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Europäische Union will die angekündigten Proteste auf Kuba vor Ort "eng begleiten"

EU-Chefdiplomat soll sein Personal auf der Insel entsprechend angewiesen haben. Kubas Regierung weist "von außen organisierte Aggression" zurück

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Sitz der EU-Delegation in Kubas Hauptstadt Havanna
Sitz der EU-Delegation in Kubas Hauptstadt Havanna

Brüssel/Havanna. In einer Art Schulterschluss mit der US-Regierung bezieht die Europäische Union laut Medienberichten Position in den für heute in Kuba angekündigten und von der Justiz des Landes verbotenen Demonstrationen.

"Rückenstärkung der EU für die jungen kubanischen Rebellen", leitet die spanische Tageszeitung El Mundo ihren Artikel ein. Demnach hat der Außenbeaufragte der EU, Josep Borrell, sein diplomatisches Personal vor Ort angewiesen, die Geschehnisse "zu beobachten und ihm zu berichten".

Er habe damit auf ein Schreiben von Abgeordneten des Europaparlaments reagiert, so die spanische Tageszeitung ABC. Sie forderten "die Anwesenheit von Vertretern der EU-Delegation als Beobachter bei dieser Demonstration ... sicherzustellen. Angesichts der Gefahr einer Eskalation der Gewalt halten wir es für notwendig, das Geschehen zu beobachten". Unterzeichnet wurde es von Tilly Metz von den Grünen, Javier Nart von der Fraktion "Renew Europe" – beide zuständig für die Beziehungen des EP zu den Ländern Zentralamerikas und Kuba – sowie dem CDU-Politiker Jens Gieseke von der Europäischen Volkspartei.

Ein namentlich nicht genannter offizieller Sprecher in Brüssel habe gegenüber dem staatlichen US-Rundfunksender mit Sitz in Miami, Radio Televisión Martí, betont, diese Beobachtung der Geschehnisse am 15. November sei "eine ganz normale diplomatische Praxis". Borrell habe von seinen Delegierten in Havanna "nichts verlangt, was über das hinausgeht, was gemäß dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen üblich ist".

Die EU-Delegation in Kuba wird seit Mitte Juli von der portugiesischen Diplomatin Isabel Brilhante geleitet, die im Februar dieses Jahres von Venezuelas Präsident Nicolás Maduro zur Persona non grata erklärt und des Landes verwiesen wurde (amerika21 berichtete).

Borrell komme auch der Forderung der "Plattform Archipiélago" nach, die als Organisatorin der Proteste auftritt, berichtet das von Systemgegnern betriebene kubanische Medienunternehmen 14 y medio. Sie habe in einem Brief vom 8. November "internationalen und insbesondere europäischen Schutz" verlangt und daran erinnert, dass das 2016 unterzeichnete Abkommen der EU mit Kuba über politischen Dialog und Zusammenarbeit "die Zivilgesellschaft als Akteur der Zusammenarbeit anerkennt".

Laut El Mundo ist eine Gruppe von auf Kuba akkreditierten europäischen Diplomaten ebenfalls entschlossen, als Beobachter an den angekündigten Protesten teilzunehmen. Namen werden nicht genannt, bis auf einen: Ángel Martín Peccis, Spaniens Botschafter, der sich jedoch nicht beteiligen werde.

Am vergangenen Mittwoch hatte Kubas Außenminister Bruno Rodríguez ausländische Botschafter und Diplomaten erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder nach Havanna eingeladen. Bei seinem Vortrag sprach er zunächst über die Öffnung für den Tourismus und die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts sowie weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen auf der Insel ab dem heutigen Montag.

Ausführlich ging der Minister dann auf "die anhaltende Aggression" der USA ein, die darauf abziele, "Bedingungen für eine innere Destabilisierung zu schaffen und den sozialen Frieden, der für das kubanische Volk und unsere Nation charakteristisch ist, zu zerstören". Seine Regierung werde die für den 15. November geplanten Demonstrationen nicht dulden, die Teil eines von den USA inszenierten Versuches eines Regime change seien und Instabilität und Gewalt provozieren sollten.

Illustriert mit Daten- und Bildmaterial erklärte er, "diese von außen organisierte Aggression" werde durchgeführt "mit Hilfe interner Agenten, die von der US-Botschaft in Havanna rekrutiert, ausgebildet, finanziert, organisiert und manchmal sogar direkt in Diplomatenfahrzeugen transportiert werden."

Kubas Bevölkerung werde "unter strikter Einhaltung unserer Verfassung, unserer Gesetze, mit dem Geist und dem breiten Konsens, der sie auszeichnet, die verfassungsmäßige Ordnung verteidigen“.

Er führte weiter aus, das von der US-Regierung verfolgte Drehbuch bestehe darin, Kuba als einen gescheiterten Staat darzustellen. Dies sei "ein verzweifelter, erfolgloser und törichter Versuch", werde aber als Vorwand für die Verschärfung der Blockade und die Anwendung der 243 neuen Sanktionen genutzt, die unter Donald Trump verhängt wurden, darunter 60 während der Pandemie. Die Regierung von Joe Biden wende diese Sanktionen weiterhin strikt an und habe weitere angedroht.

Rodríguez warf zudem dem sozialen Netzwerk Facebook vor, oppositionelle Gruppen in Kuba zu unterstützen, indem es im Vorfeld der für heute geplanten Proteste Algorithmen und den Geolokalisierungsmechanismus verändere. Ziel dieser Manipulationen sei, "die massive Präsenz von Personen und Konten in Kuba zu simulieren, von denen bekannt ist, dass sie außerhalb unseres Landes, hauptsächlich in Florida und auf dem Territorium der USA, ansässig sind." Zudem zeichne das Netzwerk  sich durch eine Praxis aus, "die nicht nur Botschaften des Hasses, der Spaltung, der Diskriminierung, des Rassenhasses und anderer Formen der Diskriminierung befördert, sondern auch Gewalt erzeugt". Wegen dieser Praktiken gegen Kuba könnte Facebook verklagt werden, so Rodríguez.

Gelassen zeigte sich Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel bei einem Fernsehauftritt mit kubanischen Medienschaffenden am Samstag beim Thema der angekündigten Protestaktionen: "Das raubt uns nicht den Schlaf. Wir sind ruhig, aufmerksam und wachsam und wir sind außerdem bereit, die Revolution zu verteidigen und uns gegen jede Einmischung in das Land zu wehren, insbesondere gegen solche, die den Frieden, die Sicherheit der Bürger und unsere verfassungsmäßige Ordnung bedrohen", betonte er.

Die kubanische Revolution sei "offen für den Dialog, die Diskussion und die Verbesserung der Gesellschaft. Wir haben einen enormen Willen, unsere Demokratie, die Räume für Debatten und die Beteiligung unserer Bürger im Interesse der Revolution weiter auszubauen". Zugleich, betonte der Präsident "sind wir eine Gesellschaft, die Druck, Erpressung und ausländischer Einmischung gegenüber verschlossen ist."