Kolumbien / Politik / Militär

"Expodefensa" in Kolumbien: Waffenmarkt im Land der Massaker

kolumbien_protest_expodefensa-1.jpeg

Protest gegen die Kriegsmesse mit künstlerischen Mitteln
Protest gegen die Kriegsmesse mit künstlerischen Mitteln

Bogotá. Auf Widerstand ist die vom Verteidigungsministerium veranstaltete Messe Expodefensa 2021 gestoßen, die vom 2. bis 4. Dezember in Bogotá stattgefunden hat.

Mehrere zivile Organisationen, Menschenrechts- und Friedensaktivisten sowie Mitglieder der Selbstverteidigungsgruppen "Blauschilde" versammelten sich am Eingang des Kongresszentrums Corferias, um die "wahren Absichten dieses Waffenmarktes" anzuprangern, der offiziell als Sicherheits- und Verteidigungsmesse bezeichnet und zum dritten Mal veranstaltet wurde.

Mit künstlerischen Darbietungen, Protestplakaten und lautstarken Redebeiträgen erhoben soziale Organisationen erneut ihre Stimme gegen die Kriegsmesse, an der nach Angaben des Verteidigungsministeriums Delegationen aus rund 28 Ländern teilnahmen und mehr als 10.000 Besucher empfangen wurden.

Wie der Aktivist Oscar Vargas berichtete, wurden bei den vorhergehenden Messen militärische Ausrüstungsgegenstände zum Verkauf angeboten, die dann von den staatlichen Sicherheitskräften bei Demonstrationen eingesetzt wurden. So im Fall von Javier Ordoñez, der in September 2020 von Polizisten zu Tode geprügelt wurde (amerika21 berichtete). Er war zuvor bei einer Demonstration mit einer Taser-Waffe angegriffen worden, die auf der Expodefensa 2019 präsentiert wurde. Der Tod von Ordoñez war der Auslöser für massive Proteste im ganzen Land. Bei den Polizeieinsätzen dagegen kamen mehr als ein Dutzend Menschen ums Leben.

Vor dem Eingang des Kongresszentrums erinnerten die Protestteilnehmer daran, dass zwischen Januar 2020 und November 2021 in Kolumbien laut Zahlen der Nichtregierungsorganisation Indepaz mehr als 180 Massaker verübt wurden. Die Ermordung Dutzender sozialer Führungspersönlichkeiten und fast 300 ehemaliger Mitglieder der Farc-Guerilla sollten Gründe genug sein, dass "das Land keine Bühne für den internationalen Waffenmarkt ist", so die Aktivisten.

kolumbien_protest_expodefensa.jpeg

Auch Mitglieder der Selbstverteidigungsgruppen "Blauschilde" nahmen am Protest teil
Auch Mitglieder der Selbstverteidigungsgruppen "Blauschilde" nahmen am Protest teil

Doch die Kriegstradition des kolumbianischen Staates mache den wichtigsten Verbündeten der USA in Lateinamerika zu einer "Beute für Waffenhersteller und Militärdienstleister".

Laut der von den Forschern Jairo Estrada und Francisco Toloza verfassten Studie Cuadernos de Implementación beinhaltete der "Plan Colombia" ‒ das Militärbündnis der Regierung von Andrés Pastrana mit den USA ‒ Investitionen in Milliardenhöhe in die Streitkräfte, von denen vor allem US-Unternehmen mittels undurchsichtiger Verträge über die Lieferung von Ausrüstung und militärtechnischer Beratung profitierten. So wurden in der ersten Phase von 2000 bis 2006 "mehr als 10,7 Milliarden US-Dollar bereitgestellt, um die Gewinne des militärisch-industriellen Komplexes der USA zu sichern: Flugzeuge, Radar, Ausrüstung, Glyphosat, Ausbildungskurse".

Nach Angaben des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstituts (Sipri) hat Kolumbien allein im Jahr 2018 rund 9,7 Milliarden Pesos für Rüstungsgüter ausgegeben. Zum Vergleich: Der Bau der U-Bahn von Bogotá soll 12,9 Milliarden Pesos kosten.