um 20 Prozent und die Abschaffung der Vollzugsrichter anbot. Als Gegenleistung soll er politische Unterstützung bei den Wahlen gefordert haben.

Juan Fernando Petro bestätigte, Anfang April in La Picota gewesen zu sein, aber nicht als Vertreter seines Bruders, sondern der ökumenischen Menschenrechtsorganisation Justicia y Paz (CIJP), mit der er seit drei Jahren zusammenarbeitet. Der Menschenrechtler stritt jegliche Verbindungen zwischen seinem Besuch und dem Wahlkampf seines Bruders ab. Er habe die Einladung von Insassen angenommen, die Interesse an dem CIJP-Projekt zu "Verzeihung und Versöhnung" bekundet hatten. Im Rahmen dieses Projekts hätten er und Angehörige der CIJP auch Ex-Guerilleros und Ex-Paramilitärs in Konfliktregionen getroffen.

Die CIJP erklärte in einem Kommuniqué, dass zu "keinem Zeitpunkt" des Treffens "die Rede von einem Angebot zur Strafminderung, Amnestie oder Begnadigung war", auch nicht "von Geldern oder Stimmen zugunsten eines Wahlkampfs". Bei dem Besuch war auch der Koordinator der CIJP, Danilo Rueda, dabei.

Enthüllungen des unabhängigen Senders Noticias Uno weisen auf einen Diskreditierungsplan gegen Gustavo Petro hin, der Ende März im Gang gesetzt worden ist. Am 23. März habe der inhaftierte Ex-Gouverneur von La Guajira, Juan Francisco Gómez Cechar, besser als Kiko Gómez bekannt, bei einem Treffen mit anderen Häftlingen einen angeblichen Vorschlag Petros unterbreitet.

Es ging um ein "Schlussstrich-Gesetz" für Insassen. Gómez Anwalt, Pedro Niño, der auch an der Zusammenkunft teilnahm, verbreitete ein vierseitiges Dokument über das "Vergeben und Vergessen" der Verbrechen der Insassen als wäre es von Petro. Inhaftierte Polizisten und Militärs analysierten das Dokument und kamen zu dem Schluss, dass es sich bei der ganzen Angelegenheit um Betrug handelte, so die Quellen von Noticias Uno.

Auch den Besuch von Juan Fernando Petro in La Picota hat Niño organisiert. Der Anwalt hatte bei den Inhaftierten angekündigt, dass der Bruder des Präsidentschaftsanwärters sie bald persönlich besuchen werde.

Niños Klient, Gómez, ist wegen sechs Morden zu 55 Jahre Freiheitsentzug verurteilt. Er gehörte zur kriminellen paramilitärischen Gruppe von Marquitos Figueroa, der in einem anderen Gefängnis eine Strafe von 36 Jahren verbüßt. Figueroa war Geschäftspartner des Drogenhändlers José Hernández, auch als Ñeñe Hernández bekannt, der die Wahlkampagne von Präsident Iván Duque mitfinanziert haben soll. Die Vertraute von Hernández', Maria Claudia Daza, war die rechte Hand des Ex-Senators und ultrarechten früheren Präsidenten Álvaro Uribe. Es ist in Kolumbien kein Geheimnis, dass Uribe, Duque und ihre Anhänger den rechten Kandidaten Federico Gutiérrez unterstützen.

Einen Tag nach dem Besuch Petros rief Figueroa dazu auf, für Petro zu stimmen. Der Anwalt der Opfer von Figueroa und Sympathisant des Pacto Histórico, Miguel Ángel del Río, versicherte, "dieser Kriminelle wolle nur den Wahlkampf von Gustavo Petro beschmutzen."

Auch einer der Häftlinge, die sich mit der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte und Juan Fernando Petro traf, bekräftigte, sie hätten kein Angebot im Namen der Wahlkampagne von Gustavo Petro erhalten.

Der Wahlfavorit selbst teilte mit: "Mein Regierungsprogramm beinhaltet keine Justizreform, die Strafmilderungen vorsieht. Ich lehne die Idee ab, dass die Suche nach einer gesellschaftlichen Versöhnung mit der Reduzierung von Strafen für Korrupte verbunden wird." Petro gewinnt seit Monaten alle Umfragen.