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Diplomatische Spannungen zwischen Nicaragua und Spanien

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Wurde abberufen: Nicaraguas Botschafter in Spanien, Carlos Midence
Wurde abberufen: Nicaraguas Botschafter in Spanien, Carlos Midence

Managua/Madrid. Die Regierung von Nicaragua hat dem Außenministerium des Königreichs Spanien mitgeteilt, dass sie ihren Botschafter Carlos Midence von seinem Posten abberuft. Die Entscheidung sei "eine Reaktion auf den ständigen Druck und die Drohungen gegen unseren Botschafter", heißt es in dem zum 10. März datierten Schreiben. Diese Situation mache es dem Botschafter unmöglich, seine diplomatischen Pflichten zu erfüllen.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Nicaragua und Spanien befinden sich seit 2021 in einer tieferen Krise, nachdem das iberische Land die Inhaftierung von möglichen Kandidaten aus dem Oppositionsumfeld für die Präsidentschaftswahlen kritisiert hatte. Die Regierung in Madrid hatte deshalb ihre Botschafterin María del Mar Fernández-Palacios zurückbeordert und die Wahlen vom 7. November 2021 als "eine Farce, die nicht den wirklichen Willen des Volkes widerspiegelt", bezeichnet. Außerdem hatte sie die Europäische Union aufgefordert, ein Verfahren für die Anwendung neuer individueller Sanktionen gegen nicaraguanische Regierungsvertreter einzuleiten.

Im Gegenzug hatte die Regierung von Präsident Daniel Ortega die Rückkehr der spanischen Botschafterin nach Nicaragua verhindert.

Laut Aussage des spanischen Außenministers José Manuel Albares kam Nicaragua mit dem aktuellen Rückzug seines Botschafters einer möglichen Ausweisung zuvor. Vermutlich hätte Spanien den im diplomatischen Austausch gebräuchlichen "Grundsatz der Gegenseitigkeit" angewendet und den Botschafter des Landes verwiesen.

Die konfrontative Umgangsweise der Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez mit den Entwicklungen in Nicaragua scheint nicht auf einhellige Zustimmung im Land zu stoßen. So erklärte Ismael Sánchez Castillo, ein Mitglied des andalusischen Parlaments von den Vereinigten Linken, man könne sehen, wie sich die Regierung "an den Angriffen gegen die Selbstbestimmung der nicaraguanischen Gesellschaft beteiligt und eine von den USA orchestrierte Medienkampagne fördert".

Die Ministerpräsidenten und Staasoberhäupter Spaniens haben indes schon seit Jahren Probleme beim Umgang mit den zur linksgerichteten Bolivarischen Allianz (Alba) gehörenden Regierungen in Lateinamerika. Legendär ist die Konfrontation von Hugo Chávez mit dem spanischen König Juan Carlos, als dieser Chávez beim Iberoamerika-Gipfel 2007 „den Mund verbieten“ wollte, und die vielfache Zurückweisung von als kolonialistisch empfundenen Einmischungen spanischer Regierungsvertreter. Über Jahre hinweg hatte Spanien den aktuellen venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro ignoriert oder nicht anerkannt und entsprechend der US-Position die selbsternannte "Übergangsregierung" des ehemaligen Abgeordneten Juan Guaidó als legitime Regierung betrachtet.

In den Medien Nicaraguas wird der wachsende diplomatische Konflikt unterschiedlich dargestellt. In dem seit langer Zeit US-finanzierten Onlinemedium Confidencial wird die spanische Forderung nach Freilassung von Oppositionellen und die Forderung nach einer Rückkehr der Botschafterin in den Mittelpunkt gerückt. Regierungsnahe Medien und Abgeordnete wie Wilfredo Navarro kreiden Spanien neben der direkten Einmischung in die inneren Angelegenheiten und die Übernahme von US-Positionen auch die geopolitische Unterstützung der US-Regierung und die direkte Unterstützung von Sanktionen gegen Russland und russische Medien an.