Guatemala / Umwelt

Umweltaktivist in Guatemala aus der Haft entlassen

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Bernardo Caal Xol ist wieder frei
Bernardo Caal Xol ist wieder frei

Quetzaltenango. Bernardo Caal Xol ist nach 50 Monaten Haft wieder frei. Die überraschende Nachricht über die bevorstehende Freilassung des politischen Gefangenen wurde vergangenen Donnerstag durch seine Anwälte auf einer Pressekonferenz bestätigt. Das zuständige Gericht in der Hauptstadt habe eine vorzeitige Haftentlassung "wegen guter Führung" angeordnet. Der Anwalt Edgar de León erklärte, das die Entlassung unter den Auflagen erfolgte, sich regelmässig bei den Beörden zu melden, seinen Wohnsitz nicht ohne Zustimmung der Behörden zu wechseln und bis Ablauf der Hafstrafe im Mai 2025 nicht wieder "straffällig" zu werden.

Caal Xol ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten des Widerstands gegen mehrere Wasserkraftwerke am Río Cahabón, einem 169 Kilometer langen Fluss im nördlichen Departamento Alta Verapaz. Anfang 2018 wurde er zu einer Haftstrafe von sieben Jahren und vier Monaten verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, mit einer Gruppe Männer aus der Gemeinde Santa Maria Cahabón vier Mitarbeiter des Unternehmens Oxec S. A. festgehalten und ausgeraubt zu haben.

Der Umweltaktivist hatte die Tat stets abgestritten, es wurden keine Beweise für die Anklage vorgebracht. Zahlreiche internationale Organisationen hatten die Vorwürfe als konstruiert angesehen. Amnesty International initierte im vergangenen Jahr eine Briefkampange für den politischen Gefangenen. In einer Pressemitteilung kurz nach der Freilassung schreibt Erika Guevara Rosas, Direktorin von Amnesty International für den amerikanischen Doppelkontinent, die "Freilassung ist eine gute Nachricht für Bernardo, seine Familie und die Maya Q’eqchi’ Gemeinden in Guatemala [...], aber Bernardo hätte nicht einen Tag im Gefängnis verbringen dürfen".

Auch zahlreiche linke und soziale Organisationen aus dem In- und Ausland nahmen in den vergangenen Tagen zu der Freilassung Stellung. Die Landarbeiterorganisation Bauernkomitee des Hochlandes (CCDA) schrieb in einer Pressemitteilung, Caal Xol habe mit seinem "guten Verhalten" immer gezeigt, dass die "willkürliche Inhaftierung den Kampf um Territorium, Mutter Natur und Leben kriminalisieren soll". Gleichzeitig fordert die Organisationen die Freilassung von fünf ihrer Mitglieder, die teilweise zu Haftstrafen von mehreren Jahrzehnten verurteilt worden.

Als Caal Xol das Gefängnis verlassen konnte, hatten sich vor dem Gefängnis in der Provinzhauptstadt Cobán im Norden Guatemalas bereits Verwandte, Freunde und politische Weggefährten eingefunden und begrüßten den Fünfzigjährigen mit Sprechchören und Bernardo-Rufen. Caal Xol bedankte sich bei allen "für die Anwesenheit, um mich abzuholen [...]. Wir haben heute Geschichte geschrieben, nach vier Jahren und zwei Monaten der ungerechten Inhaftierung, die die Oxec S.A. gegen mich organisiert hat".

Nach einem Dank an "soziale Organisationen und die internationale Gemeinschaft" ging der Umweltaktivist auch auf weitere Fälle der Kriminalisierung ein. Gegen "Tausende Menschen der Völker der Maya" gebe es in Guatemala Haftbefehle, auch in diesem Gefängnis "hinter mir bleiben Compañeros zurück", die heute "geweint haben, als ich das Gefängnis verlassen konnte. Diese Fälle sind uns aber Ansporn, weiter zu kämpfen und uns zu organisieren […]. Der Kapitalismus will unsere natürlichen Ressourcen zerstören."

Ans Ausruhen denkt der Lehrer und Gewerkschafter nicht. Wie unmittelbar nach seine Entlassung angekündigt, begann am Samstagmorgen eine Karawane vom Parque Central in Cobán bis Santa Maria Cohabón, der Heimatgemeinde von Caal Xol. Die Karawane verfolge den Zweck, "meine Erfahrungen mit dem Gefängnis zu teilen und unsere Organisierung voranzubringen", erklärte Caal Xol.

Ein Autokorso, an dem Hunderte Menschen teilnahmen, erreichte nach mehreren Zwischenstopps in umliegenden Gemeinden den Landkreis Santa Maria Cohabón, wo Caal Xol von Tausenden Menschen begeistert empfangen wurde. Viele verdeutlichten dabei, den Widerstand gegen die Wasserkraftwerke fortzusetzen. "Bernardo ist frei, die Flüsse noch nicht", hieß es auf einem der mitgeführten Plakate.