Staatliche Ölgesellschaft von Venezuela bereitet sich auf mögliche Aufhebung der US-Sanktionen vor

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Venezuelas Binnenwirtschaft ist vom Erdöl abhängig
Venezuelas Binnenwirtschaft ist vom Erdöl abhängig

Caracas. Die venezolanische Ölproduktion steigt trotz der anhaltenden Ungewissheit über die Aufhebung der US-Sanktionen stetig an.

Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) bezifferte die Fördermenge von Caracas im März auf 697.000 Barrel pro Tag (bpd), 8.000 bpd mehr als im Februar. Die staatliche Ölgesellschaft PDVSA meldete ihrerseits eine Produktion von 728.000 bpd, 60.000 bpd weniger als im Vormonat.

Venezuelas Ölexporte gingen laut Reuters im März zurück, weil Ladungen wegen angeblich schlechter Ölqualität zurückgegeben wurden.

Die Rohölproduktion und -exporte des karibischen Landes sind unter den jahrelangen US-Sanktionen von 1,9 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2017 auf weniger als 500.000 Barrel pro Tag im Jahr 2020 gesunken. Im vergangenen Jahr konnte PDVSA den steilen Rückgang stoppen und die Produktion wieder auf durchschnittlich 558.000 Barrel pro Tag steigern, was einem Anstieg von zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Die Wiederbelebung der Ölproduktion wurde hauptsächlich durch ein Tauschgeschäft mit dem Iran vorangetrieben, der dringend benötigte Verdünnungsmittel für die Produktion der wichtigsten exportfähigen Sorten Venezuelas lieferte. Ölminister Tareck El Aissami lobte die Arbeiter des staatlichen Unternehmens für wichtige Reparaturleistungen und die Herstellung benötigter Teile, was zum Anstieg der Produktion beigetragen habe.

Trotz des jüngsten Produktionsanstiegs hat Venezuela die monatliche Fördermenge von einer Million bpd noch nicht erreicht, was nach Angaben von PDVSA zuletzt im Dezember 2021 kurzzeitig der Fall war.

Dennoch hat sich die Regierung von Nicolás Maduro das Ziel gesetzt, bis Ende 2022 zwei Millionen bpd zu produzieren. Dies ist Teil einer breit angelegten Wirtschaftsstrategie, die dem Land die niedrigste monatliche Inflation seit einem Jahrzehnt beschert hat. Die wirtschaftliche Stabilität hat zu optimistischen Prognosen geführt: Die Schweizer Bank Credit Suisse rechnet für 2022 mit einem Wachstum von 20 Prozent, da sie davon ausgeht, dass die venezolanische Ölproduktion um mehr als 20 Prozent steigen wird.

Die Sanktionen gegen die Ölindustrie Venezuelas begannen 2017, als das US-Finanzministerium finanzielle Maßnahmen gegen PDVSA verhängte, gefolgt von einem Ölembargo im Jahr 2019 sowie sekundären Sanktionen und Drohungen gegen Reedereien und andere Zwischenhändler.

PDVSA wurde in der Folge von den internationalen Märkten ferngehalten und daran gehindert, seine Schulden zu bedienen, neues Kapital und wichtige Teile zu beschaffen, um die Reparaturen in ihrer vom Westen errichteten Industrie zu tragen. Ausländische Unternehmen waren auch gezwungen, ihre Bohr- und Handelsaktivitäten im Rahmen von Joint Ventures im Land aufzugeben.

Die Aussichten für den wichtigsten Wirtschaftszweig Venezuelas haben sich jedoch verbessert und stoßen auf weltweites Interesse, nachdem eine US-Delegation das südamerikanische Land Anfang März besucht hatte. Bei dem hochrangigen Treffen mit Präsident Maduro ging es Berichten zufolge um die Rückkehr von venezolanischem Rohöl auf die US-Märkte nach der russischen Militäroperation in der Ukraine und den damit verbundenen Sanktionen gegen Moskau. Früher exportierte Caracas etwa 500.000 bpd in US-Raffinerien.

Die geopolitische Neuordnung der weltweiten Ölversorgung hat PDVSA veranlasst, erste Schritte zu unternehmen, um sich auf ein Szenario von Sanktionslockerungen vorzubereiten, das eine Ausweitung der Produktion und der Exporte ermöglichen würde. Nach Angaben von Reuters führt das Unternehmen Gespräche, um Rohöl oder raffinierte Produkte als Bezahlung für neue Tanker bereitzustellen, um beschädigte Schiffe zu ersetzen und seine derzeitige Flotte zu verstärken.

"Die Tankerflotte von PDVSA ist zu klein, um die Ölproduktion für die inländische Raffinierung oder den Export zu erhöhen", erklärte eine an den Verhandlungen beteiligte Quelle.

In den letzten Jahren haben die US-Sanktionen PDVSA auch daran gehindert, die Zertifizierung ihrer Schiffe als seetüchtig zu erneuern, so dass diese in venezolanischen Gewässern festsitzen. Dadurch war Caracas gezwungen, auf teure Öltanker von Drittanbietern zurückzugreifen und ausschließlich an asiatische Märkte zu erheblichen Preisnachlässen zu verkaufen.

PDVSA bereitet sich nicht allein auf eine mögliche Lockerung der Sanktionen vor. Der in Kalifornien ansässige Ölkonzern Chevron bemüht sich Berichten zufolge immer noch um eine erweiterte Lizenz, die es ihm erlauben würde, wieder mit seinen vier mit PDVSA gemeinsamen betriebenen Ölunternehmen in Venezuela zu arbeiten und im Gegenzug für den Abbau der unbezahlten Schulden von Caracas direkt in die USA zu liefern.

Dem Plan von Chevron, die Rohölförderung in venezolanischen Ölfeldern zu erhöhen, wurde angeblich von den Behörden Venezuelas vor der Genehmigung durch die USA zugestimmt, obwohl bisher keine offizielle Erklärung abgegeben wurde. Die spanische Repsol, die italienische Eni und die indische ONGC Videsh gehören ebenfalls zu den Unternehmen, die sich Lizenzen für Öl gegen Schulden sichern wollen.

Der Druck für Sanktionslockerungen hat auch innerhalb der Opposition des Karibikstaates an Kraft gewonnen. Am Mittwoch richtete eine Gruppe von Politikern, Geschäftsleuten, Wirtschaftswissenschaftlern und Analysten einen Brief an die Regierung von US-Präsident Joe Biden, in dem sie die Aufhebung der Maßnahmen forderten, die die Rückkehr westlicher Ölfirmen in das Karibikland ermöglichen.

Die Unterzeichner forderten die US-Regierung auf, "innenpolitischen Druck" zu überwinden, der die jüngsten Gespräche mit Caracas behindert habe. Sie forderten auch die venezolanische Opposition unter der Führung des selbsternannten "Interimspräsidenten" Juan Guaidó auf, "sich nicht von extremen Positionen, die den schmerzhaften Status quo nur verlängern, in Geiselhaft nehmen zu lassen".

Nachdem er bei den jüngsten hochrangigen Gesprächen zwischen Biden und Maduro ausgegrenzt wurde, hat Guaidó versucht, ausländische Ölfirmen davon zu überzeugen, sich nicht mehr für eine Aufhebung der Sanktionen einzusetzen, und sie aufgefordert, an der "Demokratie" festzuhalten. Auch weitere Hardliner der Opposition haben die US-Regierung aufgefordert, die Blockade gegen Venezuela nicht zu lockern.