Brasilien / Politik

Europa wählt Lula da Silva zum Präsidenten von Brasilien

Staatsempfänge und Sympathien in Europa für linken Ex-Präsidenten. Lula kündigt Wiederkehr Brasiliens zu multilateraler Zusammenarbeit an. Bolsonaro spielt derweil Fußball in Katar

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Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva appelliert im EU-Parlament an die multilaterale Zusammenarbeit.
Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva appelliert im EU-Parlament an die multilaterale Zusammenarbeit.

Madrid/Paris/Doha. Spaniens Regierungschef, Pedro Sánchez, hat Brasiliens wahrscheinlichen linken Präsidentschaftskandidaten Luiz Inácio Lula da Silva am Freitag zum Staatsbesuch empfangen. Bei dem Treffen sprachen die beiden über Wege aus der Corona-Pandemie, den Klimawandel und gemeinsame wirtschaftlichspolitische Anstrengungen, erklärte Sánchez.

Der gestrige Staatsbesuch in Madrid war der letzte während da Silvas zehntägiger Europa-Reise, bei der er Allianzen für eine Post-Bolsonaro-Ära sondiert hat und eine Vielzahl hochrangiger Politiker:innen zu Gesprächen traf. Zudem gelang es dem früheren Präsidenten und Verfechter von Kooperationen der Länder des globalen Südens, seinen Ruf als Anführer im Kampf gegen Hunger und Armut und als Staatsmann zu reaktivieren, um sich bei den Präsidentschaftswahlen 2022 gegenüber dem Konkurrenten und amtierenden Präsidenten Jair Bolsonaro als alternativlos zu präsentieren. Die europäischen Regierungschefs waren gerne bereit, sich offen zu Lula zu bekennen, ihm hochrangige Plattformen zu bieten und ihm für den Wahlkampf in Brasilien den Rücken zu stärken.

Bereits am Mittwoch war Lula von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit höchsten Würden empfangen worden. Auch hier standen der Klimawandel und der weltweite Kampf gegen Hunger und Armut auf der Agenda, heißt es aus Delegationskreisen. Zudem kündigte Lula an, nach seiner möglichen Wahl im Oktober 2022 das Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten nachzubessern. Brasilien sei mehr als ein Rohstofflieferant für Europa. Das Abkommen liegt derzeit auf Eis, weil insbesondere Frankreich wegen der Amazonas-Rodungen den Vertrag nicht ratifiziert. Ferner kündigte er an, die großen digitalen Plattformdienste und Online-Konzerne mehr zu besteuern. Das gehe nur zusammen, so Lula.

Zuvor hatte sich der umtriebige Sozialdemokrat aus Brasilien mit dem EU-Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, sowie dem wohl kommenden deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz getroffen. Diesen rief er zu einem stärkeren Engagement gegen die Zerstörung des Regenwalds auf. "Wenn ich Präsident werde, möchte ich Olaf Scholz, der ja bald Euer nächster Bundeskanzler sein wird, einladen in das Amazonasgebiet", erklärte Lula dem Berliner "Tagesspiegel".

In seinen öffentlichen Reden versprühte Lula viel Optimismus, blieb aber ansonsten recht allgemein in seinen Äußerungen. In seiner Ansprache vor dem Europa-Parlament kündigte er an, Brasilien wieder zu einer "positiven Kraft in der Welt" zu machen. Als Staatschef werde er sich - wie früher - einer Politik im Sinne des gesamten Planeten verschreiben. "Wir sind in der Lage, eine Welt mit einer gerechten Wirtschaft, ohne Umweltzerstörung und ohne Ausbeutung zu errichten". Zusammen werde man die Ultrarechten wieder zurückdrängen. Ein anderes Brasilien, ein anderes Europa seien möglich, appellierte er an die Abgeordneten in Brüssel.

Spaniens Ex-Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero zeigte sich im Namen der sozialdemokratischen Parteien im Europa-Parlament erfreut und sicher, dass "wir Lula wieder als Präsidenten sehen werden". Iberoamerica und die Welt bräuchten ihn als Präsident von Brasilien, so Zapatero. Dafür stehe man an seiner Seite.

Die brasilianische Presse, die Lulas Reise anfangs wenig beachtet hatte, berichtete wohlwollend über sein "Auftreten als Staatsmann". Lula betreibe Diplomatie, die Bolsonaro vernachlässige. Selbst der Globo-Medienkonzern, der den Linkspolitiker gerne hinter Gittern sah, lobte, dass "Lula dem schlechtem Image von Bolsonaros ein positives entgegensetzt".

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Infantino (FIFA), Bolsonaro und Scheich Tamim bin Hamad al-Thanibei vom Emirat Katar beim Rasenspiel
Infantino (FIFA), Bolsonaro und Scheich Tamim bin Hamad al-Thanibei vom Emirat Katar beim Rasenspiel

Dieser befand sich währenddessen auf Besuch in den Golfstaaten Bahrein, den Vereinten Arabischen Emiraten und Katar. Medienberichten zufolge gab es keine offizielle Agenda, indes standen vorwiegend Gespräche mit Unternehmer:innen und Handelsabkommen auf dem Plan, denn der Nahe Osten ist eine der wichtigsten Abnehmerregionen für landwirtschaftliche Produkte aus Brasilen.

In Katar besuchte Bolsonaro zusammen mit dem FIFA-Präsident Gianni Infantino das Lusail-Stadion, wo das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 stattfinden wird. Dort spielte er ein bisschen Fußball. Dabei verteidigte Bolsonaro die Idee einer Fußball-WM im Zweijahresrhythmus.

Nach Vergleichen zwischen seiner Reise und der von Lula empfahl er diesem, doch mal durch Brasilien zu reisen, statt durch Europa. Ein gewagter Rat, denn kein:e Politiker:in hat Brasilien so viel bereist wie Lula.