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Privatisierung des Lithiumabbaus in Chile vorerst gerichtlich gestoppt

Scheidender Präsident will Nachfolger mit Vergabe von Lizenzen an Privatkonzerne binden. Auch Verfassungskonvent betroffen

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Anlage zum Abbau von Lithium in der Atacama-Region
Anlage zum Abbau von Lithium in der Atacama-Region

Santiago. Wenige Wochen vor dem Regierungswechsel in Chile hat die Regierung von Sebastían Piñera die Rechte für den Abbau und die Vermarktung des wertvollen Minerals Lithium zwei Megakonzernen zugesichert. Mit dem am 14. Januar erfolgten Zuschlag könnten die Unternehmen BYD Chile SpA (China) und Servicios y Operaciones Mineras del Norte S.A. (Chile) jeweils 80.000 Tonnen Lithium bis ins Jahr 2050 abbauen.

Jedoch ist die Entscheidung nun vorerst außer Kraft gesetzt. Das Berufungsgericht von Copiapó im Norden von Chile stimmte am Freitag einem Schutzgesuch zu, welches der Gouverneur von Atacamas, Miguel Vargas, gemeinsam mit indigenen Aymara- und Diaguita-Gemeinden eingereicht hatte. Die Gemeinden bewohnen einen Teil der Atacama-Wüste im Norden Chiles, der von dem Abbau betroffen ist.

Die Initiative der scheidenden Regierung kam den Plänen des designierten linken Präsidenten Gabriel Boric zuvor, der verkündet hatte, den Lithiumabbau und Vertrieb in Zukunft über eine staatliche Firma abzuwickeln. Boric forderte Piñera deshalb auf, keine unrechtmäßigen Entscheidungen zu treffen, die die neue Regierung und die Zukunft des Landes behindern.

Mehrere Oppositionsabgeordnete verließen die Sitzung des Parlaments, nachdem die Entscheidung über den Zuschlag für die zwei Konzerne bekannt gegeben worden war, um ihrem Ärger über den intransparenten und undemokratischen Prozess Ausdruck zu verleihen.

"Es zeugt von Missachtung der Staatsgewalt, dass die Regierung eine Stunde vor einer Sondersitzung, in der wir über die Angelegenheit beraten und entsprechende Vereinbarungen für das Land treffen sollen, zwei Privatunternehmen mit der Ausbeutung von Lithium für [fast] 30 Jahre beauftragt hat", so der Oppositionsabgeordnete der Partei für Demokratie Raúl Soto.

Der Prozess wird begleitet von Protesten im ganzen Land. Die Kritik bezieht sich sowohl auf die wirtschaftlichen Implikationen der Privatisierung der natürlichen Ressource, als auch auf die schweren Folgen für die Umwelt, die durch die Praktiken der Bergbaukonzerne im Norden Chiles verursacht werden. In der Atacama-Wüste wird das Wasser für die Menschen und Felder immer knapper.

Chile ist nach Australien der zweitgrößte Produzent von Lithium mit einem Marktanteil von rund 32 Prozent. Bei den geschätzten Vorkommen liegt Chile hinter Bolivien an zweiter Stelle. Das Leichtmetall ist der entscheidende Rohstoff für den Bau von Batterien. Mit der Umstellung auf elektrische Fahrzeuge wächst der Bedarf steil an.

Die Initiative, welche Piñera im Oktober 2021 angestoßen hatte, könnte ebenfalls die Beschlüsse der verfassungsgebenden Versammlung zu Eigentumsrechten von Ressourcen und zu neuen Entwicklungsmodellen entscheidend konterkarieren. Versuche der Opposition und zivilgesellschaftlicher Gruppen, den Prozess auf politischem Weg im Vorfeld der Vergabe zu stoppen, scheiterten.